Endlich konnte Dirk Schaefer sich mal wieder zurücklehnen. Zurücklehnen, die Herbstsonne genießen, den Amateurfußball, den er so liebt, und vor allem seinen FC Stein, der ihm so sehr ans Herz gewachsen ist, dass er vergangenen Saison noch einmal als Feuerwehrmann einsprang, obwohl es beruflich eigentlich gar nicht realisierbar ist. Schaefer ist Polizist, bei jedem Heimspiel des 1.FC Nürnberg sorgt er für Sicherheit, „das ist Stress“, sagt der 49-Jährige.
Den baut Dirk Schaefer am liebsten auf dem Fußballplatz ab. Seitdem er selbst nicht mehr spielt eben als Abteilungsleiter in Stein. Doch von Entspannung kann da seit gut einem Jahr keine Rede mehr sein. Auch am Sonntag konnte Schaefer die Sonne und das Spiel seiner Jungs nur 25 Minuten lang genießen — 2:0 führte der FC Stein gegen den TSV Burgfarrnbach. „Dann brachen plötzlich alle Dämme“, sagt Schaefer, 2:7 stand es am Ende. „Wir haben uns nicht einmal gewehrt, waren völlig lethargisch. Das verstehe ich nicht — Fußball ist ein Kampfspiel. Nur bei uns nicht.“ Nicht nur, dass Stein tief im Tabellenkeller feststeckt, die Einstellung der Spieler macht Schaefer die größten Sorgen. „Bei der Umfrage vor der Saison habe ich gesagt, dass die Jungs aus der Situation gelernt haben, dass wir so ’was nicht noch einmal erleben. Jetzt muss ich sagen: Wir sind offenbar ins alte Muster zurückverfallen.“ Als Dirk Schaefer das Team als Interimstrainer übernahm, hatten viele die Mannschaft schon abgeschrieben. Mit vielen Einzelgesprächen, Appellen an die Ehre und einem kräftigen Schlussspurt schaffte Stein noch die kleine Sensation und hielt die Bezirksliga. Es gibt Bilder, die zeigen Dirk Schaefer nach dem Schlusspfiff in einem Pulk mit seinen Spielern auf dem Rasen kugeln. Voller Glück und Freude. Es sind Bilder von gestern.
Acht Mann im gemeinsamen Training von erster und zweiter Mannschaft, Spieler, die während der Saison vier Wochen in den Urlaub verschwinden, andere, von denen man gar nicht weiß, warum sie eigentlich fehlen - „wir sind da ein wenig ratlos“, sagt Schaefer jetzt wieder. Der FC Stein ist Schlusslicht, neun Punkte gab es erst aus elf Spielen.
Am Training und am Trainer liegt es nicht, da ist sich der Abteilungsleiter sicher. Auch wenn bereits die ersten Mitglieder einen Trainerwechsel ins Gespräch bringen - Michael Lauth, der neue Coach, ist für Schaefer unantastbar. „Von denen, die meckern“, sagt er, „war noch nie jemand im Training dabei.“ Der Trainer und ehemalige Torwart leiste hervorragende Arbeit. Auch am Sonntag war das wieder so, als Lauth in der Pause sogar eine kurze Brandrede hielt. „Als der Trainer rausging“, sagt Schaefer, „ist aber niemand aufgestanden und hat gesagt: So geht’s nicht weiter. Es war so still wie in der ersten Kirchenbank. Wir treten auf wie eine Beerdigungsgesellschaft.“
17 Neuzugänge haben sie geholt. Ein Anführer war nicht dabei. „Die wollen Kohle, die haben wir in Stein aber nicht“, sagt Schaefer. Er ist überzeugt, dass die Mannschaft das Zeug hat, um die Bezirksliga zu halten. „Die Arbeit des Trainers trägt noch nicht die Früchte, die sie verdient.“ Der Knoten soll platzen, egal wie. „Sonst“, sagt Dirk Schaefer halb im Spaß, „holen wir mal einen Psychologen.“ Den braucht er bald selbst: „Mir macht die Situation sehr zu schaffen.“ Sollte keine Besserung eintreten, sagt Schaefer, hat er schon mit dem Gedanken gespielt alles hinzuwerfen. „Mich kostet das alles Nerven, ich bin gefrustet - aber dann? Das bringt uns auch nicht weiter.“ Also wird Dirk Schaefer auch kommende Woche wieder am Rand stehen und seinen Jungs zuschauen. Vielleicht kann er das Spiel dann endlich mal 90 Minuten lang genießen. Vorausgesetzt, die Spieler verstehen endlich, worum es geht. Und der Club spielt nicht zeitgleich.