2024-04-23T13:35:06.289Z

Interview
Philipp Ulrich. F: Bock
Philipp Ulrich. F: Bock

"Wenn ich auf den Platz gehe, denke ich immer an Benny"

Philipp Ulrich vom FC Schwedt im FuPa Brandenburg-Interview

Nach seiner Rückkehr zum FC Schwedt läuft es für Philipp Ulrich fußballerisch zurzeit rund. FuPa Brandenburg sprach mit ihm am Rande des Gedenkturniers für seinen verunglückten Bruder Benjamin über dessen Verlust und seine weiteren Ziele.

Herr Ulrich, der Benjamin-Ulrich-Cup hat seine inzwischen vierte Auflage erlebt. Wie wichtig ist für Sie dieses Turnier?

Das Turnier hat eine sehr große Bedeutung, weil es sehr schön ist, wie viele Menschen noch daran denken und für uns da sind. Es ist schön, jedes Jahr die gleichen Gesichter zu sehen, Geschichten zu erzählen über Benny. Das freut mich immer sehr. Jedes Tor und jeder Pass ist ein schönes Gefühl, weil sie für Benny sind.

Welche Rolle spielt er noch bei ihnen in der Familie?

Eine sehr große. Weihnachten ist nicht mehr das gleiche. Man stellt keinen Tannenbaum mehr auf. Wenn er Geburtstage hat, ist es auch der Horror. Wenn es draußen regnet oder Schnee liegt ist alles eine Katastrophe. Das zieht einen noch mehr runter. Es hört sich vielleicht komisch an, aber innerlich fühlt man es so.

Auch nach der inzwischen langen Zeit?

Ja, bei mir wird es sogar immer intensiver muss ich ehrlich sagen. Ich habe manchmal körperlich Probleme, weil ich es mehr und mehr begreife. Wenn ich auf den Platz gehe, denke ich immer an ihn. Manche sagen, ich müsse damit mal klarkommen. Aber es ist sehr schwierig. Und eigentlich muss ich auch damit gar nicht klarkommen. Er ist mein Bruder und er ist immer da. Ich habe in meinem Song geschrieben, dass er immer auf meiner Schulter sitzt. Und so fühle ich auch.

Der Song ist Ihre Art der Bewältigung des Verlustes?

Genau. Ich habe den Song geschrieben und mit einem sehr guten Freund aufgenommen. Zwei Tage hat das gedauert. Danach war ich eine Woche körperlich am Ende, weil es emotional so anstrengend war, nochmal über alles nachzudenken. Aber es war sehr gut und der Song kam auch gut an. Ich bin aber kein Musiker, sondern immer noch Fußballer. Es war eine einmalige Geschichte und ich glaube nicht, dass nochmal ein Lied kommen wird. So wie es ist, ist es in Ordnung.

Sie sagen selbst, Sie sind Fußballer: Wie wichtig ist der Sport für Sie?

Sehr wichtig. Vor ein paar Wochen hatte ich Herzrhythmusstörungen und war viel beim Arzt. Ich konnte die Hallenturniere für Schwedt nicht mitspielen. Der Benjamin-Ulrich-Cup war mein erstes Hallenturnier wieder. Ein paar Ärzte haben gesagt, wenn es nicht besser wird, müssen sie mit dem Sport kürzer treten. Ich möchte aber nicht wissen, was ich ohne Fußball machen würde. Die letzten Tage waren Horror. Mit dem Herz ist aber alles in Ordnung. Jetzt hat sich noch eine Ärztin gemeldet, dass ich die Schilddrüse nochmal überprüfen lassen soll. Mal sehen, was dabei rauskommt. Aber Sport darf ich erstmal weiter machen. Und ich hoffe, dass alles gut wird, weil ich noch ein paar Jahre Spaß haben möchte.

Deswegen auch im Sommer der Wechsel zurück nach Schwedt?

Ich hatte innerlich ein Gefühl, dass ich in Grünow etwas beenden muss, was mein Bruder dort angefangen hatte. Das werden manche vielleicht nicht verstehen, aber ich habe so gefühlt. Ich war ein Jahr in Grünow, habe mich dort auch sehr wohl gefühlt, aber ich bin noch nicht bereit, so lange dort zu spielen. In Schwedt hat man die erfahrenen Spieler, die einem helfen. Deswegen ging es wieder zurück. Ich habe ein Kapitel in Grünow abgeschlossen. Wer weiß was in der Zukunft ist, ob ich mit 30 Jahren vielleicht nochmal dort spiele.

In Schwedt läuft es zurzeit rund für Sie: In 14 Spielen haben Sie schon vier Mal getroffen.

Ja, die Stimmung ist sehr gut und der Trainer ist gut drauf. Wir sitzen länger wieder zusammen nach dem Spiel. Von daher passt es. Wenn man einen Lauf hat, dann rollt der Ball. Bei mir persönlich auch: Ich bin sehr zufrieden mit meiner Hinrunde.

Was habt ihr euch für die Rückrunde vorgenommen?

Das wir dran bleiben, wo wir jetzt aufgehört haben. Zuhause haben wir kein Spiel verloren, das wollen wir fortsetzen. Und so viele Punkte mitnehmen wie es geht. Aber nach oben schauen wir nicht. Vom Aufstieg ist nicht die Rede.

Welche Ziele haben Sie sich persönlich gesteckt?

Irgendwann mal wieder mit Schwedt in die Brandenburgliga aufsteigen. Das ist mein Ziel. Ich hoffe, dass es in den nächsten Jahren mal klappen wird. Wir arbeiten daran, aber die Mannschaft ist denke ich noch nicht so weit, dass wir eine Liga höher spielen könnten. Auch von der Breite des Kaders her. Im Moment ist es so ok, aber in der Zukunft könnte man das in Angriff nehmen.

Die Brandenburgliga wäre für Sie also durchaus noch eine Herausforderung?

Auf jeden Fall. In meinem ersten Männerjahr sind wir aufgestiegen und haben ein Jahr in der Brandenburgliga gespielt. Da muss man schon Fußball spielen können. Es war sehr hart. Und wir sind leider wieder abgestiegen. Jetzt sind wir alle etwas älter und erfahrener geworden. Junge und gute Spieler kommen außerdem immer nach. Die müssen zwar ab und zu auch mal auf der Bank sitzen, aber da muss jeder durch.

Ihr Bruder und Sie haben gemeinsam noch in Schwedt gespielt. Gibt es dadurch eine besondere Verbindung zum Verein?

Ja klar, in Grünow war er leider nur eine kurze Zeit. Aber da ist er offenbar so in den Herzen geblieben, dass sie immer an ihn denken. Das finde ich sehr schön. In Schwedt auch. Prenzlau hat es leider ein bißchen vergessen. Viele Spieler aus Prenzlau habe ich heute beim Turnier gesehen, dafür bin ich auch sehr dankbar. Aber ich bin leider vom Trainer enttäuscht. Dazu stehe ich. Er hat uns früher in der Kreisauswahl als kleine Jungs trainiert. Aber das hat er offenbar leider alles vergessen. Ich wusste nicht, dass er ein so kaltes Herz hat.

Mit Philipp Ulrich sprach Sven Bock.

Aufrufe: 025.1.2017, 17:12 Uhr
Sven BockAutor