2024-04-16T09:15:35.043Z

Interview
F: Patten
F: Patten

"Der Fußball verschwindet von der Landkarte"

Der Kreisoberligist Aufbau Oppelhain hat einen offenen Brief an den Fußballkreis Südbrandenburg geschrieben / Die Autoren Jens Andrack und Stefan Altkrüger im FuPa Brandenburg-Interview

Der Südbrandenburger Kreisoberligist SV Aufbau Oppelhain hat sich mit einem offenen Brief an den Vorstand des Fußballkreises gewandt. Der Verein schlägt darin unter anderem die Verkleinerung von Staffeln vor, um den Spieler- und Teamschwund aufzuhalten. FuPa Brandenburg sprach darüber mit den beiden Autoren Jens Andrack und Stefan Altkrüger vom Vorstand des SV Aufbau Oppelhain.

Herr Andrack und Herr Altkrüger, wie sind Sie auf die Idee für den offenen Brief gekommen?

Jens Andrack: Diese Sache beschäftigt uns schon seit Jahren und es ist auch nicht der erste Brief. Wir hatten bereits zwei in Eigeninitiative an die Vereine geschickt, aber da kam nie etwas zurück. Die waren sicherlich auch nicht so kompakt geschrieben und vielleicht war auch die Zeit noch nicht ganz so reif. Es werden aber von Jahr zu Jahr weniger Mannschaften, das Vereinssterben erleben wir schon seit langem. Früher konnte man das noch darauf schieben, dass die Leute in den Westen abgewandert sind. Aber es sind inzwischen so wenige Leute und Teams geworden, da kann das nicht mehr alleine der Grund sein. Das war unsere Überlegung, die wir damals angestellt haben. Es gibt inzwischen Computer, bei uns in der Gegend sogar Football und so wandern immer mehr vom Fußball ab. Das gärt in einem über Jahre. Nach Gesprächen auch mit anderen Verein haben wir uns zusammengesetzt und versucht, es auf den Punkt zu bringen. Ich habe darüber auch schon immer mal mit dem Fußballkreis-Vorstand gesprochen. Die sehen es grundsätzlich ähnlich. Vielleicht findet man damit jetzt ein Basis, auf der man sich über solche Dinge mal unterhalten kann. Wo alle ihre Meinung sagen können und ein Gespräch initiiert wird. Wir wollen damit aber niemanden vorführen.

Gab es schon eine Reaktion auf den Brief von offizieller Seite?

Jens Andrack: Ja, Jens Kazmierowski, der Vorsitzende es Schiedsrichterausschusses, hat reagiert und ebenfalls gesagt, dass der Vorstand einer ähnlichen Meinung ist. Aber das sie auf der anderen Seite auch an bestimmte Vorgaben gebunden sind.

Ein konkretes Gesprächsangebot vom Fußballkreis gab es also nicht nicht?

Jens Andrack: Nein, bis jetzt noch nicht.

Stefan Altkrüger: Die Reaktionen kamen bislang hauptsächlich aus den Vereinen. Ich habe den Link zum Brief auf ganz vielen Facebook-Seiten gepostet. Der überwiegende Teil sagt, dass wir vollkommen recht hätten und es genau so wäre und das irgendwas passieren muss. Auf längere Sicht können es zwar alle noch eine Weile durchziehen, aber irgendwann können es gerade die kleinen Vereine nicht mehr und dann gibt es nur noch Stadtligen. Die Dorfvereine, die die Ligen im Moment ausmachen, existieren dann nicht mehr, weil die Substanz nicht mehr da ist.

Das vorgeschlagene Modell mit der Verkleinerung der Staffeln auf nur noch zwölf Teams würde aber schon ein Schritt in diese Richtung bedeuten, weil dann die regionalen Mannschaften stärker gebündelt werden?

Jens Andrack: Regional schon, aber nicht in Stadtligen. Das Ziel ist, eine übersichtliche Saison zu spielen. Wenn ich mit jemandem spreche sage ich, dass 16 Mannschaften Wahnsinn sind. Dann sagen bei zwölf Teams in einer Staffel viele, dass das doch zu wenige Spiele wären und fragen, was sie mit der restlichen Zeit machen sollen. Wenn ich aber zum Beispiel Handballer fragen würde, die oft schon in 12er Ligen spielen, ob sie mit 16 Mannschaften spielen wollen. Dann würden die wahrscheinlich bemängeln, dass es noch mehr Spiele gibt. Je nach Blickwinkel fällt das Umdenken oft schwer. Für uns ist eher die Frage, wollen wir eine Saison spielen von September bis Anfang Dezember und von März bis Juni. Da wird eher ein Schuh draus. Am Ende wird dann wahrscheinlich eine Staffelstärke für diese Zeiträume von zwölf Mannschaften rauskommen. Mit 14 Teams wäre es schon schwieriger.


Sie plädieren also für eine zeitliche Konzentration der Saison.

Jens Andrack: Wir müssen jetzt bis Ende Mai die Mannschaften für die kommende Saison melden. Irgendwann müssen die Staffeln eingeteilt werden, das ist klar. Aber ich weiß als Verein erst im Juni, wie viele Spieler ich tatsächlich zur Verfügung habe, weil da die Wechselfrist endet. Und wir spielen bis Mitte Juni und müssen im Mai schon sagen, wo wir spielen wollen. Das ist auch eine Sache die schon darauf hinweist, dass die ganzen Pläne zu straff gestrickt sind. Früher war es bei den Staffeltagungen immer ein Kampf, dass man mal was sagen konnte. Da wurde einfach gesagt: ‚Wir haben das jetzt so entschieden und ihr müsste das machen‘. Dann sind die Leute immer auf die Barrikaden gegangen. Das war kein Miteinander, es ist schließlich eine freiwillige Geschichte. Der neue Vorstand versucht das zu ändern und hat mit kleineren regionalen Tagungen schon erste gute Ansätze. Vielleicht ist es in dieser Zeit auch einfacher, ein Stück weit gemeinsam etwas zu verändern.

Stefan Altkrüger: Gerade bei den jungen Leuten, die es zum Teil nicht mehr für nötig halten, sich abzumelden oder zusagen, warum sie nicht können. Die wollen sich in ihrer Freizeit mehrere Optionen offen halten. Die wollen eben nicht jedes Wochenende den Termin Fußball fest im Plan stehen haben. Das kann man ihnen nicht vorwerfen, aber es ist ein Fakt. Deswegen muss sich der Fußball und wie er organisiert ist daran anpassen.

Jens Andrack: Da ist die Hoffnung, wenn man den Spielplan kompakter hält, man die Leute eher animieren kann. Dann können sie vielleicht den Bundesligabesuch in den freien Zeitraum schieben. Diese Möglichkeit gibt es momentan in der bestehenden Struktur nicht. Nebenbei gibt es auch noch Leute, die sich außerhalb dieser starren Struktur privat selbst organisieren und Spaß-Fußball spielen. Die würden vielleicht auch zurückkommen, aber nicht, wenn man das ganze Jahr durchgängig Fußball spielen muss. Ist das noch zeitgemäß, dass ich Fußballer brauche, die jedes Wochenende da sind?

In nächster Zeit finden in allen Fußballkreisen wieder die Kreistage statt. Da kann man das Thema sicher auch zur Sprache bringen.

Jens Andrack: Genau, wenn der Vorstand nicht auf uns zu kommt, wäre das dann der Weg, wo man mit zum Beispiel mit dem Vorsitzenden Sebastian Schulz mal reden könnte. Der Fußballkreis wird sich dazu auch erst verständigen müssen, was sie davon halten. Von daher sehe ich das bis jetzt noch nicht so verbissen. Beim unserem zweiten Brief hatte Schulz sich damals gemeldet und gesagt, dass er es gut findet, dass sich darüber mal jemand Gedanken macht. Und ich weiß, dass er auch in die Richtung denkt. Ich hatte es auch auf den Wintertagungen schon angesprochen und da hat man gespürt, dass viele Leute das unterstützen und dahinter stehen. Inwieweit es tatsächlich so ist, müssen wir jetzt sehen. Das ist das spannende.

Die konkrete Umsetzung liegt auch nicht in Ihrer Hand, das muss der Spielausschuss oder Vorstand entscheiden.

Jens Andrack: Natürlich, und die spannende Frage für mich ist, ob das der Fußballkreis Südbrandenburg überhaupt alleine entscheiden kann. Oder ob es noch eine übergeordnete Stelle gibt, die sagt, wie die Staffeln einzuteilen sind. Das könnte auch sein und würde die Sache natürlich verkomplizieren.

Dafür gibt es aber auch den Verbandstag des FLB Ende Juni. Aber die Zeit bis dahin wird wahrscheinlich zu kurz?

Jens Andrack: Das nächste Saison noch nichts passieren wird ist klar. Aber irgendwann wäre es schön, wenn wir einen Fuß in die Tür bekommen würden, dass zumindest darüber diskutiert wird.

Wie viele Spieler, Trainer und Verantwortliche sind für Aufbau an einem normalen Wochenende unterwegs? Wie viel Kraft muss ein Verein in den Spielbetrieb stecken?

Jens Andrack: Es ist leider schon schwierig, Verantwortliche für einen durchgängigen Posten zu finden. Die Dritte funktioniert zurzeit mehr oder weniger in Eigenverwaltung. Da fahre ich ab und zu noch mit, spiele und mache alles drumherum. Bei der Zweiten gibt es zwar noch Trainer, aber der Trainingsbetrieb läuft etwas stiefmütterlich. Da sind Einzelne, die es noch mit am Leben erhalten. Die machen am Sonnabend oder Sonntag die Mannschaften voll, weil es immer die Unzuverlässigkeit der Leute gibt. Das kann man ein Stück weit auch verstehen bei der Masse an anderen Angeboten. Man muss sich auch mal überlegen, dass ein Fußballer, wenn er arbeiten geht und noch keine Kinder hat, in der Saison den Urlaub nehmen muss, weil der Arbeitgeber sagt: ‚Wenn Ferien sind, könnt ihr keinen Urlaub nehmen.‘ Es ist alle so geballt, dass die Leute keine Zeit mehr haben. Bei uns sind am Wochenende bei drei Mannschaften maximal 40 Leute unterwegs. Die Teams werden zumeist gerade so voll. Das war es dann mit den Verantwortlichen. Es ist nicht so, dass wir zu jeder Mannschaft einen Trainer stellen könnten. Da sind wir momentan auch auf der Suche. Es wird immer schwieriger, Verantwortliche zu finden, der dauerhaft immer für die Mannschaft da ist für den Trainingsbetrieb und am Wochenende noch zu den Spielen.

Mit welchem Pfund kann Oppelhain da wuchern? Viele Vereine locken nicht mehr nur mit den finanziellen Möglichkeiten, sondern auch zum Beispiel dem intakten Vereinsleben, um den Leuten etwas zu bieten?

Jens Andrack: Das ist bis jetzt immer unser Faustpfand gewesen. Im Verein hat das Umfeld und Miteinander gepasst. Aber wir stellen auch fest, wenn die Leute, die neu dazu kommen, das nicht weiterleben, dann geht das auch den Bach runter. Im Großen und Ganzen funktioniert es bei uns noch. Wir machen im Sommer zum Beispiel ein Sportfest, wo alle mit anpacken. Das schweißt den Verein zusammen. Uns fehlt aber auch die Zeit, das alles zu organisieren, dass die Leute das entspannt machen können. Wenn wir bis Mitte Juni Fußball spielen, dann kommen noch die Sportfeste der Nachbarvereine dazu. Dann spielen die Leute selbst im Sommer durchweg Fußball. Dann beginnt wieder die Vorbereitung und das eigene Sportfest steht vor der Tür. Dafür benötigt man auch ein oder zwei Wochenenden vorher zum klar Schiff machen oder Zeltaufbau. Es ist mittlerweile sogar schon so, dass sich die Leute Urlaub für den Auf- und Abbau nehmen, weil es passt und Spaß macht. Das gehört zum Verein auch dazu. Deswegen sollte der Pflichtfußball etwas kompakter gehalten werden.

Es gibt heute so viele Möglichkeiten, und die Leute wollen davon auch so viele wie möglich nutzen. Die wollen zum Eishockey fahren oder ein Bundesligaspiel schauen. Darüber hinaus vergessen sie aber ein Stück weit einen Wert wie den Verein, der auch gepflegt werden muss. Und die Leute sehen nicht, wie sie diesen auch zerstören, indem sie sich zurücknehmen.

Man sieht es schon in vielen Vereinen, dass der Spieler gleichzeitig auch noch im Vorstand sitzt. Das ganze Korsett ist schon sehr eng gestrickt?

Jens Andrack: Das ist bei allen Vereinen so. Ich sehe das auch bei mir: Ich bin am Ende des Fußballerlebens. Und ich mache auch schon 20 Jahre Vorstandsarbeit. Wenn man das so lange schon gemacht hat, dann will man auch mal andere Sachen machen. Diese Doppelbelastung gibt es so oft in den Vereinen und das darf man nicht unterschätzen. Es gibt Spieler - Funktionär, Spieler - Schiedsrichter, Spieler - Nachwuchstrainer. Manche sind sogar dreifach belastet. Das funktioniert auf die Dauer nicht. Das kann man vielleicht mal über eine kurze Zeit machen, aber dann wäre es gut zu wissen, dass man wieder drei Monate Zeit hat und sich auch um den Urlaub oder die Familie kümmern kann.

Für uns ist es auch wichtig, dass wir die Frauen mehr in den Verein integrieren. Das funktioniert aber nicht, wenn wir nur Fußball spielen. Man braucht auch mal die Zeit für ein Trainingslager, wo ich die Frauen mitnehme. Wir haben in Oppelhain die Erfahrung gemacht, wenn die Frauen draußen dabei sind, hilft das dem Verein. Die können ihr Ding machen, mit den anderen Frauen Kaffee trinken oder mit den Kindern auf den Vereinsspielplatz gehen. Die Frauen und Kinder sollen aber sagen, dass es nicht nur Fußball im Verein gibt. So muss ein Sportverein aufgebaut sein und es wird ein gesellschaftliches Ding. Das ist der richtige Weg.

Ein Überlebensmodell für viele Vereine sind auch Spielgemeinschaften. Gerade in den unteren Ligen haben sich in den vergangen Jahren immer mehr gebildet.

Jens Andrack: Das ist überall das leidige Thema. Es hat den Anschein, dass der Fußball hier weitgehend von der Landkarte verschwindet. Wenn man die Nachwuchszahlen nicht mehr hat und durch Zusammenschlüsse noch versucht, Nachwuchsarbeit zu machen, ist das eine Spirale, die immer weiter nach unten zeigt. Je weiter die Wege werden, umso weniger werden die Kinder auch rangekarrt. Da muss man wirtschaftlich eminent etwas auf sich nehmen, um das am Leben zu erhalten.

Stefan Altkrüger: Das sieht man auch an Spielgemeinschaften mit vier oder fünf Vereinen. Da werden die Kinder aus dem kompletten Kreis zusammengeholt, damit das Training oder Spiele stattfinden können. Und die wenigen Leute aus unserem Nachwuchs überhaupt noch eine Chance haben, irgendwo zu spielen.

In Berlin gibt es zum Beispiel den Spielbetrieb auf Groß- und Kleinfeld in vielen Altersklassen parallel. Wäre das auch ein Option?

Jens Andrack: Durchaus, aber es gibt den Unterschied zwischen Stadt und Land. In der Stadt leben auf kleinem Raum viele Menschen, das haben wir hier auf dem Land nicht. Da kann man nicht jedes Modell anbieten, weil die Leute dazu einfach fehlen. Man muss sich auf das günstigste Modell einschießen. Dafür muss man mit den Leuten reden, das ist viel Arbeit. Da könnte man zum Beispiel mit den neuen Medien neue Kommunikationswege finden. Das würde ich mir wünschen, um wichtige Entscheidungen zu treffen, und nicht nur von oben herab. Es soll ein Miteinander sein.

Haben Sie sich eine Frist gesetzt, bis wann etwas passieren sollte? Sie stecken schließlich auch viel Zeit und Energie in das Thema und wollen das Gefühl haben, dass es etwas bringt.

Stefan Altkrüger: Wenn sie nicht reagieren würden, wäre es wirklich blöd vom Fußballkreis. Irgendeine Reaktion erwarten wir uns schon. Wenn wir jetzt die ganzen Reaktionen der Vereine sammeln und die sind fast alle im Tenor, dann müssen sie sich nicht wundern, wenn es doch den Bach runter geht, wenn sie darauf nicht reagieren. Jetzt könnte man noch etwas verändern und die Strukturen so anpassen, dass es am Ende für alle ein Kompromiss ist. Wenn es aber alles wie bisher vorangetrieben wird, dann muss man damit leben, dass auf dem Land irgendwann vielleicht nur noch drei Vereine existieren und die bestimmt keine 16 Spiele gegeneinander machen. Wenn es weniger Vereine gibt, werden es automatisch weniger Spiele.

Jens Andrack: Ich denke aber nicht, dass es soweit kommen wird. Ich hoffe auf ein Gesprächsangebot. Das kann natürlich noch ein weiter Weg sein, der sich entweder von alleine auflöst oder wir versuchen, etwas aufzurütteln. Das Thema ist jetzt auch mehr in der Öffentlichkeit und anders präsent.

Mit Jens Andrack und Stefan Altkrüger sprach Sven Bock.


Hier gibt es den kompletten offenen Brief des SV Aufbau Oppelhain an den Fußballkreis:

Sehr geehrte Sportfreundinnen und Sportfreunde,

in vielen Gesprächen mit unseren Mitgliedern, aktiven Fußballspielern und Verantwortlichen auch anderer Vereine haben wir - der Vorstand des SV Aufbau Oppelhain - in den vergangenen Jahren den Eindruck gewonnen, dass es vor allem in der heranwachsenden Generation immer weniger junge Leute gibt, die ihre kostbare Freizeit mit nicht nur einer Beschäftigung ausfüllen wollen. Sie übernehmen weniger Verantwortung als noch vor 10 Jahren, weil sie sich möglichst zu jedem Wochenende viele Optionen der Freizeitgestaltung offenhalten wollen.

Das ist, so glauben wir, neben dem engen Zeitplan auch ein Grund, dass seit Jahren der Druck auf die Verantwortlichen auf allen Ebenen steigt. Die Zahl der Leute, die Fußball spielen oder sich damit beschäftigen, ist eindeutig rückläufig. Je weniger spielen und sich in Vereinen organisieren, desto größer wird der Aufwand für die, die Verantwortung übernehmen und die Strukturen aufrechterhalten.

In den vergangenen Jahren hat die Zahl der gemeldeten Mannschaften abgenommen. Selbst die Mannschaften der unteren Spielklassen müssen längere Fahrtzeiten zu Auswärtsspielen auf sich nehmen. Gerade zur kalten Jahreszeit, ist nicht jeder bereit, diesen Aufwand zu betreiben. Selbst, wenn einer Mannschaft nur wenige Spieler fehlen, kann das schon eine Spielabsage nach sich ziehen. Das hat Strafen und/oder Nachholspiele zur Folge und endet in einem Kreislauf, der für alle Beteiligten mehr Stress als geliebtes Hobby bedeutet.

Die Frage ist nun: Wie können wir als Verantwortliche, dieser Entwicklung begegnen. Wir denken, der Ansatz, die Staffeln in allen Spielklassen unseres Fußballkreises zu verkleinern und Spielzeiten von September bis Anfang Dezember sowie März bis Anfang Juni könnten eine Möglichkeit sein.

Fakten Rahmenterminplan 2017-18:

  • bei 16 Mannschaften in einer Staffel gibt es 30 Spieltage
  • bei 52 Wochenenden pro Jahr bleiben dann 22 Wochenenden
  • abzüglich der Winterpause von 9 Wochen von kurz vor Weihnachten bis Ende Februar sind es dann noch 13 Wochen
  • einzuplanen sind 6 Pokalspiel-Wochenenden, womit wir bei 7 Wochen Rest wären
  • Ostern ist schon als Pokalspieltag eingerechnet, womit wir minus Pfingsten bei 6 Wochen Sommerpause sind
  • Nachholspiele sind Pfingsten, 1. Mai, Himmelfahrt und an freien Pokalspieltagen oder wenn der Winter mitspielt
  • in der Summe sind wir bei 15 freien Wochen ohne Pflichtspiele (im Winter 9, im Sommer 6 Wochen)
  • ziehen wir für Vorbereitung im Sommer und Winter noch je 3 also insgesamt 6 Wochenenden ab, sind 6 Wochen im Winter und 3 im Sommer fußballfreie Zeit (Hallensaison nicht eingerechnet)
  • in der Zeit, in der der Spielbetrieb läuft, findet normalerweise auch Training statt, also fast das ganze Jahr Pflichtfußball?!

Das ist eine Herausforderung und ist es das, was wir wollen und was die Mehrheit der aktiven Fußballer und Ehrenamtliche des Vereins wollen und selbst wenn es die Mehrheit will, ist es langfristig durchführbar?

Wir - der Vorstand des SV Aufbau Oppelhain - haben in den letzten Jahren immer mehr den Eindruck gewonnen, dass der bürokratische Verwaltungsaufwand und die Anzahl der Auflagen von Verbandsseite zugenommen haben. Sei es die Meldung der Trikotwerbung oder die Vorgabe, Getränke bei Heimspielen in Pappbecher gießen zu müssen; Meldungen verschiedenster Art sollen fristgerecht eingereicht, Spielberichte geschrieben, Schiedsrichter bewertet, Ordner-Bücher geführt, Ordner eingeteilt, Aushänge angebracht werden. Zudem werden von den Vereinen mehrere Medien bedient wie Facebook, Internetseiten und die Korrespondenz mit der lokalen Presse kommt hinzu. Alles Dinge, die in den letzten 10-15 Jahren hinzugekommen sind. Was ist weggefallen?

Gerade kleine Vereine in den unteren Ligen haben dünne Strukturen mit wenigen Leuten, die die vielen Aufgaben zu bewältigen haben. Immenser Druck auf die Ehrenamtlichen und so passieren Fehler oder die Zeit fehlt, vom Verband auferlegte Pflichten zu erfüllen. Die Folge sind Strafen, die diejenigen verantworten müssen, die Vereine und den Spielbetrieb überhaupt am Leben halten. Das ist paradox.

Unsere Schlussfolgerung: Wir benötigen neben dem eigentlichen Liga-, Pokal und Trainingsbetrieb unbedingt mehr Zeit, uns um die Dinge neben dem Fußballplatz zu kümmern.

Ein Weiter-so erzeugt noch mehr Stress, frustriert und demotiviert die Ehrenamtlichen.

Als wichtige Aufgaben neben Platz wären zu nennen:

  • Weiterbildung von Schiedsrichter, Trainern, Verantwortlichen
  • Tagungen, die durchgeführt werden sollten, um sich vereinsübergreifend miteinander auszutauschen
  • viele Ehrenamtliche, die Verantwortung übernehmen, sind doppelt belastet wie z.B. Spieler, die auch Schiedsrichter sind oder Spieler, die auch Nachwuchstrainer sind usw.
  • Sportanlagen müssen in Ordnung gehalten werden
  • Vereinsleben muss am Leben gehalten werden: Feiern, Sportfeste, Turniere, Versammlungen

Aktuell ist das Motto sowohl nach der Sommerpause, als auch nach der Winterpause eher: Geht der Fußball schon wieder weiter? Es gibt kaum Zeit, sich ordentlich auf neue Aufgaben und Ziele vorzubereiten und bei den jungen Leuten wieder die Lust an ihrem Hobby zu befeuern. Es gibt tolle Möglichkeiten, auf andere Art und Weise seinen Horizont zu erweitern und vielleicht auf diesem Wege eine tolle Vorbereitung auf die neue Spielzeit hinzubekommen; mit Trainingslagern entfernt von der gewohnten Umgebung.

Hier sind die Optionen vielseitig, Familien einzubinden und dadurch Akzeptanz für das Hobby Fußball zu entwickeln und die Gemeinschaft zu stärken. Letztendlich sollte ein Verein so aufgebaut sein das die ganze Familie daran teilnimmt. Der vom DFB verbreitete Film “Zurück zu den Wurzeln” ist absolut empfehlenswert und bringt auf den Punkt, was Vereine ausmacht und was für sie wichtig ist.

Sie sind eben keine Wirtschaftsunternehmen, die von oben geführt werden und Mitglieder sind keine Angestellten die immer zur Stelle sein müssen. Vielmehr engagieren sie sich freiwillig und wenn das Engagement dauerhaft eher stresst, als es Ausgleich bringt, müssen Dinge strukturell verändert werden. Jeder einzelne ist im Leben schließlich auch anderweitig eingespannt

Kurz gesagt, wir brauchen mehr Zeit für die oben genannten Aufgaben.

Alles andere erzeugt Druck auf allen Ebenen: Einerseits bei den Verantwortlichen, die sich für die Organisation verantwortlich fühlen, andererseits bei den aktiven Sportlern, die nicht gewillt sind, zu allen Terminen einsatzbereit zu sein. Und nicht zuletzt entsteht auch Druck beim SBB, denn gerade, wenn es um Termine geht, die aus welchen Gründen auch immer nicht wahrgenommen werden – im Spielbetrieb oder z.B. beim Thema Weiterbildung – entwickelt sich Unzufriedenheit und Ratlosigkeit.

Im schlimmsten Fall häufen sich Probleme, kehren immer wieder oder werden nicht gelöst und das führt zu Frust. Eigentlich zuverlässige Leute legen ihre Ämter nieder und neue Leute für fast nicht lösbare Probleme zu finden, ist nahezu unmöglich.

Wir sind fest davon überzeugt, wieder mehr Leute für ein Engagement zu begeistern – am Miteinander teilzunehmen – wenn es uns gelingt, den Stress zu minimieren. Wenn es kleinere Ligen und weniger Spiele gibt, werden wieder mehr Leute bereit sein, Fußball zu spielen, sich dafür engagieren und länger dabei zu bleiben. Dann erreichen wir die wieder, die den hohen Aufwand, die eine Saison im heutigen Stil mit sich bringt, für sich ablehnen.

Wir sehen, dass sich neben dem offiziellen Spielbetrieb des SBB, informelle Mannschaften gründen und regelmäßige Spiele und Turniere selbst organisieren. Es gibt also offensichtlich mehr Leute, die gern Fußball spielen, als die die bei uns organisiert sind.

Deshalb sind wir dafür Spielzeiten von September bis Anfang Dezember sowie März bis Anfang Juni

durchzuführen. Das bedeutet Ligen mit 12 Mannschaften zu schaffen.

Tun wir uns den Gefallen.

Mit sportlichem Gruß

Der Vorstand des SV Aufbau Oppelhain


Aufrufe: 06.6.2018, 13:11 Uhr
Sven BockAutor