2024-04-23T13:35:06.289Z

Ligavorschau
Sportlich hatten die Schönberger viel Grund zum Jubeln in dieser Saison – wie hier beim 2:1-Sieg über Energie Cottbus. Taken
Sportlich hatten die Schönberger viel Grund zum Jubeln in dieser Saison – wie hier beim 2:1-Sieg über Energie Cottbus. Taken

Schönbergs Abschiedsspiel

Sportlich war der FC 95 der Regionalliga gewachsen, das Umfeld war es nicht – eine Analyse

FC Schönberg gegen TSG Neustrelitz – zum Abschluss der Regionalligasaison 2016/17 kommt es also Samstag (13.30 Uhr) noch zum MV-Derby.

Unter normalen Umständen hätte dieses Duell die Bezeichnung Höhepunkt im tristen Fußball-Land MV verdient, doch normal ist an dieser Begegnung nichts. Der FC 95 zieht sich in der kommenden Saison aus der Regionalliga zurück in die Landesliga. Der abgeschlagene Tabellenletzte Neustrelitz hat nach einer katastrophalen Spielzeit noch die Chance, die Klasse zu halten. Warum das möglich ist? Am Dienstag gab es in einem Schönberger Supermarkt Fußball-Sticker nebst Sammelalben zu kaufen. Das gibt es eigentlich immer, aber eben nicht mit Klebebildern von Kickern des FC Schönberg. Die 370 gedruckten Alben fanden reißenden Absatz. Eine gute Idee zu einem Zeitpunkt, der kurios anmutet. Jetzt, da nach zwei Spielzeiten das Aus in der Regionalliga ansteht, kommt eine clevere Aktion auf den Markt, die einer Marke Schönberg schon viel früher gut zu Gesicht gestanden hätte. Doch eine Marke Schönberg wurde nie richtig installiert. Es mangelte an werbewirksamen Sonderaktionen, professioneller Öffentlichkeitsarbeit und dem Gespür dafür, wie sich eine Kleinstadt mit einem Fußball-Club identifizieren kann.

Im Schnitt 423 Zuschauer verfolgten die Saison-Heimspiele im Palmberg-Stadion. Und da sind wir auch schon beim Dreh- und Angelpunkt des Schönberger Fußballs: Hauptsponsor Palmberg. Erst das Sponsorengeld des Büromöbelherstellers ermöglichte zwei Spielzeiten in der vierthöchsten Liga, der Spielklasse, in der für Hobbyfußballer kein Platz mehr ist, wenn sich sportlicher Erfolg einstellen soll. Uwe Blaumann und seine Firma Palmberg haben mit ihrem Etat den semiprofessionellen Fußball beatmet. Und es ist vollkommen legitim, wenn er sich irgendwann dafür entscheidet, es nicht mehr zu tun. Der Nachwuchs profitiert weiter von dem Unternehmen, das seinen Standort in Schönberg hat, und der Verein kann seiner ureigentlichen und sozialen Aufgabe Rechnung tragen, dem Nachwuchs in und um Schönberg herum das Fußballspielen zu ermöglichen.Fast eineinhalb Jahre wusste der Verein, dass der Hauptsponsor sein Engagement verringern möchte. Genug Sponsoren, die das Loch stopfen können, wurden nicht gefunden. Um den Gesamtverein nicht zu gefährden war es folgerichtig, wieder in einer unteren Spielklasse anzufangen. Für die Fußballer ist das aber nur schwer zu ertragen. Die starke Regionalliga-Elf um Trainer Axel Rietentiet machte einen tollen Job, verbesserte sich im zweiten Jahr sogar und hat den sportlichen Klassenerhalt erneut geschafft, während die Reserve klar auf Verbandsliga-Kurs ist. Profitieren können beide Teams nicht mehr von ihren Erfolgen.

Was bleibt also nach zwei Jahren Regionalliga? Unter anderem 21 Siege, wobei einige unvergessen bleiben dürften. Zweimal wurde der große FC Carl Zeiss Jena bezwungen, auch Drittliga-Absteiger Energie Cottbus verlor in Schönberg. Gegen ambitionierte Teams wie Dynamo Berlin, den Berliner AK oder Wacker Nordhausen sprangen ebenfalls Siege heraus. Was bleibt, ist auch eine neue Anzeigetafel, auf der demnächst als Gast aber nicht mehr Lok Leipzig, sondern der Lübzer SV stehen wird. Und es bleibt ein Sammelalbum, das irgendwann in vielen Jahren mal wieder jemand in die Hand nehmen und sagen wird: „Das waren noch Zeiten, als wir in der Regionalliga gespielt haben…“

Aufrufe: 018.5.2017, 20:00 Uhr
Hans TakenAutor