Am Ende wusste Daniel Weber keinen anderen Ausweg: Ein Hilferuf musste sein Lebenswerk retten. Innerhalb von zehn Jahren hat der Trainer den VfR Garching von der Bezirks- bis in die Regionalliga Bayern geführt. Doch im April 2017 drohte alles zu zerbrechen, wofür er so lange Zeit gekämpft hatte. Der Aufschrei musste Wirkung zeigen. „VfR Garching 2017/18 - Regional- oder Kreisliga?“ stand in der Presseeinladung. Für Daniel Weber und den VfR Garching war das Horrorszenario eines Zwangsabstieges der letzte Strohhalm.
Trotz des geringsten Budgets aller Regionalligisten war der Verein in eine finanzielle Schieflage geraten. Garching spielte zwar vor über tausend Zuschauern gegen die SpVgg Unterhaching, den FC Bayern II oder den TSV 1860 II. Doch auf die großen Firmen machte Weber mit seiner Mannschaft wenig Eindruck. „Der Hilferuf hat uns gerettet. Davor haben wir nie die Chance erhalten, an Entscheider heranzutreten“, sagt Weber.
Dass der VfR Garching am kommenden Freitag vor 12.500 Zuschauern gegen den TSV 1860 aufläuft, hat weniger mit der außergewöhnlichen Arbeit zu tun, die Daniel Weber seit Jahren leistet. Es ist der glückliche Zufall, dass täglich unzählige Autos und LKWs auf der A9 am Stadion vorbeirollen. „Nach unserem öffentlichen Aufruf hat sich die Stadt bewegt und die Möglichkeit geschaffen, an einem Stadionzaun Werbeflächen zu montieren, die von der Autobahn zu sehen sind“, sagt Weber. Für den VfR Garching ist es nach wie vor ein Drahtseilakt, die Kosten für Bayerns höchste Amateurklasse zu stemmen.
„Die Nebenkosten für Spieler sind immens hoch. Hinzu kommen die Busfahrten zu Auswärtsspielen und die hohen Kosten für Schiedsrichter. Das frisst das Kapital weg“, sagt Weber. Kosten, die mit Zuschauereinnahmen aus dem Spiel gegen die Löwen nicht gedeckt werden können. Seit dem Einstieg der neuen Sponsoren hat der VfR Garching mehr Sicherheit. „2017 ist erstmals kein Minus entstanden. Wir haben endlich eine vernünftige Budget-Planung für die kommenden Jahre“, sagt Weber. Zumindest solange die Werbeflächen von der Autobahn aus zu sehen sind. Sollte gebaut werden, muss sich der Verein etwas neues überlegen.
Dass sportlicher Erfolg bei großen Firmen auf wenig Gehör trifft, musste auch Franz Faber erfahren. Nach dem Regionalliga-Aufstieg trommelte der Vorstand des FC Unterföhring an jede Firmentüre, die es im Umkreis gibt. „Ich habe zwei Tage auf einer Gewerbeausstellung verbracht und mit jedem Unternehmen vor Ort gesprochen. Aber der Aufwand war für die Katz. Wir haben nach dem Aufstieg keinen einzigen neuen Sponsor gewinnen können“, erzählt Faber.
Franz Faber hat bittere Erfahrungen bei der Suche nach neuen Sponsoren gemacht: Viele sind lieber der dreitausendste Sponsor des FC Bayern, satt 200 Euro für eine Bande zu zahlen.“ Foto: Michalek
Mails bleiben meist unbeantwortet. Die Zeiten, in denen regionale Firmen sich verpflichtet fühlen, die lokalen Vereine im Umkreis zu unterstützen, sind vorbei. „Wir haben ein Gewerbegebiet mit zwei DAX-Unternehmen. Aber wir bekommen dort nicht mal einen Termin. Wenn kein Kind von einem Vorstand in deiner Jugend spielt, hast du keine Chance“, erzählt Faber. Sein Vorwurf: Vielen Firmen geht es nur noch darum, was sie für den geleisteten Einsatz zurückbekommen. „Großen Unternehmen fehlt oft das Herz für den Amateursport. Viele sind lieber der dreitausendste Sponsor des FC Bayern, satt 200 Euro für eine Bande zu zahlen.“
Ein Mitarbeiter aus der Marketing-Abteilung einer großen Münchner Firma begründet, warum das Interesse am Amateur-Sport so gering ist: „Wo fängt ein sinnvolles Sponsoring an und wo hört es auf? Es gibt in München ja nicht nur Fußball-Vereine. Am Ende halten alle die Hand auf. Wir versuchen deshalb eher eigene Projekte umzusetzen.“ Den Namen seiner Firma möchte er „lieber nicht in der Zeitung lesen.“
Ein Problem, das auch Uli Bergmann seit Jahren kennt. Als Manager des SC Oberweikertshofen hat er sich bei Sponsor-Gesprächen schon oft eine blutige Nase geholt, wie er sagt. „Spenden für den Sport einzutreiben, ist ein Knochenjob. Wenn dich die Firmen hinten mit einem Fußtritt rausschmeißen, musst du vorne wieder nett anklopfen.“ Künftig will Bergmann nicht nur für Oberweikertshofen werben. Als neuer Geschäftsführer des FC Pipinsried soll er genügend Geld für die neue GmbH des Regionalligisten eintreiben. Bergmann hofft auf Transfererlöse. Junge Talente aus Augsburg und München sollen beim FC Pipinsried die Plattform Regionalliga nutzen, um den Weg nach oben im zweiten Anlauf zu packen.
Die Klinken bei möglichen Sponsoren zu putzen, reiche schon lange nicht mehr, um dauerhaft in der Regionalliga zu bestehen, glaubt Bergmann. Beim FC Pipinsried will er künftig ganz neue Wege gehen, um neue Förderer für ein Engagement zu begeistern. „Wir müssen den Amateur-Fußball zu einem Event machen. In Pipinsried wollen wir im Stadion einen VIP-Bereich schaffen und gut situierte Leute verköstigen, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen.“ Für Geschäftsführer Bergmann ist das Konzept nicht neu: „Das Golfen lässt grüßen. Dort ist der Sport auch die Plattform, um Geschäfte zu machen.“
Dieser Artikel erschien auf der Amateursport-Seite. Sie erscheint jeden Mittwoch im Münchner Merkur. Autoren sind Christoph Seidl (christoph.seidl@merkur.de) und Reinhard Hübner (komsport@t-online.de).