2024-04-19T07:32:36.736Z

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Robust: Der Neustädter Sam Samma erzielte nach 0:2-Rückstand gegen Kehl das 1:2 für den Verbandsliga-Aufsteiger. | Foto: Bernd Seger
Robust: Der Neustädter Sam Samma erzielte nach 0:2-Rückstand gegen Kehl das 1:2 für den Verbandsliga-Aufsteiger. | Foto: Bernd Seger

FC Neustadt: Bissige Lehrlinge ärgern den Favoriten

Verbandsliga-Aufsteiger Neustadt macht gegen Kehl vor der Pause einen 0:2-Rückstand wett und unterliegt dann doch mit 2:4-Toren.

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Der erste Verbandsliga-Auftritt des Aufsteigers FC Neustadt seit 13 Jahren hätte an diesem sonnenüberstrahlten August-Sonntag im Jahnstadion mehr als 250 Zuschauer verdient gehabt. Was sie sahen, lässt sich nach der 2:4-Niederlage des FCN gegen Titelfavorit Kehl in einem Satz zusammenfassen: In dieser Mannschaft steckt Substanz. Das weiß niemand besser als der Trainer der Sieger, der die Blauen für ihr im ersten Durchgang erfrischend bissiges Spiel lobte. Durchgesetzt hat sich dann doch der Favorit, weil die FCN-Abwehr vier individuelle Fehler zuviel machte und Kevin Sax mit seinem Dreierpack die Kräfteverhältnisse zurechtrückte.

Das, so hatten sie sich geschworen, sollte ihnen nicht noch einmal passieren: Phasenweise vorgeführt worden waren die Neustädter vor einer Woche bei der krachenden 0:4-Niederlage im ersten Saisonspiel bei Mitaufsteiger Denzlingen. Gegen den Kehler FV, den FCN-Trainer Gallmann „am Ende der Saison unter den ersten drei“ sieht, waren die Neustädter nicht wiederzuerkennen. Bissig und aggressiv in den Zweikämpfen, laufstark in der Vorwärtsbewegung. „Kompliment, ich habe eine engagierte Mannschaft gesehen“, so KEV-Coach Alexander Hassenstein und damit meinte er die Neustädter, „gegen die wir in der ersten Halbzeit ganz schön Schwierigkeiten hatten“.

Die Klasse der Kehler war dennoch unverkennbar und Kevin Sax von der FCN-Abwehr nicht zu halten. Dem trockenen Schuss zum 0:1 (15.) ließ Sax fünf Minuten später, begleitet vom Raunen der FCN-Fans, das 0:2 folgen. Viel deutete in diesem Moment darauf hin, dass die Neustädter als Lernende wieder nur Statisten sein würden. Doch es kam anders. Weil die Blauen fighteten, angetrieben von Mannschaftsführer Fabian Papa, der in der FCN-Abwehr mit zwei Meter Übersicht von jeder Ecke des Spielfelds aus wie ein Leuchtturm zu erkennen war. Dass es in der Verbandsliga keine Zeit zum Trödeln gibt, haben die Neustädter gelernt. Und so erteilten sie den Kehlern frech eine kleine Lektion. Mit schnellem Umschaltspiel, kompromisslos im Eins gegen Eins – und mit zwei sehenswerten Treffern: Sam Samma traf in der 26. Minute nach feiner Vorlage von Neuzugang Cever Atar aus fünf Metern volley zum 1:2 – und Tobias Gutscher scheint reif für die Kür zum Verbandsliga-Treffer des Monats. Sein Fallrückzieher zum 2:2 (33.) hatte höchste Haltungsnoten verdient.

Direkt nach Wiederanpfiff hatte Sam Samma gar die Neustädter Führung auf dem Fuß – es sollte die letzte zwingende Chance der Blauen sein. „Wer weiß, was passiert wäre, wenn der Sam getroffen“ hätte, so FCN-Coach Klaus Gallmann im Rückblick. Eine müßige Frage, denn mit dem Konjunktiv sind Teams, die so präsent sind wie der Kehler FV, nicht dauerhaft zu beeindrucken. Sammas Chance war kaum dahin, da untermauerten die Kehler ihre spielerische Klasse messbar – bei Katebs Treffer zum 2:3 (48.) war FCN-Schlussmann Gutscher machtlos, der danach noch zweimal famos gegen den Kehler Rechtsaußen parierte. Und plötzlich wirkte KEV-Trainer Hassenstein beruhigt, ja gelassen an der Außenlinie. Ein Treffer, der Wirkung zeigte. Mehr als Entlastungsangriffe über Falkowski, der nach energischem Solo und einer Stunde Spielzeit den Ball ebenso knapp am langen Pfosten vorbeidrosch wie kurz darauf Ralf Schubnell, gelangen den Neustädtern jetzt nicht mehr. Der Kräfteverschleiß war erkennbar, dem das Trainer-Brüder-Duo Klaus und Benjamin Gallmann mit vier Auswechslungen entgegenzuwirken versuchte. Genutzt hat es nichts. Kaum als Ersatz für Tobias Gutscher auf dem Platz, musste der bärtigste Neustädter, Björn D’ Antino, mit ansehen, wie ein Mann mit noch längerer Gesichtsbehaarung Tatsachen schuf: Mit wehendem Zottelbart unterm Kinn passte der Kehler Sepp von der rechten Seite 40 Meter weit quer über den Platz auf den im zweiten Durchgang bis dahin völlig unauffälligen Kevin Sax, der mit seinem dritten Treffer wuchtig zum 2:4 vollendete.

Die erste Enttäuschung war bei FCN-Trainer Klaus Gallmann, der den verdienten Kehler Sieg ohne Umschweife anerkannte und auf vier individuelle Fehler verwies, die den KEV-Toren vorausgegangen waren, schnell verraucht. „Ich bin stolz auf diese Mannschaft“, so Gallmann, „auf diese Leistung lässt sich aufbauen“. Der Kehler FV sei nun mal als Titelfavorit kein Gegner gewesen, „gegen den wir als Neuling gewinnen müssen“. Und die kleine Lehrstunde im zweiten Durchgang habe gezeigt, dass es noch viel Arbeit gebe in der Verbandsliga. Darauf freue er sich. „Die Mannschaft ist bereit, alles in die Waagschale zu werfen.“ Es ist eine selbstbewusste Kampfansage, denn „die Gegner, die wir packen können, kommen jetzt“, so Gallmann, der nach vorne statt auf die Tabelle schaut.

FC Neustadt: Gantert, Gutscher (85. D’ Antino), Papa, Weerakkody, Heitzmann, Falkowski (78. Katava), Maier (55. Ruf), Ralf Schubnell, Peter Schubnell, Atar (67. Schanz), Samma. Kehler FV: Streif, Charlety (Raabe), Kateb, Sax, Assenmacher, Bouziane, Laifer, Halsinger, Zimmerer, Aras (72. Koerin), Sepp. Tore: 0:1 Sax (15.), 0:2 Sax (20.), 1:2 Samma (26.), 2:2 Gutscher (33.), 2:3 Kateb (48.), 2:4 Sax (86.). Schiedsrichter: Schnurr (Hügelsheim). Zuschauer: 250.

Aufrufe: 014.8.2016, 20:30 Uhr
Johannes Bachmann (BZ)Autor