2024-04-19T07:32:36.736Z

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Klassenerhalt geschafft: Nach dem 5:5 beim Freiburger FC stellten sich Trainer und Spieler des FC Neustadt dem Fotografen, ehe es zurück ging in den Hochschwarzwald zu einer langen Klassenerhalts-Feiernacht.    | Foto: Bernd Seger
Klassenerhalt geschafft: Nach dem 5:5 beim Freiburger FC stellten sich Trainer und Spieler des FC Neustadt dem Fotografen, ehe es zurück ging in den Hochschwarzwald zu einer langen Klassenerhalts-Feiernacht. | Foto: Bernd Seger

Der FC Neustadt - die meisterhaften Drinbleiber

Totgesagte leben länger: Es ist ein kleines Fußballwunder, das dem FC Neustadt im ersten Jahr nach dem Verbandsliga-Aufstieg mit dem Klassenerhalt gelungen ist.

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Sie waren nicht nur glückstrunken, sondern besoffen. Vor Glück. Alle Anspannung, alle Sorgen fielen am Samstagabend nach dem denkwürdigen 5:5 beim Freiburger FC von Spielern, Trainern und Fans des FC Neustadt ab, der sich im letzten Saisonspiel mit 40 Punkten und Rang 14 den Klassenerhalt sicherte. Die Nacht wurde danach zum Tag, nur einer wollte nachts um eins stocknüchtern nur noch ins Bett: Trainer Klaus Gallmann. "Ich war einfach glücklich und platt. Der Akku ist leer", so der Übungsleiter, der sich nach dreieinhalb Jahren beim FCN verabschiedet.
Was seiner Mannschaft gelungen ist, die in der kommenden, dann zweiten Verbandsligasaison von Benjamin Gallmann und dem bisherigen FCN-Mittelfeldmotor und künftigen Co-Trainer Florian Heitzmann trainiert wird, packt Klaus Gallmann in einen Satz: "Das ist ein kleines Fußballwunder." Das kann bedenkenlos glauben, wer glühender FCN-Fan ist. Das Wunder hält allerdings auch dem BZ-Faktencheck stand und vier Fragen. Was war? Was bleibt? Wer geht? Was kommt?

Was war?
"Es war einfach großartig", sagt Klaus Gallmann. Seine Mannschaft habe sich ja zweieinhalb Jahre intensiv auf die Verbandsliga vorbereitet, "weil wir in der Landesliga wussten, dass wir da oben ankommen wollten". Die Verbandsliga-Realität war allerdings ein Schock. Statt mitzuhalten oder wenigstens Luft zum Atmen zu finden, kassierten die Neustädter zum Saisonstart acht krachende Niederlagen in Folge. "Da waren wir totgesagt, bevor die Saison richtig begonnen hatte", so Gallmann. In der Bundesliga hätten danach längst die üblichen Mechanismen gegriffen. Neiddiskussion. Trainerdiskussion. Hektische Spielerwechsel. Konzeptwechsel. Nicht beim FC Neustadt. "Wir sind bei unserer Linie geblieben", so Gallmann, "wir sind nie liegengeblieben und sind immer wieder aufgestanden als Team". Die erste schüchterne Wende gelang in Spiel Nummer neun mit dem 4:3-Sieg gegen Solvay Freiburg. Haften bleiben Erinnerungen an das nach 3:0-Führung und zwischenzeitlichem 3:3 noch mit 5:3 gewonnene Spiel gegen Kuppenheim, der 4:3-Heimsieg nach 0:3-Rückstand im Hochwinter-Heimspiel Mitte Februar gegen den FC Bad Dürrheim und der 3:1-Heimsieg vor einer Woche gegen den SV Endingen, mit dem die Neustädter an Bühlertal vorbei auf den rettenden 14. Tabellenplatz kletterten: "Dieses Spiel hat uns den Hals gerettet", so Klaus Gallmann. Das finale 5:5 in Freiburg habe gezeigt, was beim FC Neustadt möglich sei. "Die ersten zwanzig Minuten waren die besten, die wir in der ganzen Saison gespielt haben."

Was bleibt?
"Die Mannschaft hat sich ein Denkmal gesetzt mit dieser Saison", sagt Gallmann, "das ist ein Zeichen für die Zukunft, die Jungs haben bewiesen, dass sie einfach alles schaffen können." Deshalb sei er überzeugt, dass die Mannschaft des FC Neustadt fußballerisch in der kommenden Saison so schnell nichts mehr umwerfen könne. Er selbst spüre jetzt, nach dem letzten, entscheidenden rettenden Schritt, pure Freude, "weil ich dieses Aufholjagd mit Menschen erleben durfte, die mir ans Herz gewachsen sind". Was Spieler, Betreuer, der sportliche Leiter Rolf Eckert, die Physiotherapeuten und die stillen Helfer im Stadion geleistet hätten, das sei ein kleines Stück Hochschwarzwälder Fußball-Ewigkeit. Diese Aufholjagd werde in die Geschichte des FC Neustadt eingehen. Und jeder, der dabei gewesen sei in dieser denkwürdigen Saison, werde sich in zehn oder zwanzig Jahren zurückerinnern, mit dieser Frage: "Weißt du noch, damals, als wir nach acht Niederlagen zum Start dringeblieben sind in der Verbandsliga?" So bleibe als Erinnerung zuerst Wir-Gefühl. Herausheben will Gallmann keinen aus seiner meisterlichen Verbandsligaabstieg-Verhinderungsmannschaft, "das wäre einfach unfair". Natürlich denke jeder an Sam Samma, den Torjäger aus Gambia, der im Sägewerk Ketterer arbeitet und mit seinen 24 Toren maßgeblichen Anteil hatte am Klassenerhalt. "Aber der Sam hätte seine Tore nicht erzielen können, ohne seine Mitspieler", so Gallmann.

Wer geht?
"Ich gehe", sagt Gallmann "und das mit zwei weinenden Augen". Vom ersten Tag an habe er sich pudelwohl gefühlt beim FC Neustadt. Als er im Juni 2013 zum FCN kam, erzielte er in seiner ersten Landesligasaison sieben Treffer, übernahm in der Winterpause den damals in Abstiegsgefahr schwebenden FC Neustadt vom damaligen Trainer Andreas Ackermann und schaffte, zusammen mit Ackermanns damaligem "Co." Oliver Mahler, der heute Trainer der FCN-Reserve in der Kreisliga A ist, den Klassenerhalt in der Landesliga. Im Frühjahr 2016 gelang dem jungen Trainer sein Meisterstück. Zusammen mit seinem Bruder Benjamin, der zuvor den (abgestiegenen) Landesligisten TuS Bonndorf geführt hatte, ging er das Abenteuer Verbandsliga an. Die zwei Brüder verstehen sich blind. Klaus, der Motivator und Benjamin, der Analytiker, schafften es, binnen weniger Monate aus dem abgeschlagenen Verbandsliga-Schlusslicht eine schlagkräftige Mannschaft zu formen, die sich in der Rückrunde hartnäckig nach vorn arbeitete. Um mindestens zwanzig Prozent hat sich wohl jeder Spieler im Vergleich zur Landesliga steigern müssen. Vielleicht um mehr. Das gelang nur mit hundertprozentiger Leidenschaft "und die haben alle unsere Spieler in dieses Abenteuer eingebracht", so Gallmann. Verlassen wird den FCN Peter Schubnell, den ein Jobangebot nach München zieht.

Was kommt?
"Da kommen zwei prima Typen zusammen", so Klaus Gallmann mit Blick auf die neue Trainerlösung. Sein Bruder Benjamin als neuer Chef und der künftige Co-Trainer Florian Heitzmann seien "die bestmögliche Lösung für die zweite Verbandsligasaison des FC Neustadt". Heitzmann sei einer, der die Mannschaft trägt und einer, der führen könne. Vor der kommenden Spielzeit gehe es darum, jene Mannschaft, die sich mit dem Klassenerhalt einen Traum erfüllt habe, zusammenzuhalten. "Das sind Jungs, die zusammenpassen, wir haben einen richtig guten Kader." Der FC Neustadt habe das Potenzial, um wieder den Klassenerhalt zu schaffen. "Es wird in der kommenden Saison viel Grund zur Freude im Jahnstadion geben", so Klaus Gallmann. Trainingsauftakt für die kommende Saison ist am 26. Juni.
Aufrufe: 023.5.2017, 00:00 Uhr
Johannes Bachmann (BZ)Autor