2024-04-23T06:39:20.694Z

Allgemeines
Die Moosburger Kirchtürme im Hintergrund: Das war auch für die Fotos das Markenzeichen, als die SpVgg-Fußballjugend 1968/69 in die höchste Spielklasse, die Oberbayernliga, aufgestiegen ist, wo sie dann vor 50 Jahren zu den 14 besten Teams dieser Altersklasse gehörte. 
Die Moosburger Kirchtürme im Hintergrund: Das war auch für die Fotos das Markenzeichen, als die SpVgg-Fußballjugend 1968/69 in die höchste Spielklasse, die Oberbayernliga, aufgestiegen ist, wo sie dann vor 50 Jahren zu den 14 besten Teams dieser Altersklasse gehörte.  – Foto: Horst Willner

SpVgg Moosburg: „Mia ham einfach den besten Torwart g’habt“

JUGENDFUSSBALL IN MOOSBURG VOR 50 JAHREN 

Verlinkte Inhalte

Das Highlight war der Aufstieg in die Oberbayernliga. Bereits vor 50 Jahren wurde die Geschichte in Moosburg im Jugendfußball geschrieben, die bis heute anhält.

Moosburg – Es ist ein kleines DIN A5-Heftchen, etwas vergilbt, aber zweifelsohne ein Relikt: Gemeint ist das Trainerheft von Josef Held. Akribisch hat der langjährige Fußballtrainer aus Moosburg handschriftlich alles Wichtige festgehalten. Der heute 86-Jährige lacht verschmitzt, wenn er von dieser Zeit erzählt, denn es war eine ganz besondere: Seine Jugend, die er einst als Übungsleiter betreute, schaffte 1968/69 den Aufstieg in die höchste Klasse des Bezirks: die Oberbayernliga.

Drei Jahre lang hat sich seine Mannschaft dort gehalten. Sie hat gegen den Nachwuchs des FC Bayern München, MTV Ingolstadt, TSV 1860 München, ESV Ingolstadt und ESV Freilassing, gegen Schwarz-Weiß München und auch gegen den Sportbund Rosenheim gespielt. In ihrem dritten Jahr in der Bezirksliga Oberbayern der A-Jugend (1971/72) belegten die Dreirosenstädter (wegen der Fusion im März 1970 nicht mehr als Spielvereinigung, sondern als Abteilung der Sportgemeinschaft Moosburg) sogar mit Rang acht einen hervorragenden Mittelfeldplatz unter 14 Vereinen. Damit ließen sie den SC Bajuwaren München, die SpVgg Feldmoching sowie den FC Wacker München, ASV Dachau, TSV 1860 Rosenheim und den SC Fürstenfeldbruck hinter sich.

Keinesfalls nurKanonenfutter

Die Blau-Weißen, wie die jungen Fußballer der Spielvereinigung genannt wurden, waren also keinesfalls Kanonenfutter. Meist verlor man nur knapp – aber es waren eben oft Niederlagen, wie aus der Chronik zu erfahren ist. So sicherte man in der ersten Saison 1969/70 erst nach zwei Entscheidungspartien die Klasse. Die Moosburger Kicker lagen nach dem letzten Spieltag punktgleich mit dem VfR Neuburg/Donau und dem SV Am Hart München am Tabellenende. Doch nach dem 2:0-Sieg über Neuburg – Werner Zimmer und Ludwig Kerscher trafen – reichte das 1:1 gegen die Münchner, um in der Liga zu bleiben. Der Macher des Erfolgs war neben Trainer Sepp Held auch Horst Siegmund (gestorben 2015), der sich als Jugendleiter mit viel Engagement und vor allem Leidenschaft für den Nachwuchsfußball bei der SpVgg und später bei der SGM eingebracht hat. Dabei hatten sich weder Held noch Siegmund für diese Posten aufgedrängt.

Auslöser war Jakob Loef, der 1966 nach 36 Jahren als Nachwuchstrainer sowie Jugendleiter Abschied von der Fußballbühne nahm. Die Chronik würdigt den 1992 gestorbenen Ehrenbürger der Stadt Moosburg sowie langjährigen Direktor und Gesellschafter der Firma Steinbock (heute Jungheinrich) als großen Mäzen und hervorragenden Organisator. Und vor allem als väterlichen Freund, der das abendliche Training, zunächst auf dem Steinbock-Sportplatz, damit eröffnete, dass er den Kofferraum seines Autos aufmachte und die darin liegenden Fußballschuhe mit unterschiedlichen Größen an seine Schützlinge verteilte.

Kein Nachfolger für Jakob Loef in Sicht

Da sich für Loef kein junger Nachfolger fand, übernahmen mit Georg Weindl (gestorben 2017) und Heinrich Seisenberger (langjähriger SGM-Vorsitzender, gestorben 1993) zwei Pioniere des Moosburger Fußballs, die das schwankende Jugendschiff vor dem Untergang retten wollten. Die Betonung liegt auf dem „wollten“. Denn die sich damals anbahnenden Rücktritte verursachten eine Ämterhäufung, die beide – so gut sie es auch machen „wollten“ – schlichtweg nicht stemmen konnten.

Denn nicht nur der Rücktritt von Trainer Sepp Held bei den Herren fiel schwer ins Gewicht, sondern auch, dass Georg Weindl, der zwischenzeitlich sowohl das Herren-Training bei der Spielvereinigung Mauern leitete, als auch als Jugendleiter im BLSV-Kreis Freising fungierte, kaum mehr Zeit für seine Nachwuchsspieler hatte. Als dann auch noch Josef Niedermeier, der bis dahin die Zweite Jugend betreut hatte, sein Amt zurückgab, blieb nur noch Heinrich Seisenberger übrig – er war als Jugendleiter sowie Herren-, Jugend- und Schülertrainer sozusagen Mädchen für alles. Eine untragbare Situation. Die Folge daraus war, dass „mangels Masse, sprich Interesse“, kein Jugendfußballtraining mehr stattgefunden hat.

Held und Siegmund als „Retter-Duo“

„Das Retter-Duo kommt aber rechtzeitig“, ist aus der Chronik zum 75. Geburtstag der damaligen Spielvereinigung von 1920 zu entnehmen: Unter der Voraussetzung, dass Josef Held wieder das Traineramt übernimmt, stieg Horst Siegmund als Jugendleiter ein. Mit der Unterstützung von Schülerleiter Seisenberger war der Mini-Bestand von nur noch 15 Jugendlichen und 20 Schüler-Spielern bald auf 75 Nachwuchsleute aufgestockt. Siegmund und Held sorgten dafür, dass sich nicht nur fußballerisch einiges rührte, sondern dass mit Ausflügen, etwa nach Paris und Umgebung, aber auch bei verschiedenen Veranstaltungen der Zusammenhalt durch viel Geselligkeit gepflegt wurde.

Der sportliche Höhepunkt stand allerdings noch aus: Im Kampf mit dem TSV Erding (dem heutigen FC Erding) und dem TSV 1860 Rosenheim gelang der Jugend der Spielvereinigung der Aufstieg in die Bezirksgruppe Oberbayern. Damit gehörte die SpVgg-A-Jugend zu den 14 stärksten Teams in Oberbayern – das war zweifelsohne als großer Triumph zu werten, wie in der Chronik zu lesen ist. Und das Beste an der Sache: „Es waren so gut wie alle Moosburger“, freut sich Sepp Held noch heute. Er ist immer noch mächtig stolz über das erreichte sportliche Ziel.

Freilich konnte nicht mit der Aufstiegsmannschaft in dieser Form weitergemacht werden, erklärt Ludwig „Luggi“ Kerscher – der Gammelsdorfer war einer der Jüngsten in diesem erfolgreichen Jugendteam. Denn der Großteil wechselte aus Altersgründen zu den Herren und „durfte“ die Oberbayernliga gar nicht mehr mitgestalten oder fußballerisch genießen.

Rechtsfuß wird zum Linksfuß

Mit dabei war allerdings Manfred Schimmerer, heute Leiter der Freisinger Tafel und Sohn des langjährigen Chefs der Polizeiinspektion Freising, Heinrich Schimmerer. „Im Grunde war ich ein Quereinsteiger“, erzählt er, denn in der Kindheit und Jugend habe er überwiegend Leichtathletik betrieben. Warum er dann auf das Pferd „Fußball“ gesetzt und umgesattelt hat? Das begründet er damit, dass sein bester Freund, Hans Plail, „mich wegen eines Wechsels nach Moosburg intensiv beackerte“.

Dennoch sei es für ihn „eine gravierende Umstellung und eine große Herausforderung gewesen, in der höchsten oberbayerischen Jugendliga mitzuspielen“, räumt er rückblickend ein. „Eigentlich war ich Rechtsfuß. Aber um als Linksaußen in die Mannschaft zu kommen, trainierte ich fast jeden Tag mit dem linken Fuß an der Torwand. Zum Schluss war mein linker Fuß fast besser als der rechte“, teilt er mit einem Schmunzeln mit.

Plail und der damalige Kapitän des Moosburger Oberbayernliga-Teams, Luggi Kerscher, seien die herausragenden Spieler in dieser außergewöhnlichen Mannschaft gewesen, betont Manfred Schimmerer. Sie seien verdientermaßen auch zu einem Lehrgang der oberbayerischen Auswahl berufen worden.

Das war eine große Ehre für die Spieler, aber sein Vereinsteam war „Luggi“ Kerscher noch wichtiger. Am Ende der Saison 1970/71 stand die Partie gegen den TSV 1860 Rosenheim an, und die mussten die Dreirosenstädter unbedingt gewinnen. Auch dank Kerschers Torriecher siegten die SGM-Fußballer mit 4:0 – und blieben als Zehnter von 14 Mannschaften ein weiteres Jahr in der Bezirksliga Oberbayern.

Ein Erinnerungsalbum der Sonderklasse

Das Schöne ist: Weil Schimmerer samt seiner damaligen Crew immer noch einen hervorragenden Bezug zu Trainer Held hat, kreierte er zu dessen 80. Geburtstag ein Foto-Album. Zweifelsohne ein außergewöhnliches Zeitdokument, auf das der Sepp unglaublich stolz sein kann – und auch ist.

Bei 1860 hatte Herzer schlechte Berater

Nachzulesen oder nachzusehen ist auch der Grund dafür, warum der SpVgg- respektive SGM-Fußballjugend der Aufstieg gelungen ist: „Mia ham einfach den besten Torwart g‘habt“, erzählt Ludwig Kerscher und meint damit Martin „Dutte“ Herzer. Sein außergewöhnliches Talent zwischen den Pfosten blieb auch höherklassigen Vereinen nicht verborgen, ganz speziell dem TSV 1860 München. Dessen Star-Torwart Petar „Radi“ Radenkovic setzte alles daran, einen optimalen Nachfolger an Land zu ziehen. Der Chronik sind allerdings folgende Zeilen zu entnehmen: „Martin Herzer, der zu den Löwen wechselte, hatte in diesem Fußballgeschäft nicht die besten Freunde und Berater, sodass er den großen Sprung, den er vom Talent her leicht hätte packen können, nicht schaffte.“

Tatsache war: In der zweiten Saison in der Oberbayernliga war Herzer nicht mehr im Moosburger Jugendteam dabei. Als Keeper konnte man Rudi Fuchs gewinnen. In diesem zweiten Jahr (mittlerweile hatte sich die Spielvereinigung, der Turnverein und der Eissportverein zum Großverein Sportgemeinschaft Moosburg zusammengeschlossen) schlugen sich die Dreirosenstädter, nun als Fußballer der SGM-Abteilung, ganz beachtlich und landeten am Ende auf Rang acht. Neben Meister FCB, dem Dritten 1860 München und dem Tabellensiebten SB Rosenheim erlaubten es die Moosburger keiner anderen Mannschaft, zwei (damals waren es noch zwei statt drei) Punkte zu entführen.

Und noch immer lebt der Zusammenhalt

50 Jahre liegt dieser Erfolg der Moosburger Jugend nunmehr zurück. Ein Erfolg, der nicht zuletzt wegen Held und Siegmund das Team zusammengeschweißt hat: Die Spieler von damals sind über den Fußball hinaus Freunde geblieben. Und wie schreibt Manfred Schimmerer: „Im Nachhinein denke ich sehr gerne an die wundervolle SGM-Jugendzeit zurück. Sowohl unserem Trainer Sepp Held als auch unserem Manager Horst Siegmund haben wir Spieler unendlich viel zu verdanken: Spaß am Fußball, Zusammenhalt auf dem Platz, Wille und Durchsetzungskraft, aber auch Respekt gegenüber dem Gegner.“

Nahezu alle sind dabei, wenn Luggi Kerscher wieder ein Treffen organisiert. Natürlich fehlt dann auch Sepp Held nicht. Und wie beschreibt es Schimmerer, der dem Tagblatt einen „Motivationsklassiker“, wie er es nennt, verrät: „Als wir im Training oder Spiel mit den Kräften am Ende waren, munterte Sepp Held uns auf und holte die letzten Reserven heraus mit seinem legendären Satz: ,A duddal geht immer’.“

(VON MARGIT CONRAD)

Aufrufe: 011.11.2020, 09:37 Uhr
Freisinger Tagblatt / Margit ConradAutor