2024-04-19T07:32:36.736Z

Spielbericht
"Die Mannschaft hat unglaubliche Moral bewiesen": Sportdirektor Robert Hettich war nach dem Wahnsinns-Finish in Memmingen voll des Lobes.
"Die Mannschaft hat unglaubliche Moral bewiesen": Sportdirektor Robert Hettich war nach dem Wahnsinns-Finish in Memmingen voll des Lobes. – Foto: Sven Leifer

Türkgücü gewinnt unfassbaren Krimi in Memmingen

21. Spieltag - Samstag: FC Memmingen - Türkgücü München 3:4

Was für ein wahnwitziges Match! In einem absoluten Krimi, der vor starker Kulisse alles zu bieten hatte, was ein Fußballspiel braucht, ringt Türkgücü München den FC Memmingen in der 95. Minute zu Boden. Sportdirektor Robert Hettich sprach von einem "außergewöhnlichen Spiel, für das man kein Drehbuch schreiben kann."

Den besseren Start erwischten vor 1.531 Zuschauern in der Arena Memmingen die Gastgeber, die mit ihrer ersten Torchance in Führung gingen. Olcay Kücük wurde im Zentrum bedient und sorgte aus kurzer Distanz für das 1:0 (12.). Auftakt nach Maß für den FCM und seinen neuen Trainer Esad Kahric, der nach über fünf Jahren zurück in Memmingen ist. Den Gästen aus der Landeshauptstadt boten sich im ersten Durchgang ebenfalls Möglichkeiten auf den Treffer, Benedikt Kirsch ließ die beste jedoch liegen, als er die Kugel knapp am Kasten von Felix Thiel vorbeizog (20.). Die Gastgeber hatten Glück, dass die Pfeife von Schiedsrichter Andreas Hartl nach einem Foulspiel an Michael Zant stumm blieb. Dementsprechend ging es mit der schmeichelhaften Führung aus Memminger Sicht in die Pause.

"Wir wussten, dass wir eine Schippe drauflegen mussten", sagte Hettich, und genau das gab Trainer Reiner Maurer der Mannschaft in der Halbzeitansprache mit auf den Weg. Seine Spieler setzten die Vorgaben zu Beginn des zweiten Durchgangs auch um. Knapp zehn Minuten nach Wiederanpfiff besorgte Kasim Rabihic, in der Vorwoche noch Dreifachtorschütze gegen Garching, aus gut 15 Metern Entfernung den Ausgleich (54.). Knapp 20 Minuten vor dem Ende schien die Partie ihren erwarteten Lauf zu nehmen, als Patrick Hasenhüttl mit seinem zwölften Saisontor die Partie zu Gunsten des Tabellenführers drehte (67.). Doch weit gefehlt! Wenige Zeigerumdrehungen später war Memmingen wieder dran. Natsuhiko Watanabe verwertete eine flache Hereingabe aus kurzer Distanz (73.). Hettich echauffierte sich über die Wertung des Treffers: "Das war aus unserer Sicht klares Abseits. Der Assistent war überhaupt nicht auf der Höhe des Geschehens und konnte es nicht sehen." Türkgücü musste die Entscheidung des Referees trotz allen Beschwerden hinnehmen und sah sich kurz darauf mit dem erneuten Rückstand konfrontiert. Nach Vorarbeit von Watanabe brachte Marco Nickel die Hausherren zurück auf die Siegerstraße (77.). Kurz darauf konnten sich die Münchner bei ihrem Schlussmann Franco Flückiger bedanken, der eine Doppelchance von Luca Sirch auf die Vorentscheidung "mit zwei brutalen Reflexen" zunichte machte (81.). "Er hat uns im Spiel gehalten", lobte Hettich den 28-Jährigen.

Als sich auch noch Azur Velagic mit der gelb-roten Karte zum Duschen verabschieden musste, schien endgültig alles für den Überraschungscoup des FCM zu sprechen (84.). Die Münchner gaben sich allerdings zu keiner Zeit auf und bekamen in der Schlussminute nach Foulspiel am eingewechselten Dominik Weiß einen Strafstoß zugesprochen. Rabihic nahm sich der Sache an und traf - doch Schiri Hartl ließ den Strafraum wiederholen. "Keine Ahnung, warum", zeigte sich Hettich verwundert. Rabihic trat erneut an und scheiterte an Thiel (90.). Wahnsinn! Dann aber doch noch der Ausgleich. Marco Holz brachte die Kugel nach Flanke von Rabihic per Kopf hinter die Linie (90.+1). Das muss es dann aber doch gewesen sein. Denkste! Eine Geschichte hatte dieses irrwitzige Fußballspiel noch parat. In der fünften Minute der Nachspielzeit sorgte Weiß nach Hereingabe von Holz per Flugkopfball für kollektiven Jubel auf Seiten der Gäste - und für ungläubiges Kopfschütteln im Lager des FC Memmingen (90.+5). Ausgerechnet "einer der kleinsten Spieler bei uns" sorgt per Kopf für den Last-Minute-Triumph. Passender kannst du die Schlussszene eines solchen Spiels nicht schreiben.

"Für so ein Spiel kannst du kein Drehbuch schreiben und wenn doch, dann bist du ein Märchenerzähler", zeigte sich Hettich nach dem Abpfiff etwas ungläubig. "Solche Spiele gibt es nur alle paar Jahre, wenn nicht sogar alle Jahrzehnte. Die Schlussphase war extrem emotional und verrückt." Der 44-Jährige lobte seine Spieler, die sich nie aufgegeben hat: "Wir sind trotz all den Rückschlägen nochmal zurück gekommen, und das in Unterzahl. Die Mannschaft hat heute neben ihrem großen Selbstvertrauen auch unglaubliche Moral bewiesen. Deswegen sind wir zurecht Tabellenführer." Der Sportdirektor betonte jedoch, dass der Sieg "trotz des verrückten Spielverlaufs verdient war. Dass wir auch nach dem 3:3 mit einem Mann weniger auf Sieg gespielt haben, war außergewöhnlich." Schnell legte Hettich den Fokus aber auf das nächste Spiel. Zum Jahresabschluss geht es für Türkgücü gegen den TSV Buchbach. Nach dem 1:2 im Rückspiel hat der Spitzenreiter da noch eine Rechnung offen.

Aufrufe: 023.11.2019, 19:00 Uhr
Josef DillerAutor