2024-04-24T13:20:38.835Z

Vereinstreue
Brust raus: Lörzweilers Sebastian Hof trägt stolz das Trikot seines FC. Foto: Privat.
Brust raus: Lörzweilers Sebastian Hof trägt stolz das Trikot seines FC. Foto: Privat.

Flitzer über den Kerbeplatz

Kuriose Aufstiegsgeschichten +++ Sebastian Hof hat 1991 beim FC Lörzweiler angefangen +++ Acht Siege in Folge lassen Bundesligaprofis schlechter dastehen

LÖRZWEILER. Auf zwei Aufstiege mit kuriosen Geschichten blickt Sebastian Hof vom FC Lörzweiler zurück. Doch ein chilenischer Aufstiegsheld, Nacktkalender sowie eine freizügige Flitzeraktion sind nicht alles, was der 30-Jährige in seinen zwölf Jahren bei den Aktiven erlebt hat.

Angefangen hat der Torhüter in Lörzweiler mit sechs Lenzen, vor 23 Jahren. Als in der C-Jugend die Mannschaft aufgelöst wurde, wechselte er notgedrungen nach Mommenheim, wo einige Jahre später wieder keine Mannschaft gestellt werden konnte. Hof hörte auf mit Fußball. Seine Rückkehr kam dann auf kuriose Art und Weise zustande. Beim Jedermann-Turnier in Lörzweiler, einem vom FC ausgetragenen Freizeitturnier, glänzte der damals 17-Jährige im Tor – und wurde gefragt, ob er nicht wieder anfangen wolle.

Gesagt, getan

Im Sommer 2002 stieg Hof bei der Ersten Mannschaft ein, machte kurz nach seinem 18. Geburtstag das erste Spiel für die Aktiven. Seitdem sind einige Spiele dazu gekommen. Wie viele, bringt auch Hof ins Staunen. "Bei zwölf Jahren und etwa 30 Spielen pro Saison sind das etwa 350 Spiele“, rechnet er: „Das ist schon eine Menge." Eine Menge, die auf großen Zeiteinsatz für seinen Verein zurückzuführen ist. Nach dem Abitur mit 19 Jahren zog Hof nach Mannheim, um dort Betriebswirtschaftslehre zu studieren. Jedes Wochenende kam er nach Hause, um sonntags zwischen den Pfosten zu stehen. Aktuell wohnt der ‚Treasury Analyst‘ in Mainz, stellt aber klar: "Die 15 Kilometer nach Lörzweiler fahre ich gerne zwei Mal die Woche.“


Mannschaftsfoto mal anders: Die New Yorker Rheinhessen in der Saison 2011/12. Foto: Privat.

Chilene macht Aufstieg perfekt

Sensationell stieg Hof in der Saison 2010/11 mit dem FC Lörzweiler auf, als nach Punktgleichheit am Ende der Saison ein Entscheidungsspiel über die Leistungen einer ganzen Saison entschied. Vor 700 Zuschauern traf der FC auf neutralem Geläuf in Oppenheim auf den TSV Uelversheim. Das Spiel entschied ein gewisser Matias Fuenzalida mit dem einzigen Treffer zum 1:0. Der Chilene war ein Jahr zuvor das erste Mal in Lörzweiler gewesen. Über den damaligen Trainer Thomas Reske, der seinen chilenischen Nachbarn angesprochen hatte, war Fuenzalida zum FC Lörzweiler gekommen. Ein Jahr später war er dann phänomenaler Aufstiegstorschütze. Heute weilt "Manni", wie Fuenzalida in seiner Zeit beim FC Lörzweiler liebevoll von seinen Teamkollegen genannt wurde, in Chile. "Er ist aber in unserer Whatsapp-Gruppe und wir hoffen, dass er irgendwann mal wieder zurück nach Deutschland kommt", erzählt Hof.

Besser als der Bundesligist

Dem damaligen Aufstieg folgte "die wohl beste Saison, die ich beim FC Lörzweiler miterlebt habe", erinnert sich der 30-Jährige. An deren Anfang standen acht Siege Auftaktsiege in Folge. Damit übertrumpfte man sogar den Bundesligisten Mainz 05, der zu diesem Zeitpunkt sensationelle sieben Siege zu Beginn der Saison feierte. Einen weniger allerdings als der B-Ligist aus der Region. Damals auch Grund genug für die Allgemeine Zeitung, mit Coach Thomas Reske ein längeres Interview zu führen. Lörzweiler wurde Herbstmeister, fiel dann allerdings nach schwacher Rückrunde auf den fünften Tabellenplatz zurück. Den Zeitungsartikel können Sie hier nachlesen: Datei.

Freizügige Fußballer

Gebührend gefeiert wurde auch Hofs erster Aufstieg. Als im Sommer 2007 alles perfekt gemacht wurde, fand zeitgleich die Kerb im Ort statt – eine gute Möglichkeit, den Fußballverein zu präsentieren. Und das taten die Jungs vom FC Lörzweiler auf ihre Weise. Einmal hin und zurück über den Kerbeplatz rannten die stolzen Aufsteiger – nackt. "Wir hatten nur noch Schuhe an", erinnert sich Hof. Kurz zuvor war unter dem damaligen Trainer Winfried Becker ein Nacktkalender produziert worden. Zuerst nur für Spielerfrauen konzipiert, wurden die freizügigen Fotos im ganzen Ort zum Verkaufsschlager. Glücklicherweise hatten die Kicker an eins gedacht, wie Hof weiß: "Eine Körperregion haben wir aber immer abgedeckt - zum Beispiel mit Stutzen."

„Herausragender Zusammenhalt“

Angesichts solcher Aktionen betont Hof, der immer wieder Angebote von höher spielenden Vereinen ausschlug, dass ihm immer um den Spaß ginge. In Lörzweiler schätzt er den "herausragenden Zusammenhalt“ und die Möglichkeit, mit Spielern zusammenzuspielen, die schon in der F-Jugend in seiner Mannschaft kickten. Wie zum Beispiel René Siebert, mit dem Hof 1991 anfing. Während Siebert heute Abteilungsleiter ist, nimmt Hof seit dieser Saison die Rolle als Co-Trainer ein. Als Führungsspieler ist Hof seit jeher anerkannt, trug zwischendurch auch als Kapitän die Binde.


Die Kicker als Racing Team. An Kreativität hat es in Lörzweiler nie gemangelt. Foto: Privat.

Lörzweiler braucht Entwicklungshilfe

Als eine von wenigen Mannschaften in Rheinhessen spielt der FC Lörzweiler noch auf einem Hartplatz. "Neue Spieler zu gewinnen, funktioniert daher hauptsächlich über die persönliche Schiene", sagt Hof. Auch die Jugendarbeit leidet unter dem Geläuf. "Die Jungs kicken dann lieber in einem Nachbardorf mit Kunstrasen. Das ist nachvollziehbar, aber sehr schade für uns." Derweil ist Hof skeptisch, was den Bau eines Kunstrasens in naher Zukunft angeht. "Ob ich das in meiner aktiven Zeit in Lörzweiler noch mitbekomme, bezweifle ich." Obwohl diese aktive Zeit ruhig noch fünf oder sechs Jahre dauern dürfte. 'Relaxo', wie Hof ob seiner lockeren Trainingsmentalität genannt wird, will noch so lange spielen, „bis es aus beruflichen, familiären oder körperlichen Gründen nicht mehr geht.“ Bis dahin wird Hof versuchen, auf dreckigem Hartplatz den Kasten seines FC Lörzweiler sauber zu halten.

Aufrufe: 023.12.2014, 05:00 Uhr
Patrick RuppAutor