2024-04-23T06:39:20.694Z

Ligabericht
Der TSV Steinbach Haiger mit Sören Eismann (l.) und der FC Gießen mit Johannes Hofmann (r.) liefern sich ein intensives und kampfbetontes Derby.	Foto: Ben Volkmann
Der TSV Steinbach Haiger mit Sören Eismann (l.) und der FC Gießen mit Johannes Hofmann (r.) liefern sich ein intensives und kampfbetontes Derby. Foto: Ben Volkmann

»Wir müssen viele Dinge aufarbeiten«

RL SÜDWEST: +++ Steinbach Haiger feiert „dreckigen Sieg“ über Gießen / TSV-Trainer Adrian Alipour nicht zufrieden +++

giessen. Ein letzter hoher Ball, eine Kerze, die Keeper Tim Paterok unter sich begräbt. Dann der Abpfiff und Jubel unter den 400 Fans der Gäste: Der TSV Steinbach Haiger hat das Mittelhessen-Derby beim FC Gießen vor 3346 Zuschauern im Gießener Waldstadion durch das Tor von David Kamm Al-Azzawe mit 1:0 (1:0) für sich entschieden.

FCG-Trainer Daniyel Cimen, aufgeräumt wie immer, fasste den Abend aus Sicht des Aufsteigers kurz und knapp zusammen. „Positiv enttäuschend“ seien die 90 Minuten verlaufen. Zwei gegensätzliche Worte, aber kein Widerspruch bezogen auf das Spielgeschehen. Die Gießener legten drei Tage nach dem Premieren-Erfolg in Pirmasens (1:0) einen agilen und mutigen, defensiv wie offensiv couragierten Auftritt hin und kratzten gegen den Favoriten mit Vehemenz an einem Punktgewinn. „Wir haben einen sehr hohen Aufwand betrieben. Die Jungs haben vieles besser gemacht mit und gegen den Ball. Das nötige Quäntchen Glück war heute vielleicht auf Seiten der Steinbacher. Die Chancenverwertung war der Unterschied, ansonsten habe ich keinen gesehen. Die Kulisse hat die Mannschaft getragen. Unsere Vorstellung macht Lust auf mehr, allerdings müssen wir schleunigst an unserer Effektivität arbeiten“, resümierte Cimen.

Sein Gegenüber Adrian Alipour war mit dem Ergebnis selbstverständlich zufrieden, mit der Darbietung seiner Schützlinge jedoch nur bedingt: „Wir müssen viele Dinge aufarbeiten, vor allem taktischer Natur. Da hatten wir im Vorfeld ein paar Dinge angesprochen, die nicht gut umgesetzt worden sind.“ Während die Steinbacher mit dem dritten Saisonsieg vor dem heute stattfindenden zweiten Teil des vierten Spieltags auf Rang zwei kletterten, verbleiben die Gießener mit drei Punkten auf Position 13.

Die Hausherren, bei denen erstmals Cem Kara in der Startelf stand, verbuchten in der Anfangsphase durch Andrej Markovic (9.), Vaclav Koutny (12.) und Noah Michel (21.) erste Offensivaktionen, ohne dabei zwingend zu werden. In Minute 32 fiel schließlich das 1:0 für die Alipour-Truppe. Nach einem von Manuel Hoffmann flach auf Höhe des ersten Pfosten getretenen Eckstoß irritierte Steinbachs Kapitän Benjamin Kirchhoff FC-Spielführer Vaclav Koutny. Die Kugel rutschte zu David Al-Azzawe durch, der sie an Keeper Frederic Löhe vorbei in die Maschen beförderte. „Es ist doppelt ärgerlich, wenn du so das 0:1 kassierst. Das war ein billiges Gegentor“, haderte Daniyel Cimen mit dieser Szene, die dem Neuling den Rückstand bescherte.

In der 41. Minute hatte Jannik Mause auf Löhe zulaufend die Gelegenheit zum 2:0, donnerte das Leder jedoch über den Querbalken (41.). Mause tauchte noch einmal vor Löhe auf, der diesmal mit einem klasse Reflex den Einschlag verhinderte (51.). „Wenn du zwei solche Chancen hast, musst du den Deckel draufmachen. Das haben wir nicht geschafft, und so ist es bis zum Schluss spannend geblieben“, befand Adrian Alipour.

Zwischen den beiden Mause-Abschlüssen war Gießens Angreifer Aykut Öztürk unmittelbar vor dem Pausenpfiff drauf und dran, den Ausgleich zu markieren. Im Anschluss an einen weiten Ball von Nico Rinderknecht verschätzte sich Kamm Al-Azzawe, sodass das Spielgerät bei Öztürk landete, der im Eins-gegen-Eins-Duell an Tim Paterok scheiterte. Beim nächsten Angriff war der Weg auf das Gästegehäuse nach einem Seitenwechsel Johannes Hofmanns frei, allerdings verstolperte Öztürk in dieser aussichtsreichen Position (45.).

Im zweiten Abschnitt wogte die Partie zwischen den Strafräumen hin und her, klare Möglichkeiten hatten Seltenheitswert. Steinbachs Sören Eismann versuchte es vergeblich per Direktabnahme (52.), ehe Noah Michel nach einer Kopfballvorlage Kevin Nennhubers seinen Meister in Paterok fand (57.). „Vor dem Tor müssen wir eiskalt werden, da fasse ich mir an die eigene Nase“, übte Michel im Nachgang Selbstkritik. Am Ende fehlte den Gießenern die Durchschlagskraft, um das durchaus mögliche Unentschieden zu holen. Die Gäste verteidigten konzentriert, konnten im Vorwärtsgang allerdings nicht überzeugen.

Steinbachs Innenverteidiger Kirchhoff sprach von „einem dreckigen Sieg. Das war harte Arbeit heute. Gießen hat es gut gemacht. Wenn man die klaren Torchancen nimmt, hätte es auch 3:3 oder 4:4 ausgehen können. Wir hatten jetzt mit Gießen und davor Alzenau zwei Aufsteiger, das ist immer schwierig, weil die noch voller Euphorie stecken. Gegen Saarbrücken und auch Mainz hat man gesehen, wie stark wir spielen können. Da müssen wir gegen Ulm wieder hinkommen.“ Für Gießen gilt seit dem Homburg-Match am zweiten Spieltag die Devise: Verbesserungen Schritt für Schritt. Insofern geht es vor dem Auswärtsspiel beim punktlosen Mitaufsteiger RW Koblenz am Samstag weiter aufwärts. Noah Michel: „Darauf können wir aufbauen. Das war spielerisch wieder eine Steigerung, nur vorne müssen wir noch entschlossener werden. Von draußen konnte jeder erkennen, dass wir unbedingt wollten.“



Aufrufe: 013.8.2019, 23:00 Uhr
Thomas Suer (Gießener Anzeiger)Autor