2024-05-10T08:19:16.237Z

Ligabericht
...und mit Gerber auch schon mit kritischem Blick auf einer Wellenlänge.	Foto: Wißner
...und mit Gerber auch schon mit kritischem Blick auf einer Wellenlänge. Foto: Wißner

Sportliche Leitung mit viel Erfahrung

RL SÜDWEST: +++ Franz Gerber, Ex-Bundesligaprofi und -Trainer, heuert beim FC Gießen an / „Ich sehe in der Region großes Potenzial“ +++

giessen. Franz Gerber heißt der neue Sportliche Leiter des Fußball-Regionalligisten FC Gießen. Ein Name, der in Fußballerkreisen durchaus Renommee besitzt. Gerber hat ehedem in den 1970er und 1980er Jahren als Profi in der 1. und 2. Bundesliga gespielt, war für den FC Bayern München, den Wuppertaler SV, 1860 München, insbesondere aber für Hannover 96 und den FC St. Pauli am Ball, den beiden Clubs, für die er Ende der 90er und Anfang der 2000er-Jahre auch als Trainer und Funktionär tätig war.

Franz Gerber, der in dem voll besetzten Konferenzraum in der Lindener Geschäftsstelle vorgestellt wurde, bringt „viel Know-how und fußballerische Fachkompetenz mit“, sagte FC-Geschäftsführer Jörg Fischer zu der Personalie, um die es in den vergangenen Tagen einige Gerüchte und Spekulationen gab.

„Das ist es, was wir auch wollen. Nachdem klar war, dass wir den Aufstieg schaffen würden, war es für uns sehr wichtig, die Erfahrungen des 1. Jahres der Regionalliga aufzuarbeiten“ – und, so könnte man anfügen –, die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Die richtigen Schlüsse aus Sicht der FC-Macher sind, sich breiter aufzustellen und ein größeres Know-how, sportlich als auch wirtschaftlich, zu erreichen. Franz Gerber ist da ein wesentlicher Baustein, zugleich sei „in naher Zukunft angedacht, eine Ausgliederung des Spielbetriebs in eine neue Gesellschaft vorzunehmen“. Auch das sei wesentlich, um weitere „professionelle Strukturen und Vermarktungsmöglichkeiten zu schaffen.“

Dass Harald Gärtner, um den es zuletzt auch einige Gerüchte gab, einen nicht unwesentlichen Anteil an der Entwicklung hat, dürfte sicher sein, denn er hat gemeinsam mit dem 65-Jährigen in Hannover, aber auch beim FC St. Pauli gearbeitet. Den im März beim FC Ingolstadt geschassten Gärtner und Gerber verbindet eine langjährige Freundschaft. So hat Franz Gerber, dessen Sohn Fabian unter anderem zu Zeiten Jürgen Klopps beim FSV Mainz 05 aktiv war, für eines der letzten großen Highlights in Fußball-Gießen gesorgt, als er 2006 dank seiner Kontakte Borussia Dortmund zu einem Freundschaftspiel ins Waldstadion lockte. „Es ist keine Floskel, wenn ich sage, dass Gießen schon öfter bewiesen hat, welch großes Potenzial es im fußballerischen Bereich hier in dieser Region gibt“, sagt Gerber auf die Frage zur Motivation, die ihn antreibt. Immerhin war der Fußballfachmann, der nach seinem Engagement beim SSV Jahn Regensburg 2012 eine sportliche Auszeit genommen hatte und in der Baubranche in Österreich aktiv war, „immer davon überzeugt, wieder in den Fußball zurückzukehren, das war und ist Teil meines Lebens.“ Da seien die Gespräche mit dem FC Gießen („es gab noch einige andere Interessenten“) zum richtigen Zeitpunkt gekommen. „Ich freue mich auf die Aufgabe. Ich denke, dass das Potenzial hier sehr gut ist, dass man gemeinsam mit der Führung und dem Trainer einiges erreichen kann. Natürlich braucht man dafür in der sehr schwierigen Regionalliga Südwest auch eine schlagkräftige Mannschaft.“ Dabei setzt Gerber, der (noch) in München wohnt und mit deutlich bayerischem Akzent einen tonalen Farbtupfer bietet, auch auf „das Publikum und die heimische Wirtschaft.“ Franz Gerber sieht sich als Sportlicher Leiter mit den Zielen der Vereinsführung erst einmal auf einer Linie, denn „das Hauptaugenmerk kann derzeit nur sein, sich in der Klasse zu etablieren, dann in kleinen Schritten in der Regionalliga weiterzukommen und dann kann man weiter schauen.“

Einig ist sich der erfahrene Ex-Profi auch, der mit Trainer Daniyel Cimen aufgrund dessen Urlaub bis dato nur telefonisch Kontakt hatte, mit den Offiziellen, dass es „noch einige echte Verstärkungen braucht, einige gestandene Regionalligaspieler“, um die Ziele zu erreichen. „Wir sind da schon ein wenig spät dran, aber sicher nicht zu spät und ich habe auch schon erste Kontakte geknüpft“, ergänzt Gerber, der von München nach Gießen ziehen wird. „Das ist ja unbedingt notwendig, um nah dran zu sein, beim Training und im Stadion vor Ort in die Atmosphäre reinzuspüren und immer auf dem aktuellsten Stand zu sein.“

Hochachtung hat der Münchner, der ehedem Zweitliga-Torschützenkönig für den FC St. Pauli war, vor „dem, was hier dank der Initiative der Verantwortlichen mit dem neuen Verein bereits erreicht wurde“. Da zählt Gerber auf Nachfrage auch das Stadion dazu, wobei „man dort schon noch das ein oder andere bewegen kann.“ Gerber: „Es gehört schon die ein oder andere Tribüne her, um das Bild für die Regionalliga abzurunden.“ Und gibt sich augenzwinkernd sehr optimistisch, schließlich habe fast jeder Verein. für den er tätig war, auch ein neues Stadion bekommen. Ob TuS Celle, der FC St. Pauli mit dem neuen Millerntor oder auch Jahn Regensburg. „Wenn mir das Glück hold bleibt und der Erfolg kommt, bewegt sich was in Sachen Stadion.“

Und auch als Scout war Gerber durchaus erfolgreich, worauf er nicht ohne Stolz hinweist. Otto Addo, Altin Lala, Sebastian Kehl, Gerald Asamoah oder Fabian Ernst nennt er als Beispiele, die er dank geschulten Auges und seines Sachverstandes höheren Fußballweihen anempfahl.

Nun kommt die neue Herausforderung in Mittelhessen. „Es war mir immer klar, wenn ein Verein kommt, wo die ganzen Umstände passen, werde ich wieder einsteigen. Der Fußball hat mein ganzes Leben bestimmt. Das ist schon meine Leidenschaft.“ Die wird er spätestens ab heute in den Dienst des FC Gießen stellen. Der Vertrag „läuft längerfristig, aber nur für die Regionalliga.“ Heißt es. Und 3. Liga? Gerber lacht. „Da reden wir dann drüber.



Zur Person Franz Gerber

Franz Gerber (geb- 27. November 1953) war in der Jugend als Fußballer beim TSV Eching und viele Jahre beim FC Bayern München aktiv, für den er 1971 auch eine Bundesligapartie bestritt. Weitere Stationen des gelernten Stürmers waren der FC St. Pauli, für den er insgesamt dreimal spielte, der Wuppertaler SV, 1860 München und Hannover 96. Zudem zog es den gebürtigen Münchner Anfang der 1980er-Jahre in die US-Profiliga, wo er für drei Clubs spielte. Als Trainer, Manager, Sportlicher Leiter und Scout blieb Gerber, dessen Sohn Fabian (39) ebenfalls Bundesligaprofi war, dem Fußball stets verbunden.

Aufrufe: 012.6.2019, 08:00 Uhr
Rüdiger Dittrich (Gießener Anzeiger)Autor