2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligavorschau
– Foto: Thies Meyer

»Kein Bock mehr auf Tests«

RL SÜDWEST: +++ Mittelhessen-Derby zwischen Steinbach und Gießen beendet Regionalliga-Pause +++

Haiger. „Die Jungs haben Feuer, wir sind bereit.“ Adrian Alipour ist mit jeder Silbe anzumerken, dass er raus will, raus auf den grünen Naturrasen am Haarwasen und weg vom Trainingsplatz auf künstlichem Geläuf.

Entsprechend not amused war der Trainer des Fußball-Regionalligisten TSV Steinbach Haiger auch über die Absage des ursprünglichen Restrundenauftakts am vergangenen Samstag bei Bayern Alzenau. „Das war ein Rückschlag für uns. Das Wetter war perfekt, und wir waren heiß. Keine Ahnung wieso die Partie abgesagt wurde, wir hätten gerne gespielt.“ Das Warten hat nun endlich ein Ende. Und bietet zudem gleich einen echten Leckerbissen für die heimische Region: Wenn am Samstag um 14 Uhr der Ball endlich rollt, gastiert der FC Gießen zum Mittelhessen-Derby am Haarwasen. „Das ist ein Prestigeduell und hat einen hohen Stellenwert für uns“, so Alipour.

Dabei könnten die Umstände und Voraussetzungen kaum unterschiedlicher sein. Auf der einen Seite die Steinbacher, die in der Vorbereitung in fünf Spielen nur eine Niederlage gegen den Hessenligisten Eintracht Stadtallendorf kassierten, ansonsten mit Oberhausen, der U 23 der Düsseldorfer Fortuna sowie des 1. FC Köln reihenweise West-Regionalligisten bezwangen und sich mit Flügelflitzer Florian Bichler (RW Essen) noch mehr Offensivpower in den Kader geholt haben. „Für die Jahreszeit hatten wir top Wetter, einen super Kunstrasen in Fellerdilln und dazu ein achttägiges Trainingslager in der Türkei unter besten Bedingungen“, so Alipour. Dazu der momentane dritte Tabellenplatz in Schlagdistanz zu Elversberg und Spitzenreiter Saarbrücken. „Wir haben natürlich überall noch Luft nach oben, vor allem im Bereich der Chancenverwertung, woran wir insbesondere in dieser Woche noch mal intensiv gearbeitet haben. Das müssen wir jetzt im Wettkampf auf den Platz transportieren.“

Auf der anderen Seite der FC Gießen mit Trainer Daniyel Cimen. Von den äußeren Umständen ganz zu schweigen, hat der FCG doch seit Monaten mit Unruhen durch finanzielle Probleme zu kämpfen, lief auch die Vorbreitung nicht unbedingt optimal. Ein Trainingslager in der Sonne? Gab es nicht. Die Trainingsbedingungen in und um Gießen? Ausbaufähig. „Leider ist der Kunstrasen in Watzenborn-Steinberg sehr schlecht. Dafür konnten wir an der Millerhall und in Lich trainieren“, so Cimen, der sich aber „mehr Einheiten und auch Tests auf Rasen“ gewünscht hätte.

Die Spiele auf dem künstlichen Geläuf liefen dabei keineswegs rund. Gegen die Mitkonkurrenten Elversberg und Alzenau kassierte der FCG satte 13 Gegentore. Auch die Generalprobe gegen Bayern-Regionalligist Aschaffenburg am Dienstagabend ging schief. „Da waren einige individuelle Fehler und Unkonzentriertheiten dabei, die ich auf die Müdigkeit der Jungs zurückführe“, so Cimen, der aber betont: „Wir konnten unser Programm durchziehen.“ Das bestand vor allem aus dem Punkt „Chancen kreieren“, worunter allerdings die Balance zwischen Offensive und Defensive gelitten habe. An dieser soll bis zum Samstag noch gefeilt werden, schließlich wartet mit dem TSV ein für sein extremes Pressing und Tempospiel bekannter Gegner.

Doch Cimen lässt sich von der in mehrfacher Hinsicht schwierigen Situation nicht unterkriegen. „Ich bin nicht der Typ, der einfach wegläuft. Ich stehe in gutem Kontakt zu den Verantwortlichen und habe nie das Gefühl gehabt, dass hier alles komplett abstürzt“, gibt sich der Ex-Eintracht-Profi kämpferisch. „Wir haben bereits am Ende der Hinrunde eine Trotzreaktion auf dem Rasen gezeigt und werden das weiterhin tun.“ Diesen Weg nicht mehr mitgehen werden Innenverteidiger Kevin Nennhuber (zu Hessen Kassel) und der quirlige Offensivmann Noah Michel (TG Friedberg). „Alle, die jetzt noch da sind, nehmen diese Herausforderung zu 100 Prozent an.“

Umbaumaßnahmen in der Innenverteidigung des TSV

Für das Derby aber muss aber vor allem Alipour im Abwehrzentrum kräftig puzzeln. Vize-Kapitän Benjamin Kirchhoff sitzt seine fünfte Gelbe Karte ab, Nebenmann David Al-Azzawe ist noch rotgesperrt, Kapitän Nico Herzig „kann theoretisch spielen, ist aber eher keine Option“, so der Coach. Michael Schüler ist ebenfalls noch angeschlagen. „Wir können das aber kompensieren“, so Alipour, der sich jedoch in puncto endgültiger Aufstellung nicht in die Karten schauen lassen will. Sein Gegenüber Daniyel Cimen muss Defensivmann Nico Rinderknecht (Haarriss am Knöchel) und Stoßstürmer Dimitrios Ferfelis (Schultereckgelenkssprengung) ersetzen.

Wenn aber am Samstag um 14 Uhr mit dem Anpfiff die Restrunde eingeleitet wird, sind Spieler wie Trainer im mentalen Tunnel und alle Nebengeräusche ausgeblendet: Adrian Alipour ist bereit dafür: „Ich habe keinen Bock mehr auf Testspiele. Die Jungs sind im Kopf und den Beinen frisch, es kann losgehen.“



Aufrufe: 019.2.2020, 21:02 Uhr
Tim Georg (Dill-Post / Dill Zeitung / Gießener AnzAutor