2024-04-25T08:06:26.759Z

Ligabericht
Will wieder mehr den Gesamtverein in den Blick nehmen – und Kosten optimieren und minimieren: Turgay Schmidt.	Foto: PeB
Will wieder mehr den Gesamtverein in den Blick nehmen – und Kosten optimieren und minimieren: Turgay Schmidt. Foto: PeB

Jugendarbeit im Fokus, »Mannschaft ist zu halten«

RL SÜDWEST: +++ Turgay Schmidt, Notvorstand des FC Gießen, lädt zur Pressekonferenz und verbreitet Zuversicht +++

GIESSEN. Endlich mal wieder ein bisschen was los im verwaisten VIP-Zelt im Gießener Waldstadion. Turgay Schmidt, von Gerichts wegen eingesetzter Notvorstand des FC Gießen, hatte zu einer Pressekonferenz geladen, um nach nunmehr fünfwöchiger Tätigkeit eine erste Bilanz zu ziehen und vor allem zu verdeutlichen, was seine Anliegen und Ziele für und mit dem Verein sind.

Vier Tage nachdem der Gießener Rechtsanwalt darauf hinwirkte, dass sämtliche Belange der Regionalliga-Mannschaft wieder in Vereins- und also Vorstandshände zurückkehren, und damit die Trennung von der Sponsoren GmbH „FCG Offensive“ vollzogen wurde, hatte Schmidt eine gute Nachricht zu verkünden: „Was die in der Öffentlichkeit herumgeisternden Zahlen der Altlasten angeht, bin ich mit allen beteiligten Personen in guten Gesprächen und kann sagen, dass alle Probleme mittelfristig gelöst werden können.“ Dabei verwies der Pohlheimer darauf, dass „sich noch in diesem Jahr 70 bis 80 Prozent der Forderungen erledigen werden.“ Auf die Frage, ob er sagen könne, dass es mit der Regionalliga-Mannschaft weitergehe, antwortete Turgay Schmidt eindeutig: „Ja, die Regionalliga-Mannschaft ist zu halten.“ Das waren sicher die wichtigsten Botschaften, die Schmidt vor einigen geladenen Gästen zu verkünden hatte, u.a. war auch Trainer Daniyel Cimen vor Ort.

Schmidts eigentliches Anliegen nach viel Kärrnerarbeit – „wenn Sie wissen wollen, mit was wir es zu tun haben: Ich habe etwa 80 Leitzordner und 1000 Seiten online mit meinem Team zu durchforsten“ – war auch, seine langfristige Strategie darzulegen. So sei er „in einem sehr bewussten Schritt auf die Jugend zugegangen, die in den letzten Monaten, wenn nicht Jahren doch sehr vernachlässigt“ worden sei. Turgay Schmidt, selbst im Mädchen- und Frauenfußball mit dem FFC Pohlheim eine gute Adresse, legt nach eigener Aussage größten Wert darauf, „die gesamten Vereinsstrukturen im Blick zu behalten.“ Dazu gehöre, die traditionell gute Jugendarbeit fortzusetzen, aber auch die 2. Mannschaft wieder aufzubauen und den Klassenerhalt zu schaffen. Bei der Verbandsliga-Truppe hatte Schmidt bekanntermaßen Benni Höfer bereits als neuen Coach installiert, im Juniorenbereich hatte er nun am Samstag einen „alten Bekannten“ im Gepäck.

So soll ab sofort Robert Majcen als Jugendkoordinator den Jugendleiter Martin Selmo unterstützen. Der derzeit als Nachwuchsscout beim FSV Mainz 05 tätige Majcen verfügt als Jugendtrainer und -koordinator, u.a. bei der TSG Wieseck , über reichhaltige Erfahrung, kennt die mittelhessischen Gefilde aus dem Eff-Eff.

Jugend, 2. Mannschaft, Regionalliga – Turgay Schmidt vermittelte, dass die Verknüpfung dieser Strukturen für ihn wesentlich seien, um „dauerhaft etwas aufzubauen.“ Dass ihm das („ich bin ja vom Gericht eingesetzt, komme als Externer und kann sozusagen von draußen drauf gucken“) in Zeiten der „FCG Offensive GmbH“ zu kurz gekommen sei, daraus macht er keinen Hehl.

„Aber ich weiß auch, dass da nur im besten Sinne und mit viel Einsatz für den Fortbestand der Regionalliga-Mannschaft gearbeitet wurde“, so Schmidt, der das Handtuch keinesfalls zerschnitten sieht: „Ich hatte sogar das Gefühl, dass der ein oder andere erleichtert war“, so Schmidt auf Nachfrage, ob man nach der Sitzung vom Dienstag, sich noch auf „Augenhöhe begegnen könne. Auch das via Pressemitteilung von Markus Haupt und dessen Mitstreitern unterbreitete Angebot, den FC Gießen weiterhin unterstützen zu wollen, „werden wir selbstverständlich gerne annehmen.“ Wenn also Turgay Schmidt zuvor sagte, es sei besser, einen klaren Schnitt mit neuem Personal anzustreben, so war das offenbar in erster Linie auf den alten Vorstand und die ehemals Verantwortlichen Jörg und Dominik Fischer und Alexander Schmandt bezogen.

Genauso überrascht, wie die meisten Beobachter, zeigt sich der Notvorstand von der Entwicklung in der Regionalliga Südwest, die „nach allem, was wir gehört haben“ nun doch weiterspielen soll, auch wenn die offizielle Bestätigung noch aussteht. Schmidt machte aus seinem Herzen keine Mördergrube: „Es wäre sicher für unsere Arbeit einfacher gewesen, wenn die Regionalliga erst später wieder anfangen würde“, sagte er, auch bezogen auf die Möglichkeit, die Akteure in Kurzarbeit zu schicken und in der Übergangsphase Kosten zu sparen. Denn bei aller Zuversicht: „Kostenminimierung und Kostenoptimierung“ waren die Schlagwörter, die Schmidt in der knappen Stunde mehrfach erwähnte. Daniyel Cimen war im Übrigen auch verblüfft, dass es weitergehen soll. „Aber ich habe immer gesagt, wir nehmen es, wie es kommt. Die Jungs sind heiß“, so der FC-Trainer, der auch wusste, dass die Regionalliga ab jetzt mit einem Labor zusammenarbeite. „Jeder Spieler wird einen Tag vor dem Spiel getestet“, sagt Cimen. Doch vor dem Test geht‘s erst ins Training. Startschuss: Dienstag.

Aufrufe: 029.11.2020, 14:30 Uhr
Rüdiger Dittrich (Gießener Anzeiger)Autor