2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligabericht
– Foto: Christian Diebel

Erster Heimsieg seit dem 11. Mai

RL SÜDWEST: +++ FC Gießen erkämpft sich nach 1:2-Rückstand noch mit etwas Glück 4:2-Erfolg / Matchwinner Cem Kara +++

Gießen. Eigentlich wollte der Kapitän nicht so recht. Im Spielerkreis wurde er dann aber doch in die Mitte beordert. Und dann wurde gesungen: „Happy birthday, lieber Vasi!“ Vasi, das ist beim FC Gießen der Spitzname von Vaclav Koutny, dem ehrgeizigen Abwehrmann und nimmermüden Antreiber. Der nun 28-Jährige hatte tags zuvor Geburtstag gehabt. Der Kreis um Koutny herum war an diesem Nachmittag aber auch ein Siegerkreis. Völlig ausgelassenen und Freude trunkene Gießener? Das hatte es im Waldstadion lange nicht mehr gegeben: Der letzte Heimsieg datierte noch aus der Hessenliga vom 11. Mai – bis Samstag. Im sechsten Anlauf vor eigenem Publikum platzte gegen die U23 der TSG Hoffenheim endlich der Knoten. Nachdem Timo Cecen per Elfmeter das erste Heimtor dieser Runde zum 1:0 erzielt hatte, wendeten die Gießener am zwölften Spieltag der Regionalliga Südwest einen zwischenzeitlichen 1:2-Rückstand durch den Treffer von Marco Koch und vor allem dank des Doppelpacks von Joker Cem Kara in einen 4:2 (1:1)-Sieg.

Ausgerechnet Kara, der in der Aufstiegssaison mit 29 Torbeteiligungen geglänzt hatte und seit dem Sommer auch aufgrund von Verletzungspech und Blessuren nur selten über die Rolle des Einwechselspielers hinausgekommen war. „Das ist ein sensationell schönes Gefühl, es freut mich für die Mannschaft sehr, dass wir zu Hause gewinnen konnten. Der Trainer hat mir letzte Woche gesagt, dass ich gut trainiere, wieder da bin und meine Einsatzzeiten bekommen werde. Ich denke, ich habe es ihm zurückgezahlt“, meinte der Matchwinner nach dem Abpfiff.

Vor 1020 Zuschauer fand die Elf von Trainer Daniyel Cimen stark in die Partie. Sie attackierte die talentierte Bundesliga-Nachwuchsschmiede früh, generierte viele Ballgewinne und kombinierte ansehnlich nach vorne. „Wir sind super reingekommen, wollten Hoffenheim hoch pressen und ihnen nicht den Raum und die Zeit geben, weil sie spielerisch eine enorme Qualität haben“, war Cimen mit dem Auftakt dementsprechend hochzufrieden. In der 12. Minute ließ Robin Szarka das Bein stehen und legte Noah Michel. Timo Cecen verwandelte den fälligen Elfmeter sicher zum 1:0. Im weiteren Verlauf der ersten Halbzeit gelang es den Hausherren aber nicht wie zuvor, das Aufbauspiel der technisch versierten Gäste im Keim zu ersticken. Die TSG hatte nun längere Ballbesitzphasen, ohne sich dabei jedoch Großchancen zu erarbeiten, zumal die Gießener Defensiv stabil wirkte. Dass es zum Seitenwechsel 1:1 stand, lag zum einen daran, dass Nico Rinderknecht und Noah Michel in der 44. Minute durch ein Missverständnis den gerade eroberten Ball wieder verloren. Und zum anderen daran, dass die Flanke von Szarka nicht bereinigt werden konnte, Jan Ferdinand lochte ein.

Im zweiten Abschnitt zeigte der FCG einen großen Kampf, hatte in einigen Szenen aber auch eine gehörige Portion Glück, dass lediglich das 1:2 durch Andreas Ludwig auf Flanke von Szarka fiel (54.). Fünf Heimspiele überhaupt nicht getroffen, nun hinten liegend und unter immensem Druck der Kraichgauer – eigentlich sprach vieles gegen den FCG. Die Hoffenheimer rissen mit ihrem Tempofußball ein ums andere Mal Lücken in den Defensivverbund der Gießener, deren überragender Schlussmann Frederic Löhe zu einigen Glanztaten gezwungen wurde. Der 31-Jährige entschärfte den Freistoß Ludwigs (53.) und in Handballtorhüter-Manier den Kopfstoß Tim Linsbichlers (62.). Zudem rettete er gegen Chinedu Ekene (75.). Und als Löhe geschlagen war, half beim Kopfball Ludwigs (65.) und bei der Direktabnahme von Rui Monteiro-Mendes (85.) zweimal das Aluminium.

„Wir hatten keinen Zugriff, da hat Hoffenheim dominiert. Umso sicherer sie werden, desto schwieriger sind sie zu packen. Das Glück hat uns mit dem 3:2 auf die Siegerstraße gebracht“, so Cimen, dessen Truppe sich ihrerseits durch eine gnadenlose Effektivität auszeichnete. „Die brauchst du in dieser Liga. Es dominiert selten eine Mannschaft über 90 Minuten. In den eigenen guten Phasen müssen die Tore fallen“, erklärte Gießens Coach. Mitten in die Überlegenheit der Gäste hinein setzte der sich energisch im Zweikampf behauptende Jake Hirst die Kugel an den Pfosten, den Abpraller verwertete Marco Koch zum 2:2 (60.). Es folgte die Einwechslung Karas für Hirst. Cimen: „Wir haben uns nicht getraut, aber die Kontermöglichkeiten mit der nötigen Tiefe und Schussmöglichkeiten waren da. Das sind Attribute, die auf Cem passen. Für ihn freue ich mich enorm, denn er hat bis jetzt eine durchwachsene Saison.“

Karas hatte seinen ersten großen Auftritt in der 79. Minute: Bei einer Konter im Zwei-gegen-Zwei bediente ihn Marco Koch, wobei Kara mit Fortuna im Bunde war, dass Ilay Elmkies wegrutschte. „Ich habe abgewartet, wie der Torwart sich bewegt und habe ihn zum richtigen Zeitpunkt links reingeschossen. Das Timing war gut“, beschrieb der 24-Jährige, wie er Stefan Drljaca überwandt. Als Sahnestück erwies sich das entscheidende 4:2. Kara spielte mit dem klasse aufgelegten Cecen einen doppelten Doppelpass und machte den Sack zu (88.). „Wie in Mainz und Alzenau haben wir einen Rückstand gedreht. Die Mannschaft ist gefestigt und wächst weiter zusammen. Solche Siege nehmen wir gerne mit, allerdings werden wir das genau analysieren, denn so wird es gegen spielerisch starke Teams schwierig“, nannte Daniyel Cimen abschließend bei aller berechtigten Zufriedenheit auch die offenbarten Defizite.



Aufrufe: 06.10.2019, 20:10 Uhr
Gießener AnzeigerAutor