2024-05-10T08:19:16.237Z

WM 2014

Überragendes Kolumbien

Mombacher Diego Uhlig kommt aktuell aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Mainz. „Überragend“, sagt Diego Uhlig immer wieder, „überragend, was die momentan leisten.“ Vor 13 Jahren kam der 30-Jährige aus Kolumbien nach Deutschland, und zurzeit kommt er aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Denn die Art und Weise, wie die „Cafeteros“ durch ihre WM-Vorrundengruppe marschiert sind, kann man nur als spektakulär bezeichnen – oder, wahlweise, als „überragend“. 3:0 gegen Griechenland, 2:1 gegen die Elfenbeinküste, 4:1 gegen Japan, macht die maximale Punktausbeute und, nach den Niederlanden, die zweitbeste Torbilanz aller WM-Teilnehmer. „Nach 16 Jahren sind wir wieder bei einer WM, und dann so eine Leistung – überragend“, jubelt Uhlig. Recht hat er.

Diego Armando Uhlig lautet der komplette Name des Mittelfeldspielers von Fußball-Verbandsligist Fortuna Mombach, doch anders als Namens-Inspirator Maradona ist der 30-Jährige auf dem Feld eher für die Defensive zuständig. An der kolumbianischen Nationalmannschaft beeindruckt ihn indes die spielerische Leistung. Vor allem von James Rodriguez, 22-jähriger Shooting-Star der Kolumbianer bei diesem Turnier, ist Uhlig beeindruckt. „Als er zur Halbzeit gegen Japan eingewechselt wurde, war es sofort ein ganz anderer Fußball“, erklärt der Mombacher, „vorher war es auch schon gut, aber mit James war es richtig schön.“ Und wie geht es nun weiter? „Kolumbien ist eigentlich stärker als Uruguay“, sagt Uhlig, „und es ist besser, gegen Uruguay zu spielen als gegen Italien. Da wäre mehr Nervosität dabei.“ Im Viertelfinale ginge es dann gegen Chile oder Brasilien. „Das wird ein bisschen eng“, fürchtet Uhlig, „aber ich hoffe auf's Finale. Es ist ja eine WM der Überraschungen.“

Die Spiele der Kolumbianer schaut Diego Uhlig gern in großer Runde, mal in einer Kneipe in Frankfurt, mal in Mainz unter freiem Himmel. Hauptsache, möglichst viele Freunde sind dabei. Das Achtelfinale soll in einem Lokal in Wiesbaden angeschaut werden, „da werden bestimmt 100 Kolumbianer sein“, freut sich Uhlig. So verbunden er seiner Heimat ist, so sehr genießt er es, in Deutschland zu sein. Direkt nach der Jahrtausendwende kam seine Familie schrittweise nach Mainz. Die Eingewöhnung, gibt Uhlig zu, fiel ihm schwer. „Am Anfang hatte ich null Power“, erinnert er sich, „die Leute waren so kalt, die Freundlichkeit unter den Nachbarn war ganz anders als in Kolumbien.“ Doch mit der Sprache und der Gewöhnung an das deutsche Alltagsleben akklimatisierte er sich immer besser. 2002 heiratete er in Kolumbien, inzwischen liebt er es, mit Frau und Kindern in Mainz zu leben.

„Man fühlt sich in Deutschland wie ein König“, erzählt er. Seine Heimatstadt in Kolumbien liegt in der „roten Zone“. „Kolumbien ist gefährlich“, berichtet er, „das Land ist in einer sehr schwierigen Zeit. Korruption, Mafia, die Guerilla, keine gute Schulbildung, jeden Tag Bomben. Vor zwei Jahren war ich in Kolumbien im Urlaub. Nach zwei Wochen willst du wieder zurück, denn man hat Angst, fühlt sich nie frei.“ Hier in Mainz „hat man nie Angst, schläft ruhig, es ist top“. Nur sein Fahrrad wurde ihm kürzlich geklaut. Als Uhlig das erzählt, muss er herzlich lachen.

Aufrufe: 028.6.2014, 12:30 Uhr
Torben SchröderAutor