2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview der Woche
Do or die: Jörg Cevirmeci über die angespannte Situation bei Fortuna Mombach am letzten Spieltag.
Do or die: Jörg Cevirmeci über die angespannte Situation bei Fortuna Mombach am letzten Spieltag.

"Es könnte einfacher sein"

Jörg Cevirmeci von Fortuna Mombach über die Konstellation am letzten Spieltag +++ Komplett chaotische Saison geht dem Ende entgegen +++ Gegen künftigen Meister fehlt der Kapitän

Mainz. Wenn es ganz schlecht läuft, könnte Fußball-Verbandsligist Fortuna Mombach am Sonntag seine Chance auf den Klassenerhalt verspielen, auch wenn ein Sieg gegen Spitzenreiter FK Pirmasens II gelingt. Denn der Konkurrent um den sicheren fünftletzten Platz, die SG Rieschweiler, hat vor ihrem Auftritt beim FSV Offenbach zwei Punkte mehr auf dem Konto. Wenn um 15 Uhr angepfiffen wird, muss Kapitän Jörg Cevirmeci (32) aufgrund eines im Training erlittenen Rippenbruchs zuschauen. Im Interview der Woche spricht der Abwehrspieler über die besondere Extra-Motivation im Abstiegskampf, pfälzische Fußball-Solidarität, den Traum von einem letzten Oberliga-Jahr, eine komplett chaotische Saison sowie aktuelle und ehemalige Mitspieler – und nimmt dabei wahrlich kein Blatt vor den Mund.

Jörg, Pirmasens II braucht bei euch noch einen Punkt, um die Meisterschaft und den direkten Aufstieg einzufahren. Und Ihr braucht einen Sieg, um Rieschweiler noch überholen zu können und sicher drinzubleiben. Spannende Vorzeichen...

Es könnte einfacher sein. Aber wir haben uns das selbst zuzuschreiben, dass wir uns in dieser Situation befinden. Wir haben es nicht geschafft, den Hebel umzulegen. Jetzt haben wir noch mal ein Highlight, immerhin. Und das Spiel wird ja auch interessant für unseren Nachbarn Waldalgesheim...

wo Du ja sieben Jahre gespielt hast. Wäre es eine Extra-Motivation, Deinem Ex-Klub zum direkten Aufstieg zu verhelfen?

Naja, da würde ich mich gern zurückhalten. Natürlich verbindet mich mit Waldalgesheim sehr viel Positives, aber wir sind leider mit einem sehr negativen Geschmack auseinander gegangen. Ich weiß, wie die Situation war, und habe nie etwas in der Zeitung darüber gesagt, das hat ein Sportsmann nicht nötig.

Damals André Weingärtner, jetzt Thomas Eberhardt, das sind wohl die beiden größten Polarisierer im rheinhessischen Vereinsfußball. Du hast ein Händchen für prägnante Trainer-Typen...

Thomas kenne ich, seit ich zwölf war, wir haben zusammen bei Mainz 05 gespielt. Klar, er ist jemand, der gerne polarisiert, aber er hat immer Respekt mir gegenüber gezeigt, wir hatten nie ein Problem. Zu dem anderen Polarisierer möchte ich nichts sagen. Für uns muss am Sonntag Motivation genug sein, uns ordentlich aus der Saison zu verabschieden. Auch die Spieler, die gehen, sollten die Motivation haben, zu zeigen, dass die Wochen und Monate zuletzt nur eine Schwächephase waren und sie eigentlich viel besser sind.

Rieschweiler spielt am letzten Spieltag in Offenbach. Wie groß ist die Hoffnung auf Schützenhilfe, nachdem Euer Konkurrent am Mittwochabend schon den Dritten FV Dudenhofen 3:2 schlug?

Ich finde es in dieser Saisonphase immer bemerkenswert, dass die umliegenden Vereine offenbar ein besseres Verhältnis zueinander haben als die Vereine hier und sich auch mal den einen oder anderen Punkt zuschieben, auch um kürzere Auswärtsfahrten zu haben. Bei uns hier ist eher das Prestige wichtig, sodass man mehr gegeneinander als füreinander arbeitet.

In der Tat, die Ergebnisse saarländischer oder pfälzischer Duelle sind zum Saisonende hin recht einfach zu tippen...

Das ist ja kein Geheimnis. Diese Beobachtung macht man, aber bei uns wird es – warum auch immer – eben nicht so gehandhabt. Wenn ich Trainer wäre, würde ich versuchen es anders zu machen.

Du bist vermutlich eher mit dem Ziel, Oberliga zu spielen, hierher gewechselt, als gegen den Abstieg.

Absolut. Klar kam ich, weil ich die Ambition hatte, noch einmal ein Jahr Oberliga zu spielen. Leider ist daraus nichts geworden. Es gab so viele Gründe, dass wir keine Wende zum Positiven geschafft haben. Die Qualität ist da, aber es war einfach zu viel Unruhe drin.

Von den Spielern, die letzte Saison in der Aufstiegsrunde am Ball war, sind nach aktuellem Stand nächste Saison nur noch Jens Eberhardt und Krystian Borowski übrig, und noch nicht jeder Neuzugang hat komplett überzeugt. Ist die Oberliga denn nach dieser Saison in absehbarer Zeit überhaupt noch denkbar, selbst wenn Ihr den Klassenerhalt schafft?

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wer kommt, jetzt liegt der Fokus erst einmal auf dem Klassenerhalt. Dann geht es darum, eine schlagkräftige Truppe aufzustellen.

Mit Dir?

Ich habe zugesagt...

das hat dieser Tage in Mombach auch nicht mehr so viel zu bedeuten.

Hab' ich auch gehört. Ich habe bei der Zusage auch gesagt, dass wir erst einmal den Klassenerhalt schaffen sollten. Und dann wurde auch von mir kommuniziert, dass Verstärkungen her müssen.Ich werde dieses Jahr 33, so eine Saison will ich nicht noch einmal erleben. In Ingelheim gab es schon Komplikationen, wo man das Saisonziel nicht erreicht hat, weil man es verpasst hat, einen richtigen Stürmer zu verpflichten. Als ich herkam, war mein Eindruck, dass Thomas einen Kader mit vielen schwierigen Charakteren super im Griff hat und sportlich Erfolg hatte. Damit konnte ich mich identifizieren. Und über drei Jahre lief es auch sehr erfolgreich, leider ist es nun ins Negative gekippt. Aber daran können die jungen Spieler ja wachsen.

Die, die noch da sind, zumindest. Im Winter gab es schon einen radikalen Schnitt, wo einige gestandene Spieler, unter anderem der damalige Kapitän, aussortiert wurden. Dann kamen allerlei Neue, von denen drei kurze Zeit später vor die Tür gesetzt wurden. Dann gingen nachträglich noch welche von Bord. Wann begann dieser Abwärtssog?

Dadurch, dass der ohnehin starke Kader nochmals verstärkt wurde, etwa durch Andy Rudolf, Dennis Kirn und meine Wenigkeit, allesamt oberligaerfahrene Spieler, ist der Druck innerhalb des Vereins immens groß geworden. Das hat etwas Negatives reingebracht. Als wir dann nicht wirklich hervorragend gestartet sind, hingen wir sofort hintendran. Meines Erachtens hätte man dennoch länger die Ruhe bewahren sollen. Eine Saison ist lang. Die Personalwechsel im Winter habe ich in diesem Ausmaß auch noch nicht erlebt. Ich kenne allerdings die Hintergründe nicht, will sie auch gar nicht wissen. Ich persönlich fand es nur schade, dass wir so einen Umbruch gemacht haben, denn wir haben definitiv Qualität verloren. Serkan Akinci, Ljubo Dragun, Marcel Kostadinov, die ersetzt man nicht so leicht. Die Jungs, die dann nach drei, vier Wochen in der Vorbereitung wieder entlassen wurden – was soll ich dazu sagen? Das spricht wohl für sich. Es zieht sich wie ein roter Faden durch die Saison. Wir müssen uns zur neuen Saison komplett neu aufstellen. Es kann ja nur aufwärts gehen.

Was sagst Du zu Spielern wie etwa dem schon genannten, erfahrenen Dennis Kirn, der mitten in der Saison das sinkende Schiff verlässt?

Ich habe zu ihm Kontakt aufgenommen, weil ich ihn lange kenne und sehr gern mag. Ich habe ihm gesagt, das ist von der Art und Weise her nicht korrekt. Man kann ja keinen zwingen, wir betreiben Hobbysport. Aber man kann es anders machen. Das muss aber jeder selbst wissen. Meine Einstellung ist, dass ich dem Verein für die ganze Saison meine Unterstützung zugesagt habe, dann ziehe ich das auch bis zum Ende durch. Aber es passt zur Saison, in der so viele Dinge passiert sind, die nicht passieren sollten. Der Verein weiß sicher auch, dass der ein oder andere Fehler gemacht wurde.

Glaubst Du, dass es beim Abstieg bei der Fortuna überhaupt noch in diesen höheren Regionen weitergeht? Die ältere Jugend und die zweite Mannschaft liegen ja ziemlich brach.

Ich denke, Thomas würde auch beim Abstieg in die Landesliga wieder eine schlagkräftige Truppe aufbauen, um sofort wieder aufzusteigen. Er ist ein sehr engagierter und ehrgeiziger Mensch, der immer 100 Prozent will. Ich denke, er würde einen neuen Anlauf nehmen.

Und Du?

Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Es macht mich erst einmal traurig, dass ich am Sonntag nicht spielen kann, ich habe mir am Montag im Training einen Rippenbruch zugezogen. So eine dumme Aktion, es war ein Kopfballduell, ich hatte einen Ellenbogen drin und der hat gesessen, die achte Rippe war durch. Ich habe keine Luft mehr bekommen, der Krankenwagen kam, jetzt muss ich mich sechs Wochen schonen. Bitter.

Passt zur Saison.

Auf jeden Fall. Aber die Jungs können es ja noch retten. Lange Zeit haben wir gar nicht richtig begriffen, wie eng es noch werden kann, aber jetzt hat es jeder verstanden.

Aufrufe: 021.5.2015, 09:22 Uhr
Torben SchröderAutor