2024-05-10T08:19:16.237Z

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Das Wunder vom Erzgebirge

Aue begleitet Dynamo in die zweite Liga. Das war nach dem Umbruch nicht zu erwarten

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Als der erlösende Schlusspfiff in Köln ertönt, gibt es für die Fans von Erzgebirge Aue kein Halten mehr. Sie stürmen freudetrunken das Spielfeld des Südstadions, begraben die Spieler unter sich. Trainer Pavel Dotschev flüchtet jedoch durch den Spielertunnel: „Ich wollte mal kurz für mich sein, das alles sacken lassen. Ich wollte einfach nur den Moment genießen“, sagt der Bulgare. Durch das 2:0 bei Fortuna Köln stehen die Veilchen als Aufsteiger in die 2. Fußball-Bundesliga fest.

Dotschev hatte Tränen in den Augen und ließ seinen Emotionen freien Lauf. „Das ist der Verdienst des gesamten Vereins, alle haben Vollgas gegeben“, erklärt er. Auf der Pressekonferenz lobt er gerade den Gegner, als seine Spieler hereinstürmen, singen, mit Bier und Sekt spritzen und ihren Aufstiegstrainer hochleben lassen. Aue-Präsident Helge Leonhardt wird sogar auf den Schultern über den Platz getragen. Auch er schämte sich seiner Tränen nicht. „Jetzt ist das Trauma von Heidenheim vor einem Jahr Geschichte. Vielleicht musste alles so kommen. Wir konnten uns neu sammeln und haben Großes erreicht. Wir sind wieder da und bleiben da.“

Es war ein kompletter Neubeginn im vorigen Sommer. Dotchev übernahm einen Trümmerhaufen. Gerade einmal vier Spieler standen bei seinem Amtsantritt unter Vertrag. Davon war einer, Nils Miatke, dauerverletzt. Doch Torhüter Martin Männel, von Leonhardt gern als „Galionsfigur“ des Vereins bezeichnet, hatte im Lößnitztal mit seiner Vertragsverlängerung ein deutliches Zeichen gesetzt. Und nun verlängert sich sein Kontrakt durch den Aufstieg erneut um drei Jahre bis Juni 2019 – das bestätigt Sportdirektor Steffen Ziffert: „Martin gehört einfach ins Erzgebirge.“

Dotchev hat nach dem kompletten Umbruch mit 20 Zu- und Abgängen geduldig wie beharrlich die Mannschaft zu einer verschworenen Einheit geformt und ihr sein fußballerisches Konzept vermittelt. „Er war der Richtige zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort“, betont Präsident Helge Leonhardt. Und auch der frühere Aufstiegscoach Gerd Schädlich meint über seinen Kollegen: „Er passt mit seiner sachlichen und sympathischen Art sehr gut ins Erzgebirge. Wenn ich die Spiele sehe, erkenne ich seine Handschrift.“

Dotchev gibt die Komplimente zurück. „Ich hatte immer super Unterstützung im Präsidium. Ich durfte so arbeiten, wie ich wollte“, sagt der 50-Jährige. Der Trainer etablierte eine bärenstarke Defensive, die in dieser Saison gerade einmal 21 Gegentore kassierte und 24 Pflichtspiele zu null spielte. In der Offensive haperte es dagegen zunächst. Gerade einmal 15 Tore in der Hinrunde waren der schlechteste Wert aller Drittligisten. Zwei Neuzugänge änderten das. Anfang August zauberte der Verein Christian Tiffert aus dem Hut, der zuvor ein Jahr lang nicht professionell Fußball gespielt hatte. Nach dem aufgeholten Trainingsrückstand wurde er zum Fixpunkt im Mittelfeld. Winter-Neuzugang Pascal Köpke erwies sich als Volltreffer: Die Leihgabe vom Karlsruher SC steuerte acht Tore zum Aufstieg bei – jetzt soll der Sohn des Bundestorwarttrainers Andreas Köpke in Aue gehalten werden.

„Aber auch das Umfeld im Verein gibt positive Energie“, erklärt Präsident Leonhardt. Eben diese Stimmung will der Verein jetzt mit in die zweite Liga nehmen. In Aue denkt man darüber nach, weiterhin auf einen Trikotsponsor zu verzichten. Aktuell prangt auf der Brust der Slogan „Kumpelverein“, der zum Markenzeichen und Symbol des FC Erzgebirge und seiner Werte geworden ist.
Aufrufe: 09.5.2016, 08:01 Uhr
SZ / Elisabeth Huther und Fabian HeldAutor