2024-04-24T13:20:38.835Z

Querpass

Sexistischer oder süßer Schnürsenkel - Streich?!

oder: über verheerende Argumentations- Strickfallen...

Es ist nicht allzu lange her, dass Bibiana Steinhaus die Ehre zuteil wurde, als erste weibliche Schiedsrichterin im Oberhaus der Männer antreten zu dürfen. Einen besonderen ersten Härtetest musste sie in der DFB - Pokal-Begegnung zwischen dem Rekordmeister FC Bayern München und dem Chemnitzer FC (ü)be(r)stehen.

Insgesamt war es ein entspanntes Spiel, das sie souverän führte, ohne dass es zu schwierigen oder gar strittigen Situationen gekommen wäre. Im Volksjargon würde man diese Leistung wohlwollend in den Worten subsumieren: sie hat ihren „Mann“ gestanden. Lediglich eine Szene sorgte im Nachgang für Aufregung und erhitzte Gemüter, die die Fußballnation spaltet und gleichzeitig etwas Wichtiges sichtbar macht:

Franck Ribery, der französische Dribbler und Spaßvogel, hatte sich einen kleinen Scherz erlaubt und vor einem Freistoß, den er ausführen wollte, Steinhaus die Schnürsenkel geöffnet. Sie bemerkte diese „unverschämt gute“ Aufmerksamkeit schnell, und hat den Freistoßschützen freundlich in die Seite geknufft, aber trotzdem bestimmt und bestimmend ermahnt. Insgesamt eine sehr harmonische und für den ein oder anderen Zuschauer gewiss auflockernden Szene abseits des Geschehens auf dem Rasen.

Spannend ist, wie unterschiedlich diese „Tat“ von Ribery nun gewertet wurde: Wer Ribery kennt bzw. glaubt, gut genug zu kennen, kann in dem ungebetenen Öffnen der Senkel einen kleinen Lausbubenstreich verwirklicht sehen, den man noch aus Schultagen kennt. Eine Tat, die für einen kleinen Moment der Überraschung und Heiterkeit sorgen soll, aber der keine böse Absicht unterstellt ist. Er ist ja in engen Fußballkreisen als Frohnatur bekannt und immer für einen guten Witz zu haben, der auch gern mal auf die Kosten anderer geht. So sind Witze nun mal. Kritiker hingegen schwingen eifrig die Gender - Keule. Da werden Fragen laut gestellt, ob sich der Mittelfeldexperte so etwas bei einem männlichen Schiedsrichter getraut hätte. Wohl kaum! Aus diesem Grunde untergrabe diese Aktion die Autorität der Schiedsrichterin und sei als Respektlosigkeit ihr gegenüber zu werten. Er habe sie der Lächerlichkeit preisgegeben und so weiter und so fort...

In solchen Zeilen sieht man, wie hochsensibel und empfindlich die Diskussion im Umgang mit der Leistung einer weiblichen Schiedsrichterin ist. Wie schnell in solch einer kritischen Beurteilung die Gender - Brille fatalerweise aufgesetzt wird. Denn da stellt sich doch schnell die Frage, warum Ribery so etwas nicht bei einem männlichen Referee gemacht hätte? Streng genommen wird ja bei dieser Annahme die neckende Geste direkt als Anmache interpretiert, zumindestens als Flirt-Versuch, der Schiedsrichterin anderweitig zu gefallen…. (dass ein männlicher Fußballer versuchen könnte einem männlichem Schiedsrichter zu gefallen, fällt natürlich außerhalb jeder heteronormativen Vorstellungskraft….) :D ….Und da wären wir wieder beim Grundproblem, dass die Person Bibiana Steinhaus in einer solchen Wertung zu einem sexuellen Objekt degradiert wird, was weitaus verletzender und deplatzierter wäre als diese gelungene Grenzüberschreitung Riberys außerhalb des normativen Handlungs-Spielfelds. Bibiana Steinhaus nahm es gelassen (was blieb ihr auch anderes übrig?) und hat zum Glück nicht rot gesehen bzw. rot gezogen, denn dann hätte sie sich selbst zum Objekt einer als sexistisch interpretierten Handlung selbst degradiert, was zu tiefgreifender Verunsicherung auf allen Ebenen geführt hätte....So hat sie aber einmal mehr einen kühlen Kopf bewahrt, Führungs - Qualitäten bewiesen und weitere wertvolle Punkte auf ihrem Kompetenz - Konto gesammelt....

Bildquelle: https://www.dfb.de/dfb-pokal/news-detail/ribery-und-der-schnuersenkel-streich-172222/

Aufrufe: 031.8.2017, 21:31 Uhr
Romina BurgheimAutor