Seitz kämperisch: "Wir werden eine Reaktion zeigen"

Nach einer guten Stunde war der Ball endgültig aus dem Spiel. Wütend hatte ihn ein Münchner über den Zaun gedroschen, man musste um den Feierabendverkehr auf der Grünwalder Straße fürchten, denn wenn so ein Ball plötzlich auf die Kühlerhaube kracht, kann das schon irritieren. Den Spielern des FC Bayern war die Welt da draußen vor dem Stadion in diesem Moment freilich herzlich wurscht. Gerade hatten sie das 1:3 des FC Schalke 04 schlucken müssen, die Vorentscheidung im Halbfinale der Deutschen U-19-Meisterschaft. Das Rückspiel in einer Woche wird sehr knifflig.

Bereits nach zehn Minuten war das Endspiel in fast unerreichbare Ferne entrückt. Ein Eigentor von Felix Götze und ein Elfmetertreffer durch Jannis Kübler hatten die Bayern früh auf die Verliererstraße gebracht. Zwar kamen sie in der 25. Minute durch einen weiteren Elfmeter zum Anschluss (Manuel Wintzheimer hatte den von ihm herausgeholten Strafstoß versenkt), als aber Maxime Awoudja Mitte der zweiten Hälfte vom Platz musste, war das 1:3 durch Haji Wright nur mehr eine Frage von Minuten. Die Niederlage hätte auch höher ausfallen können. „Ich habe heute bei meinem Team Fehler gesehen, die ich sonst nicht sehe“, meinte der konsternierte Trainer Holger Seitz, „wir sind wie ein Kartenhaus zusammengebrochen.“ Man brauche „die Niederlage nicht schönzureden – das Ergebnis spiegelt den Verlauf wieder“.

Vor allem in den ersten 15 Minuten habe man die Partie „komplett verpennt“, gab Adrian Fein unumwunden zu. Dass der Druck zu groß gewesen war, verneinte der Mittelfeldmann. Livespiel im Fernsehen, Halbfinale, die obersten Instanzen Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge sowie zahlreiche VIPs auf der Tribüne (unter anderem Mario Götze, David Alaba, Mehmet Scholl, Jens Lehmann, Manfred Schwabl) – das alles dürfe „keine Entschuldigung sein, so darf man einfach nicht in ein Spiel gehen“. Man habe zu viele individuelle Fehler gemacht, Fehler, „die wir sonst nicht machen“. Seinem Team sei „wenig geglückt“, vor allem zum Start, fand auch Seitz, später habe er „ein paar anständige Ballstafetten“ gesehen. Doch insgesamt war das zu wenig. Schalke wirkte reifer, souveräner, entschlossener. Sie ließen sich auch nicht entmutigen, als Lennart Czyborra in der 13. Minute vom Platz getragen werden musste. Dabei war der Ablauf grausig. Nach einem Foul lag der Schalker mit schrecklich verdrehtem Knie auf dem Rasen, seine Schmerzensschreie gingen allen durch Mark und Bein.

Im Rückspiel reicht ein 2:0 für ein Elfmeterschießen

Im Rückspiel muss einiges besser werden, forderte Fein und versprach: „Wir werden eine Reaktion zeigen – bei uns weiß jeder, um was es geht.“ Die Bayern sehnen sich seit langem wieder nach einem großen Coup im Juniorenbereich, und auch Seitz wollte die Hoffnung für die nächste Woche nicht aufgeben: „Es sind schon ganz andere Spiele gedreht worden.“ Tatsächlich macht das Regelwerk ein bisschen Mut; in diesem Fall zählen Auswärtstore im Zweifel nicht doppelt. Bereits ein 2:0 der Münchner in Gelsenkirchen wäre hilfreich. Dann ginge es direkt ins Elfmeterschießen, ohne vorher eine Verlängerung zu spielen.

„Wir wissen, dass wir besser spielen können“, stellte Seitz klar, und auch Fein sagte, als er seine Leistung einordnen sollte: „Ich kann das alles viel besser.“ Ob das für das ganze Team gelte, dass es alles viel besser ginge? Fein zögerte mit der Antwort keine Sekunde: „Ja, auf jeden Fall. Das beweisen wir.“ Sie werden sich steigern müssen, gravierend steigern müssen. Vielleicht mit der Wut antreten, mit der der Ball gestern über den Zaun befördert wurde.