2024-04-25T08:06:26.759Z

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Hermann Hummels ist kein Fan des "NLZ-Tourismus" (Foto: Facebook/ Screenshot SSNHD)
Hermann Hummels ist kein Fan des "NLZ-Tourismus" (Foto: Facebook/ Screenshot SSNHD)

"NLZ-Tourismus": Hummels kritisiert neues FCB-Prunkstück

"Ich glaube nicht an die großen Zentren"

Das neue Nachwuchsleistungszentrum ist der große Stolz des FC Bayern München. Schon lange sehnt sich der Rekordmeister nach einem neuen Star aus der eigenen Jugend. Mithilfe des NLZ soll das bald ermöglicht werden. Doch nicht alle sehen das Projekt positiv. Hermann Hummels kritisiert das bestehende System im deutschen Fußball.

Siebzig Millionen Euro ließ sich der FC Bayern sein neues Leistungszentrum kosten. Auf über 30 Hektar wurden beste Bedingungen für die Stars von Morgen geschaffen. Damit hat der Rekordmeister endlich nachgelegt. Schließlich dominieren seit Jahren die Nachwuchsleistungszentren von Schalke, Dortmund oder Leipzig. Das Ziel ist klar. Nach der goldenen Genaration um Spieler wie Thomas Müller oder David Alaba, möchte der FCB wieder einem neuen Star. Dafür investierte der Deutsche Meister kräftig. Doch nicht alle begrüßen die neu geschaffenen Strukturen. Hermann Hummels, Vater von Nationalspieler Mats Hummels und ehemaliger Bayern-Jugendtrainer, kritisiert das Bayern-NLZ und das bestehende System in Deutschland.

Eigentlich empfindet Hermann Hummels das neue Sportgelände der Münchner als "wunderschön" und "sehr strukturell aufgebaut". Doch seinen Standpunkt stellt der 57-Jährige schnell dar. "Ich glaube nicht an die großen Zentren", sagt der langjährige Nachwuchskoordinator im Interview mit Sky. Hummels holt damit zum Rundumschlag gegen die Nachwuchsleistungszentren aus.

Es geht um den "NLZ-Tourismus", wie Hummels ihn nennt. Junge Spieler werden von klein auf in den hochproffessionellen Talentschmieden augebildet und geraten schon früh in den Fokus der Konkurrenz. Ein Markt mit Nachwuchsspielern entsteht. Es fehlt an Geduld mit den Spielern, die nicht auf Anhieb heraus ragen. Alle Akteure werden austauschbar.

"Ich glaube, dass heimatnah ausgebildet werden sollte", meint der Weltmeister-Vater. Man "braucht keine 45-50 Internatsplätze". Gerade der Fakt, dass Spieler schon früh aus ihrem gewohnten Umfeld entrissen werden, stößt Hummels auf. Für ihn schadet das der Entwicklung der Kinder. "Erziehung müssen die Eltern übernehmen", findet der ehemalige Jugendcoach. Außerdem setzt der Trend die bestehenden Spieler unter Druck. "Man strahlt mit den Internatsplätzen eine große Ungeduld aus", sagt Hummels.

Diesem System zu entkommen, ist nicht so einfach. "Man hat keine Chance, wenn man nicht ins NLZ geht", meint der erfahrene Trainer. Jedoch: "Die großen Internate sind nicht die Antwort darauf".

Es ist aber nicht nur das prinzipielle System der Nachwuchsleistungsförderung, das der Vater von Mats Hummels kritisiert, sondern auch die Trainingsinhalte. "Es wird anders trainiert, als wir das damals gemacht haben", sagt Hummels. Ihm werde "zu früh zu viel Taktik trainiert". Dass dabei die "Individualität weggelassen" wird, ist für den Übungsleiter ein Fehler.

Schließlich gehe es auch darum, dass der FC Bayern "Typen kriegt", die im Besten Fall "eine bayerische Mentalität haben". All das ist aber nicht mehr möglich, wenn den Spielern kein Vertrauen geschenkt wird und sie ständig ersetzbar sind.

Hermann Hummels ist nicht der Erste, der die Praktiken des FC Bayern kritisiert. Zuletzt äußerte sich David Niedermeier, Leiter der Münchner Fußball Schule über die bayerische Jugendarbeit. Dabei bemängelte er den Leistungsgedanken in der Nachwuchsförderung des Rekordmeisters. Spieler, die aufgrund ihres Alters körperlich noch nicht ausgereift sind, fallen dabei durchs Raster.

Der FC Bayern greift in der Jugendarbeit an. Nach Jahren des Misserfolgs möchte der Deutsche Meister auch in der Jugend die Nummer Eins werden. Das neue NLZ ist dafür sicherlich der erste Schritt. Ob sich die Kritik von Hermann Hummels bewahrheitet, wird sich zeigen. Der Trend spricht aber für die Bayern-Chefs. Im vergangenen Jahr feierte der FCB in der U17 und U19 eine Meister- und eine Vizemeisterschaft.

Aufrufe: 023.8.2017, 15:35 Uhr
Jonathan Balzer - Fussball Vorort Autor