2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview

Ex - Profi Reinhold Jessl verlängert beim VfB Oberndorf!

GL FFM OST: +++ Jessl mit früher Zusage für kommende Runde +++ Viertes Jahr bei den Jossgründern +++ Seit knapp 25 Jahren als Trainer aktiv +++

Reinhold Jessl, einst in Diensten von Eintracht Frankfurt, und der VfB Oberndorf 1921 e. V. werden auch in der Saison 18/19 ihre bis dato sehr erfolgreiche Zusammenarbeit fortsetzen und ins vierte gemeinsame Jahr gehen. Dass dem Gruppenligist in Person von Jessl ein echter Glückgriff gelungen ist, stammt nicht von irgendwoher. Der 55-jährige A-Lizenzinhaber hat schon einiges erlebt und ist mit einer ordentlichen Portion fußballerischer Erfahrung ausgestattet. In dem folgenden Bericht nimmt Jessl Stellung zur Vertragsverlängerung, zur aktuellen Situation des VfB Oberndorf und auch zu seiner Zeit als aktiver Spieler der Frankfurter Eintracht.

Reinhold, wie kam es dazu, dass du bereits zu Beginn der Winterpause in Oberndorf für die Saison 18/19 zugesagt hast?

Jessl: "Ich sehe keinen Grund, meine Trainertätigkeit beim VfB Oberndorf nicht fortzusetzen. Die Zusammenarbeit ist seit drei Jahren sehr erfolgreich, deshalb gibt es für mich persönlich keinen Anlass, mir eine neue Herausforderung zu suchen. Ich verspüre immer noch dieses Feuer in mir und mir macht es auch noch unheimlich viel Spaß hier, warum soll man so eine Entscheidung dann auf die lange Bank schieben. Da bin ich auch nicht der Typ für. In Oberndorf herrscht ein sehr gutes Umfeld und ich trainiere eine super Mannschaft. Aus diesen Gründen habe ich bereits jetzt meine Zusage für die vierte Saison in Folge gegeben. Da der Fußball allerdings sehr kurzlebig ist und in einer kleinen Zeitspanne sehr viel passieren kann, mache ich nur 1-Jahres-Verträge."

Wie zufrieden bist du mit der laufenden Saison ,welche Ziele steckst du dir und deiner Mannschaft für den Rest der Runde und was traust du den beiden anderen Vertretern aus dem Kreis Gelnhausen noch zu?

Jessl: "Wir haben ein überragendes Jahr 2017 gespielt, in welchem wir lediglich fünf (!) Pflichtspielniederlagen hinnehmen mussten. Aber wir müssen realistisch bleiben. Der Klassenerhalt hat oberste Priorität. Wir wollen so schnell es geht die 45-Punkte-Marke erreichen, um den Abstand auf die Abstiegsränge zu halten und mit dem Abstieg nichts zu tun haben. Meine Spieler sollen Erfahrung sammeln. So ein Jahr in der Gruppenliga bringt einen Spieler enorm weiter. Ich weiß aber auch, dass das zweite Jahr in der Gruppenliga der echte Gradmesser ist. Deshalb heißt es jetzt, die genannten Ziele zu erreichen und die Qualität zu entwickeln, beim Klassenerhalt auch in der nächsten Saison auf diesem Niveau Fußball zu spielen. Sowohl der SV Somborn, als auch der FSV Bad Orb sind wohl nicht mehr zu retten. Der Abstand ist zu groß und die Teams auf den vorderen Plätzen punkten zu konstant. Beide Teams müssten die Restrunde nahezu ohne Punkteverlust spielen, wollen sie im Kampf um den Klassenerhalt noch mitreden und das wird sehr schwer. Es ist einerseits schade aber andererseits auch sehr schwer für Mannschaften aus unserem Kreis mit Vereinen aus Frankfurt, Offenbach oder Hanau mitzuhalten. Gerade, was die finanziellen Möglichkeiten betrifft."

Mit Sebastian Jessl, der seit Jahren zu den Top-Scorern Gelnhausens gehört und einer der wenigen im Kader ist, der bereits einige Jahre Gruppenliga-Erfahrung gesammelt hat, spielt dein Sohn ebenfalls in Oberndorf. Stellt dies ab und an Probleme dar?

Jessl: "Absolut nicht. Ich hatte mit Sebastian schon eine gemeinsame Zeit in Somborn. Dort gab es auch nie Probleme. Das sind auch zwei paar Schuhe und wird strikt getrennt. Einerseits ist er mein Sohn, aber andererseits genießt er keine Vorteile. Auch er muss damit rechnen, dass er mal draußen sitzt oder ausgewechselt wird, wenn er keine Leistung bringt. Aber Sebastian ist da sehr loyal. Zuhause reden wir höchsten Mal über einen Gegner oder taktische Dinge. All das, was mannschaftsintern besprochen wird, wenn ich nicht anwesend bin, bleibt auch in der Mannschaft. Das will ich auch gar nicht wissen. (lacht)

Reinhold, was unterscheidet dich als Trainer von dem Trainer, der du vor 25 Jahren warst?

Jessl: "Jede Menge. Es hat sich viel verändert seit meiner ersten Partie als Spielertrainer. Der Fußball hat sich verändert. Es ist eine komplett neue Situation. Ich habe in diesen Jahren viel dazugelernt und immer wieder neue Erkenntnisse gewonnen. Man lernt viele Menschen kennen und man gewinnt an Erfahrung. Gerade, was die neue Generation betrifft. Heute geht man mit den Spielern anders um. Zu Themen, denen ich früher anders gegenüberstand, habe ich heute eine andere Einstellung. Dazu kommt die persönliche Entwicklung, sich auf Sachen einzulassen und Dinge anzunehmen. Auch was die Trainingsmethoden oder Trainingsinhalte betrifft, hat sich seit den 90ern vieles geändert."

Deine Trainer-Karriere hat in Bad Orb als Spielertrainer begonnen. Von dort ging es über Höchst und Wächstersbach zum SV Bernbach, an die Seitenlinie einer Oberliga-Mannschaft, um nur einige wenige Stationen zu nennen. Gibt es für die dich eine Zeit oder ein Verein, bei dem du dich am wohlsten gefühlt hast?

Jessl: "Ich hatte viele schöne Zeiten. Ich habe einige Meistertitel gewinnen können, das bleibt einem natürlich besonders in Erinnerung. Aber das ist nicht alles. In Höchst hatte ich mit die schönsten Jahre, in denen man viele Kontakte knüpfte, woraus auch die ein oder andere Freundschaft entstand, die bis heute anhält. Nach Höchst habe ich auch heute noch einen engen Bezug und einen guten Draht. Aber andere Stationen haben mir auch viel mitgegeben. Jeder Verein, den ich trainiert habe, hat mich auf seine Weise geprägt. Auch in Somborn hatte ich schöne Jahre. Ich wohne dort. Habe mit vielen Jungen Spielern gearbeitet. Aber hier hat es beispielsweise im Hintergrund nicht gestimmt. Das Potential der Mannschaft war sehr hoch und wir wären früher oder später wieder in die Verbandsliga aufstiegen, aber der Druck war zu groß, der von Vereinsseite ausgeübt wurde. Man gab den Spieler nicht die Zeit, die sie benötigten. Dennoch hatte jedes Traineramt was Gutes. Ich habe viel gelernt und viel Erfahrung gesammelt."

Vom Trainer zum Spieler: Du bist im Alter von 24 Jahren vom FSV Bad Orb aus der Verbandsliga zur Frankfurter Eintracht in die Bundesliga gewechselt. Warum war dieses Kapitel für dich nach nur einem Jahr wieder beendet?

Jessl: "Zunächst muss man sagen, dass ich in der Vorsaison erst aus der B-Klasse zum Verbandsligisten nach Bad Orb gewechselt bin, um ein Jahre später den Schritt in die Bundesliga zu wagen. Ich habe sechs Klassen in zwei Jahren übersprungen und habe in der Vorbereitung auf die Bundesligasaison 86/87 die meisten Treffer aller Frankfurter erzielt. Vor dem ersten Spiel gegen Düsseldorf sollte ich von Beginn an spielen, doch meinem damaliger Trainer Dietrich Weise wollte das Risiko nicht eingehen. Ich habe vor dieser Zeit vor maximal 400 Zuschauern gespielt und gegen Düsseldorf sollten es 25.000 sein. Er stellte den für viel Geld eingekauften Mitchell und der traf beim 5:0-Auftaktsieg. Aber bei 24 Spielern unter den 16 zu gehören, die für den Kader nominiert wurden, war für mich schon eine riesen Sache. Dann kam das Spiel gegen den 1. FC Kaiserslautern. Wir lagen 0:2 zurück und Weise wechselte mich in der zweiten Halbzeit ein. Nach dem Andy Möller per Elfmeter den Anschlusstreffer erzielte machte ich ein paar Minuten später den Treffer zum 2:2-Endstand und in diesem Moment dachte ich an mehr, als "nur" die Ersatzbank. Als wir eine Woche später gegen Gladbach spielten sollte ich beim Stand von 0:1 wieder eingewechselt. Ich stand schon an der Seitenlinie und wir machten das 1:1. Der Trainer wollte dann lieber die Defensive verstärken, was ich auch verstand, und ließ mich draußen. Nach diesem Spiel hatte ich für zwei oder drei Wochen ein kleinens tief und war etwas müde, aber ich kämpfte mich wieder ran und war im Pokalspiel gegen den FSV Mainz 05 wieder im Kader. Ich wurde beim Stand von 0:0 in der zweiten Halbzeit eingewechselt. Das Spiel ging in die Verlängerung und ich erzielte den 1:0-Siegtreffer. Das war der letzte Pflichtspielsieg der Eintracht in Mainz. Ich habe bereits angeboten, mal mit nach Mainz zu fahren, mit in die Kabine zu gehen und den Spielern zu erzählen, wie man in Mainz Tore schießt und gewinnt. (lacht) Im Herbst kam es da zum Trainerwechsel. Der neue Trainer Timo Zahnleiter übernahm und setzte auf Erfahrung im Abstiegskampf, was er mir nach 20 Jahren auf einem Trainerlehrgang erzählte. Ich weiß nicht, ob das eine Entschuldigung gewesen sein soll oder lediglich eine Information. Im Laufe der Saison überkam mich dann eine gewisse Unsicherheit. Ich hatte mein Job für den Fußball aufgegeben. Aus privaten Gründen habe ich mich dann entschieden, die Eintracht zum Saisonende wieder zu verlassen und zurück in die Oberliga zu wechseln. Heute denke ich manchmal darüber nach, warum ich nicht mehr riskiert habe. Aber das war damals meine Entscheidung und es war die richtige Entscheidung. Dem nachzutrauern ist Blödsinn."

Letzte Frage: Würdest du jungen Talenten, die in einer ähnlichen Situation sind, in der du damals warst, raten, den Sprung zu wagen?

Jessl: "Ich würde es absolut probieren. Es muss einem jedoch bewusst sein, dass man viel dafür tun und auf viel verzichten muss. Es ist alles andere als einfach und nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Heute ist es etwas anders als damals. Jeder Spieler hat einen Manager oder einen Spielerberater. Wenn man in den ersten beiden Jahren wenige Einsatzzeiten bekommt, hat man noch die Möglichkeit einer Leihe, um Spielpraxis zu sammeln und sich danach neu beweisen zu können. Allerdings sollte man dabei nicht blauäugig sein. Man sollte sich ein zweites Standbein aufbauen, einen vernünftigen Schulabschluss machen und eine Berufsausbildung machen.

Reinhold, wir bedanken uns für das sehr nette Interview und wünschen dir weiterhin alles Gute.

Aufrufe: 05.12.2017, 17:25 Uhr
Nico RöderAutor