2024-04-19T07:32:36.736Z

Relegation
Allein mit dem Frust: Minutenlang sitzt Josef Niklas nach dem Schlusspfiff auf dem Spielfeld und denkt über seine Leistung nach. Foto: Andreas Mayr
Allein mit dem Frust: Minutenlang sitzt Josef Niklas nach dem Schlusspfiff auf dem Spielfeld und denkt über seine Leistung nach. Foto: Andreas Mayr

Niklas fordert: "Kopf hoch, Kohlgrub"

Urgestein glaubt an Sensation

FC Bad Kohlgrub-Ammertal - Sie haben sich blamiert, sind abgewatscht worden. Doch eine Chance bleibt den Bad Kohlgrubern noch auf den Klassenerhalt. Während der Vereinschef vor dem Rückspiel in Eberfing schweigt, glaubt ein FC-Urgestein an die Sensation: Josef Niklas.

Die Arbeit nimmt keine Rücksicht auf Fußballer und ihre Leiden. Freitagmorgen stand Josef Niklas schon wieder zwischen den Maschinen bei MS Feinmechanik in Unterammergau. Das war gut so, sagt der Bad Kohlgruber Kicker. Er habe etwas anderes im Kopf gehabt als die Bilder vom Debakel am Vorabend. Allerdings schaffte es Niklas nicht, die Eindrücke zu verdrängen. „Ganz ist das nicht möglich.“

Keiner kauerte nach dem Abpfiff so lange auf dem Rasen. Niklas marterte sich selbst, während hinter ihm die Eberfinger ihre Kampf- und Jubelschreie hinausbrüllten. Er betont: „Ich war von mir enttäuscht. Ich habe versagt. Das kann man sagen.“ Lange Zeit blickte er auf den Boden. Nach unten. Die Richtung, die der FC Bad Kohlgrub-Ammertal in der Rückrunde eingeschlagen hat. An diesem Sonntag könnte die Talfahrt in der Kreisklasse enden. Bad Kohlgrub fährt mit einem 0:3-Defizit zum Rückspiel nach Eberfing (14 Uhr).

Nach einigen Minuten hob Niklas seinen Kopf, biss sich auf die Unterlippe. Es muss der Zeitpunkt gewesen sein, in dem er „versuchte, sich auf Sonntag zu konzentrieren“. Manche mögen aufgegeben haben. Aber der Altenauer, der mit diesem Verein schon vor sieben Jahren in der Kreisklasse um den Klassenerhalt gebangt hat, spricht von Hoffnung. Er fordert die Teamkollegen auf, die Köpfe hochzunehmen. „Sonst können wir es gleich bleiben lassen.“

Er kann sich diesen Auftritt nicht erklären. Keiner kann das. Nun ja, was ihm einfällt: Das Team startete extrem nervös. „Wir konnten ja nicht einmal einen Ball stoppen. Das hat jeder gesehen.“ Dazu traf Kohlgrub auf ein Team, das Spielertrainer Martin Plonner zufolge die beste Halbzeit hinlegte, „seit ich in Eberfing was zu sagen habe“. Also seit Jahren. Nach der Pause ging es besser. Doch Kohlgrub verlor weiter an Mut. Mit jeder vergebenen Chance „ist das Selbstbewusstsein gesunken“.

Kohlgrub hat die Situation zu lange unterschätzt

Seit Monaten hat diese Abschlussschwäche den FC befallen. Markus Burkart zum Beispiel ist nicht mehr der Wusler mit Torriecher, der er einst war. Am Anfang, im März, störte das noch niemanden. Die Kohlgruber missachteten die alarmierenden Symptome. Obwohl sie verloren, sagten sie sich: „Wir haben noch genügend Spiele“, erklärt Niklas. Irgendwann gingen ihnen die Chancen aus. „Wir haben die Situation zu lange unterschätzt.“ Auch weil Kohlgrub fast nur knappe Niederlagen kassierte. Niklas spricht auch den Trainingseifer an. Im Abstiegskampf müsse man entsprechend Gas geben. Das taten nicht alle. Zum letzten Spiel in Ohlstadt verkündete noch Trainer Dennis Destek seinen Abschied zum Saisonende. Auf einer Sitzung am Mittwochabend einigten sich Verein und Destek, dass Clubchef Josef Geipl das Team betreut. Niklas sagt nur: „Wir wollten, dass in der Relegation die spielen, die auch nächstes Jahr dabei sind.“ Das gilt ebenfalls für den Trainer.

Destek kam dennoch, verfolgte die Partie erst auf der Treppe vor dem Vereinsheim, später auf einer Bank neben seinen Eltern. Für eine Stellungnahme war er nicht zu erreichen. Auch Geipl, der nach dem Spiel noch über Leistung und Einsatz seiner Kicker geschimpft hatte, schweigt. Er lehnt es ab, Fragen zu beantworten. Das erklärte der Vorsitzende und Trainer am Freitagmittag auf Tagblatt-Anfrage. Immerhin den Grund nennt er: Es stört ihn, dass unsere Zeitung über den Vorfall aus dem Vorbereitungsspiel (Rote Karte gegen Thomas Lory) der beiden Teams berichtete. Geipl richtete nur aus, dass er „sämtliche Fußballzitate“ auspacken könnte vor dem Rückspiel. Plonner macht genau das. Gratulationen lehnt er ab. „Nein, nein, nein, dazu ist es ganz gewiss zu früh“, sagt er. Im Rückspiel am Sonntag können ja die verrücktesten Dinge passieren.

Nächster Schock: Techniker Kraus fehlt verletzt

Die Schock-Nachrichten aus dem Ammertal reißen unterdessen nicht ab. Florian Kraus liegt im Krankenhaus, fällt aus. Ein Eberfinger hatte ihn in der Schlussphase gefoult, sah Gelb. Kraus’ Wadenbein ist angebrochen, das Syndesmoseband wieder eingerissen. Die gleiche Verletzung hatte sich der Techniker im September 2016 zugezogen. Es folgten drei Operationen und eine lange Leidenszeit. Zum Endspurt hatte sich Kraus wieder erholt. Zudem fehlt Johannes Büchl, den die Bundeswehr braucht.

Auch Julian Nagelsmann wird sich wohl die Fahrt nach Eberfing sparen. Der Hoffenheimer Bundesliga-Trainer kam mit seinem Ohlstädter Spezl und Videokoordinator Benjamin Glück zum Duell – im Sommer-Outfit mit kurzer Hose, rotem Polo-Shirt und Kappe. Die beiden machen nach ihrer Erfolgssaison (Rang vier) Heimaturlaub. Markus Eberhart, Trainer des SV Ohlstadt, saß neben ihnen. Er beschreibt den äußerst begehrten Coach als „total normalen und netten Menschen“, der den ganzen Trubel um seine Person nicht haben kann. Plonner scherzte nach dem 3:0: „Jetzt hoffe ich nur, dass uns der Nagelsmann die Spieler nicht wegkauft.“ Niklas erfuhr vom Besuch erst in der Halbzeit. „Blöd, da hätte man sich empfehlen können“, sagt er und lacht. Wenigstens die gute Laune ist zurück vor dem Schicksalsspiel am Sonntag.

So wollen Sie gewinnen:

Bad Kohlgrub: Glas – Papistock, Ollert, Bauer, Meditz – Geipl, Niklas, Zapf – S. Kraus, Burkart, Maintz.

Auf der Bank: Bierling – Kratz, M. Strauß.

Aufrufe: 010.6.2017, 12:19 Uhr
Garmisch-Partenkirchner Tagblatt - ak/am/sscAutor