2024-03-28T15:56:44.387Z

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Josef Steinberger engagiert an der Seitenlinie - aktuell muss der "Diamantenschleifer" aus Niederbayern darauf verzichten.
Josef Steinberger engagiert an der Seitenlinie - aktuell muss der "Diamantenschleifer" aus Niederbayern darauf verzichten. – Foto: Klaus Rainer Krieger

»Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen«

Josef Steinberger, Trainer der U23 des FC Augsburg, über die ungewisse Lage im bayerischen Fußball

Stillstand herrscht im bayerischen Amateurfußball. Neidich blicken daher die Kicker des Freistaats derzeit auf die Standorte Augsburg, Nürnberg und Fürth. Die Nachwuchsteams der Profiklubs dürfen zumindest normal trainieren, einer Ausnahmeregelung sei dank. Stimmen werden laut, das sei unfair und nicht akzeptabel. Von Wettbewerbsverzerrung ist die Rede. Was sagen die Betroffenen selbst darüber? FuPa hat sich mal beim FC Augsburg umgehört.

Sie zählen zu den Privilegierten - und Josef "Sepp" Steinberger weiß das. Deswegen ist der Niederbayer weit davon entfernt, sich darüber zu echauffieren, dass im benachbarten Baden-Württemberg Regionalliga-Fußball stattfindet und in Bayern eben nicht. "Klar lechzen wir nach Wettkampf, aber wir sind froh und dankbar, überhaupt auf den Platz zu dürfen. Das ist den allermeisten im Moment nicht möglich." Wie sieht der Trainingsalltag im Augsburger Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) in Lockdown-Zeiten denn aus? "Wir mischen U17, U19 und U23 immer mal wieder durch und halten mit internen Wettkämpfen die Spannung hoch. Ansonsten trainieren wir wie in einer ganz normalen Woche unter der Saison. Zwei Tage sind frei, dienstags und donnerstags trainieren wir zweimal", lässt Steinberger wissen.

Training ohne das Ziel "Spieltag": Ein schwieriger Spagat.

Und wie sieht`s mit der Motivation aus? Ohne Ziel vor Augen sicher nicht einfach, sich jeden Tag aufs Neue im Training zu pushen. Da sei eben nun Charakter gefragt: "Ich registriere durchaus, dass sich manche damit schwerer tun als andere. Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen. Durchhaltevermögen ist gefragt. Wer kann sich motivieren, trotz der misslichen Lage zum Beispiel weiter akribisch an individuellen Schwächen zu arbeiten? Jetzt können die Jungs beweisen, dass sie bereit sind, auch in schwierigen Phasen alles zu geben. Denn wenn sie später Profis sein wollen, werden sie auch einige Durstrecken durchstehen müssen."

Rufe aus dem Amateurlager, die Vorzugsbehandlung der Profiklubs sei Wettbewerbsverzerrung, kann Steinberger nachvollziehen, sagt aber auch ganz klar: "Ich kann das gut verstehen, ich war schließlich auch lange Zeit im Amateurbereich unterwegs. Wir müssen aber schon unterscheiden zwischen Profi- und Amateursport. Ein normaler Azubi darf schließlich auch zur Arbeit gehen."

Abwanderungswelle blieb in Augsburg aus.

Befürchtungen, wegen der weiterhin völlig ungeklärten Lage könnte ein wahrer Spieler-Exodus im Winter einsetzen, haben sich bei der Augsburger Profireserve indes nicht bestätigt: "Kilian Jakob ist bis Sommer an Türkgücü München ausgeliehen, wo er sich nach langer Verletzungspause präsentieren kann. Aboubacar Cissé ist zu Wacker Innsbruck gewechselt, das war`s, mehr hat sich nicht getan."

Steinberger plädiert für vier Wochen Vorbereitung - mindestens.

Betrachtet man die Lage optimistisch, könnte es vielleicht Anfang April nach Ostern wieder soweit sein, dass es für den Fußball im Freistaat grünes Licht gibt. Was hält Steinberger von den Gerüchten, dass der BFV dann eventuell den Vereinen nur zwei Wochen Vorbereitung zugestehen will? "Puh, darüber zu diskutieren ist im Moment eh müßig. Aber ich sag`s mal so: Wir haben letzten Sommer nach der langen Pause am eigenen Leib gemerkt, wie lange es dauert, bis die Spieler wieder die nötige Physis und die Wettkampfhärte haben. Da werden sicher viele Teams Probleme bekommen, denn das Stehvermögen für 90 Minuten dürfte schlicht fehlen. Vor diesem Hintergrund brauchst du mindestens vier Wochen Vorbereitung."

Wie sich das allgemein auf den Fußball auswirken wird, darüber "kann und will" sich Steinberger noch kein Urteil bilden. Zu weit in die Zukunft will der 48-jährige Talentförderer ohnehin nicht blicken, er nimmt die Situation, wie sie ist. "Ich zitiere mal Karl Valentin: 'Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch." Soll heißen: Alles lamentieren hilft ja nichts! Gewappnet sein für Tag X, mehr können sie im Moment auch im Augsburger NLZ nicht tun. Aber das kenne sie ja schon aus dem letzten Sommer...

Aufrufe: 017.2.2021, 17:24 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor