2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
– Foto: Marcel Minar

"Manche bekommen Geld in den Ars** geblasen"

Carlo Preller kann mit 31 Jahren als ein Urgestein des FC An de Fahner Höhe angesehen werden.



Seit 2010 stürmt der schussgewaltige Angreifer für den Verein aus der Gemeinde Dachwig, Döllstädt, Gräfentonna. Als Sinnbild der Vereinstreue bestritt der geerdete 31-Jährige den Weg von der Landesklasse bis in die Oberliga mit dem Klub. FuPa Thüringen hat mit ihm unter anderem über die sportliche Entwicklung, die aktuelle Zeit und Vereinswechsel im Amateurfußball gesprochen…

FuPa Thüringen: Wie geht’s dir?
Carlo Preller: Mir geht’s gut. Aktuell bestimmen die Arbeit und Familie den Alltag. Die beiden Sachen, die sonst im Oberliga-Alltag immer zu kurz kommen und eigentlich ja am wichtigsten sind.

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FuPa Thüringen: Fehlt dir der Fußball?
Carlo: Jein, mit zwei Kindern ist für Abwechslung gesorgt. Aber natürlich fehlt es mir mit den Jungs mal in der Kabine zu sitzen und ein Bierchen zu trinken. Insofern ist es zweigeteilt.

FuPa Thüringen: Wie läuft der Kontakt mit deinen Jungs aktuell ab? Wie hältst du dich fit?
Carlo: Wir machen aktuell ein paar kleine Challenges. Außerdem treffen wir uns immer am Donnerstag zum Online-Training. „Heimex“ (Anm. d. Red. Christian Heim) macht da ein paar Übungen vor und wir machen es nach (lacht). Zudem gehe ich zwei, drei Mal die Woche laufen und hab mir mal ein paar Hanteln und Therabänder angeschafft.

FuPa Thüringen: Du hast mit Fahner Höhe den Weg von der Landesklasse bis zur Oberliga mitgemacht. Wie sehr ist der dieser Verein ans Herz gewachsen?
Carlo: Der Verein hat mir viel ermöglicht. Anfangs kannte ich nicht viele. Aber man hat sich schnell eingefunden. Wir sind alle vom Dorf. Da kann man sich auch mal die Meinung sagen und am nächsten Tag trinkt man wieder ein Bier zusammen.

FuPa Thüringen: Stand für dich mal ein Wechsel zur Debatte?
Carlo: Es gab sicher mal Anfragen, aber da hatte ich nie Interesse. Mir hat es immer gut in Dachwig gefallen. Der Verein hat mir beruflich auch den Weg ermöglicht. Besser geht es nicht.

FuPa Thüringen: Im Winter gab es von einigen Vereinen Kritik, dass Spieler wechseln. Der FC Eisenach sprach beispielsweise von einer „Charakterfrage“. Kannst du das nachvollziehen?
Carlo: Man sieht in der aktuellen Zeit die Verbundenheit zu seinem Verein. Wir sind alle über 18 Jahre und können ja frühzeitig dem Verein mitteilen, wenn man gehen will. Das muss nicht im Winter passieren, es sei denn es hat berufliche oder schulische Gründe. Oder auch, wenn der Verein selber die Freigabe erteilt. Aber das kann sich ja aktuell keiner leisten und jeder ist froh, wenn die Spieler bei der Stange bleiben.

FuPa Thüringen: Wie siehst du allgemein die Thematik, dass Amateurfußballer häufig die Vereine wechseln?
Carlo: Das Problem ist, dass teilweise ganz viel Geld fließt. Eine Aufwandsentschädigung ist sicher in Ordnung. Aber was manchmal abgeht, ist sicher zu viel des Guten. Einige Spieler in Amateurliegen müssen ja kaum arbeiten, bei dem Geld, dass sie in den Arsch geblasen bekommen. Wenn man mal einen Spieler aus der Regionalliga oder höher gewinnt, ist es sicher auch mal notwendig ein wenig Geld auszugeben. Aber es kann nicht sein, dass Spieler, die zwei oder drei Jahre mal einen guten Ball spielen dann direkt gepudert werden. Wenn in solchen Fällen dem Verein die Sponsoren wegbrechen, dann sind genau diese Spieler auch sicher wieder weg. Am Ende gehen dann die Vereine zu Grunde. Das kann ja nicht Sinn der Sache sein.

FuPa Thüringen: Zurück zum Sportlichen: Wie beurteilst du eure ersten Spiele in der Oberliga?
Carlo: Sehr gut. Das was wir uns vorgenommen haben, haben wir aktuell erreicht. Natürlich kam uns die Pandemie in die Quere, weil wir doch gut in Tritt waren.

Dass es Spiele wie in Krieschow geben wird, wo wir auch mal vier Tore bekommen, war sicher auch jedem klar. Doch wir haben aus unseren wenig geschossenen Treffern einen guten Ertrag rausgeholt. Es hätte sicher keiner gedacht, dass wir so gut mithalten.

FuPa Thüringen: Wie schätzt du deine eigene Saisonleistung bisher ein? Wo sind für dich Unterschiede zwischen Verbandsliga und Oberliga?
Carlo: Natürlich hat die Oberliga ein anderes Maß an Innenverteidigern. Auch in Sachen Laufbereitschaft ist ein deutlicher Unterschied zur Thüringenliga spürbar. Ich bin auch nicht mehr der Jüngste (lacht). Wir spielen aber als Team insgesamt defensiver, was für mich als Stürmer viele Wege bedeutet, die ohne direkten Ertrag oder Torabschluss sind. Bei Mannschaften wie Eilenburg, RWE und Krieschow richtet man sich schon am Gegner aus und läuft meistens an. Da zählt vor allem der Wille, weil es fußballerisch gegen diese Qualität schwierig ist.

FuPa Thüringen: Wo sind deine fußballerischen Wurzeln?
Carlo: Ich bin gebürtiger Stotternheimer und habe bis zur C-Jugend dort gespielt. Dann bin ich nach Nöda gezogen. Weil es in Stotternheim keine B-Junioren mehr gab, ging es für mich zu Olympia Haßleben. Dort haben wir mit den A-Junioren in der Landesklasse gespielt. Da sah ein normaler Spieltag am Wochenende so aus, dass man früh nach Nordhausen oder Weimar gefahren ist und nachmittags bei der ersten Mannschaft spielte.

FuPa Thüringen: Und wie ging es dann nach Dachwig?
Carlo: Ich bin 2010 nach Dachwig gekommen. Wie der genaue Kontakt zustande kam, weiß ich gar nicht mehr. Wir hatten damals mit Haßleben ein Hallenturnier und haben im Finale gegen Dachwig/Döllstädt gespielt. Da haben wir nach einer 2:0-Führung noch verloren. Ich hatte die beiden Tore geschossen. Ein paar Spieler von Dachwig wie Tino Gerke oder Marc Kümmerling kannte ich damals schon. Und dann kam mal ein Anruf von Rolf Cramer. Ich konnte mich mithilfe des Vereins beruflich verändern und musste nicht mehr auf Montage.

FuPa Thüringen: Wie beurteilst du die Entwicklung beim FC An der Fahner Höhe insgesamt?
Carlo: Das ich mal gegen Rot-Weiß Erfurt auf den Platz stehe, hätte keiner gedacht. Früher sind wir selber als Zuschauer ins Steigerwaldstadion gefahren, als RWE noch in der 2. Bundesliga und Regionalliga spielte. Man sieht aber was Geld auch im negativen Sinn bewirken kann. In Dachwig ist was gewachsen. Das ist schon Wahnsinn. Es sind zwei, drei Leute im Verein, die mit vollem Herzblut dabei und positiv verrückt sind. Rolf Cramer ist da als Macher zu nennen. Aber auch die Strukturen sind gut mitgewachsen und wir haben in jedem Bereich Leute, die Spezialisten sind. Zudem ist es familiär und freundschaftlich.

Aufrufe: 019.2.2021, 17:00 Uhr
André HofmannAutor