2024-04-25T14:35:39.956Z

Im Nachfassen
Dieter Elsenbast (hier bei der Pokalübergabe an den SV Niedernhausen) sorgt sich um die Zukunft des Wiesbadener Fußballs. Archivfoto: Hannelore Wagner
Dieter Elsenbast (hier bei der Pokalübergabe an den SV Niedernhausen) sorgt sich um die Zukunft des Wiesbadener Fußballs. Archivfoto: Hannelore Wagner

Elsenbast: Es wird ein hoher Preis gezahlt

RESERVEN IN KONKURRENZ: Stellungnahme von Kreisfußballwart Dieter Elsenbast im Wortlaut

Wiesbaden. Kreisfußballwart Dieter Elsenbast hat alle Wiesbadener Vereine, aber auch das Präsidium des Hessischen Fußball-Verbands (HFV) in einer ausführlichen und kritischen Stellungnahme über den Standpunkt des Kreisfußballausschusses in Sachen Kreisoberliga-Reserven in Konkurrenz und Spielgeschehen informiert. „Der Kreisfußballausschuss selbst wird die Angelegenheit nach reiflicher Überlegung und Beratung unabhängig von etwaig bestehenden Erfolgsaussichten nicht vor die ordentlichen Gerichte bringen. Ein ordentliches Verfahren, das frühestens nach zwei bis drei Jahren zu einer rechtskräftigen Entscheidung führt, wäre kontraproduktiv für sämtliche Vereine und Gremien und würde die bestehenden Unsicherheiten nur verstärken“, heißt es darin.
Und abschließend: „Wir werden uns weiterhin (...) im Interesse der Mehrheit der Wiesbadener Vereine dafür einsetzen, den sich in allen Entscheidungen im Jahre 2016 und 2017 manifestierten Willen gerade für die vielen sogenannten kleinen Vereine umzusetzen.“ Hier die Stellungnahme im Wortlaut:

Werte Sportfreunde,

nachdem der Verbandsausschuss nunmehr das Spielgeschehen für die Saison 2017/18 verabschiedet hat und auch bereits seit längerem die Prüfung zu den Möglichkeiten eines rechtlichen Vorgehens gegen die Entscheidung des Präsidiums des HFV vom 21.4.2017 abgeschlossen ist, möchte der KFA seine angekündigte Stellungnahme zum status quo und dem weiteren Vorgehen in dieser Angelegenheit vorlegen.


1. Der KFA selbst wird die Angelegenheit nach reiflicher Überlegung und Beratung unabhängig von etwaig bestehenden Erfolgsaussichten nicht vor die ordentlichen Gerichte bringen. Ein ordentliches Verfahren, das frühestens nach 2-3 Jahren zu einer rechtskräftigen Entscheidung führt, wäre kontraproduktiv für sämtliche Vereine und Gremien und würde die bestehenden Unsicherheiten nur verstärken. Die ernsthafte Überlegung einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen wurde ebenfalls verworfen, da dieser nur in besonderen Ausnahmefällen gewährt wird sofern dadurch die Hauptsache nicht vorweggenommen würde. Dies wäre hier aber der Fall gewesen. Zudem erscheint dem KFA, unabhängig ob ihm ein eigenes Klagerecht zusteht, auch im vorübergehenden Erfolgsfalle die damit für alle Beteiligten bis zum Erlass des Endurteils bestehende Unsicherheit als nicht hinnehmbar. Ein geordneter Spielbetrieb wäre so nicht möglich.

2. Die erfolgte Urteilsanalyse hat die Vorabprüfung des KFA in Gänze bestätigt, dass die Präsidiumsentscheidung rechtlich fehlerhaft ist. Es ist falsch und nicht haltbar, wenn das Präsidium verlautbart, dass es „aufgrund der unklaren Vorgaben durch die Spielordnung quasi im Wege eines vorübergehenden Bestandsschutzes, als Rechtsmittelinstanz im Zweifel im sportlichen Sinne zugunsten der antragstellenden Vereine entscheiden musste.“ Das musste es nicht. Wer ist denn letztlich für diese „unklaren Vorgaben“ verantwortlich? Der einzig rechtlich diskutable Ansatzpunkt für die Aufhebung der Entscheidungen des KFA ist die Kritik an der für den TUS Nordenstadt erteilten Ausnahme, doch entsprach diese der Abwägung und Berücksichtigung der zuvor vom KFA aufgestellten Parameter, eine Entscheidungsfindung, die weder das Präsidium noch der Verbandsauschuss im Rahmen der Erörterungen zuvor in Frage gestellt hatte. Es bleibt dabei, dass das Präsidium, wie schon der Verbandsausschuss, seine eigene Entscheidung an die Stelle der Entscheidung des KFA gesetzt und damit die durch §§ 26u. 26a der SpO des HFV zugewiesene Kompetenzordnung ebenso wie das bereits verabschiedete Spielgeschehen ad absurdum geführt hat. Das weiß trotz aller gegenteiligen Beteuerungen natürlich auch das Präsidium, dem es offensichtlich darum ging zunächst einmal mit rechtlich grenzwertiger Argumentation Zeit zu gewinnen, um das drohende Unheil dann eben in der Zukunft durch die zwischenzeitliche Änderung der maßgeblichen Bestimmungen abwenden zu können.

3. Die Präsidiumsentscheidung und das anschließende Durchwinken sämtlicher gestellter Ausnahmeanträge hat dazu geführt, dass die Struktur der Wiesbadener Fußballligen auf den Kopf gestellt wird. Dabei ergingen gleichlautende sog. Einzelfallgenehmigungen bei denen im Hinblick auf mögliche Auswirkungen einer ablehnenden Entscheidung sowie die Beleuchtung der Vereins- und Liga-Historie Vereine wie Nordenstadt mit Vereinen mit offensichtlichen Struktur- und Personalproblemen völlig undifferenziert gleichbehandelt wurden. Eine derartige Rechtsauffassung im Rahmen einer Einzelentscheidung ist - gelinde ausgedrückt – auch unter allen Gesichtspunkten fragwürdig!

4. Der KFA kann nun zwar damit leben, dass die beschlossene und dem Willen der Wiesbadener Vereine entsprechende Abschaffung der C-Liga Bestand hat, und dass durch die zwangsläufig erfolgte Zuteilung der Reservemannschaften in eine B-Liga 2, die drängendsten Probleme der C- und B-Ligisten vorrübergehend gelöst sind. Dies war dringend notwendig.

Hierfür wird jedoch im Vergleich zur vom KFA und von der großen Mehrheit der Wiesbadener Vereine angestrebten, ordnungsgemäß beschlossenen und nun durch die Einzelfallgenehmigungen ausgehebelten Lösung mit einer Kreisoberliga-Reserverunde ein hoher Preis gezahlt, den alle übrigen Vereine insbesondere aber die „übrigen“ A-Ligisten und deren Reservemannschaften früher oder später zahlen müssen. Die Reserven-In-Konkurrenz stehen dagegen besser da als vorher.

5. Zunächst erhalten die Reserve-Mannschaften in Konkurrenz nun ein garantiertes Aufstiegsrecht und zwar direkt von der B-Liga in die A-Liga. Sportlich gesehen sind ihre Gegner dabei übrigens im Wesentlichen keine Anderen als sie es in einer Kreisoberligareserverunde gewesen wären. Die A-Liga wird dadurch nun (wie die B-Liga nach Einführung der C-Liga) jährlich mit mindestens einer Reservemannschaft als Aufsteiger erfreut. Über die zudem geplante Relegation werden es dann vermutlich sogar zwei Reserve-Aufsteiger sein. Steigen nicht gleich viele Reservemannschaften ab oder in die Kreisoberliga auf, wird die A-Liga spätestens in 2-3 Jahren mit Reservemannschaften geflutet und eine Liga ohne Gesicht mit den bekannten und lang diskutierten Strukturproblemen sein. Diese werden die aktuellen Probleme noch übertreffen.

Begleitet wird dies mit einem nun erschwerten Aufstiegsrecht für die „übrigen“ B-Ligisten in der B-Liga 1 und der Frage, wie es sich mit dem nun auch noch verstärkten Abstieg aus der A-Liga oder mit neu antretenden Vereinen verhält. Die B-Liga 1 kann nicht unbeschränkt „übrige“ Vereine als Absteiger oder Neueinsteiger aufnehmen, ein einzelner Verein kann aber auch keinesfalls alleine in die B-Liga 2 eingegliedert werden. Wie soll das laufen?

Hinzu kommt, dass die bisherigen C-Ligisten unter den Reservemannschaften aufgrund der fehlenden Attraktivität der Liga in punkto Spielerabwerbung bislang keine Konkurrenz für die „übrigen“ A- oder B-Ligisten waren. Dies wird sich nun massiv ändern, wenn diese in einer B-Liga spielen. Insbesondere die Reservemannschaften der „übrigen“ Vereine werden weiter an Spielern verlieren, dies hat sich schon in dieser Wechselperiode gerade bei den A-Junioren gezeigt, die direkt mit dieser Argumentation angesprochen wurden.

6. Wie also soll es weitergehen? Für eine Übergangszeit von 2 Jahren kommt man mit der nun gegebenen Struktur möglicherweise einigermaßen zurecht. Leidtragende sind vor allem die bisherigen A-Ligisten und ihre Reservemannschaften. Steigen sie nicht auf oder ab wird ihr Spielbetrieb auf Dauer verkümmern. Gleiches gilt, falls man, was absehbar ist, die B-Liga 2 irgendwann für alle Vereine öffnen muss, um eine einigermaßen zahlenmäßige Ligastärke zu erhalten!

Insofern hat das Problem „Reserven-In-Konkurrenz“ mehr denn je Bestand und wird die Gremien, den Verband und möglicherweise auch die Gerichte weiter beschäftigen. Einige der von der Umstrukturierung betroffenen Vereine haben bereits angekündigt, dass man, wenn der KFA keine weiteren Schritte einleitet, prüfen wird, ob man nun in eigenem Namen oder gemeinsam mit anderen Vereinen rechtlich aktiv wird.

7. Der KFA wird die Interessen des Kreises und der überwiegenden Mehrzahl seiner Vereine - gerade der sogenannten kleinen - weiterhin wie bisher mit Nachdruck vertreten. Wir werden nun das Gespräch mit Stefan Reuss und ggfs. dem Verbandsausschuss suchen und uns erläutern lassen, wie sich der HFV die Zukunft vorstellt. Er wird hier Farbe bekennen müssen, ob es sich bei all seinen Aussagen (wie z.B. „dass das Präsidium durch die vorliegende Entscheidung den betroffenen KFA keineswegs dauerhaft in seiner Grundsatzentscheidung bezüglich § 26a Spielordnung beschneiden wollte“) so wie bisher nur um Lippenbekenntnisse handelt, oder ob es den Kreisen nach Ablauf der Übergangsfrist im Hinblick auf den Beschluss des Verbandstages und die Änderung der Spielordnung tatsächlich möglich sein wird, durch eine entsprechende Entscheidung die Reserven-In-Konkurrenz-Regelung abzuschaffen. Wenn dem so wäre, hätte man zwar Zeit verloren, der Glaube an den Verband wäre aber nur beschädigt und nicht irreparabel zerstört.

Man muss jedoch kein Prophet sein, wenn man das Ergebnis bereits jetzt vorwegnimmt. Die Reserven-In-Konkurrenz-Regelung wird nach der diesjährigen Präsidiumsentscheidung und der unter dem Vorwand eines „vorläufigen Bestandsschutzes“ nun geschaffenen Umgestaltung des Wiesbadener Fußballbetriebs auch nach Ablauf der zweijährigen Übergangsregelung Bestand haben. Die Tendenz in diesem Verband geht eindeutig in Richtung Reserven in Konkurrenz bis in die untersten Klassen – somit für alle verpflichtend. Dies mag in vielen Kreisen gerade im Norden unseres Verbandes die Lösung struktureller auch demographischer Probleme sein, um die Eigenständigkeit zu erhalten. Diese Regelung sollte allerdings nicht – auch im Hinblick der vielgerühmten Stärkung der Kreise – über das gesamte Verbandsgebiet ohne Rücksicht auf die jeweiligen Wünsche und örtlichen Gegebenheiten gestülpt werden.

Wir werden uns weiterhin im Rahmen unserer Möglichkeiten im Interesse der Mehrheit der Wiesbadener Vereine dafür einsetzen, den sich in allen Entscheidungen im Jahre 2016 und 2017 manifestierten Willen gerade für die vielen sogenannten kleinen Vereine umzusetzen.

Gehen wir nun geschlossen, völlig entspannt und unvoreingenommen die kommende Spielzeit an, sehen wie sich dieses nunmehr verordnete Spielgeschehen in dieser Klasseneinteilung gerade für unsere Vereine in der Praxis bewährt und wenden uns wieder unserem Kerngeschäft dem Fußball auf Kreisebene zu!

Mit sportlichen Grüßen

Dieter Elsenbast

Kreisfußballwart

Aufrufe: 06.7.2017, 16:00 Uhr
Stephan NeumannAutor