2024-05-08T14:46:11.570Z

Vereinstreue

Fast vergessenes südeuropäisches Flair

GENERATION ASCHEPLATZ: Der FC Ital. Bünde war der erste Migranten-Fußballverein in Bünde

An der alten Wirkungsstätte: Giuseppe Pierri, Salvatore D’Abundo und Giuseppe „Pippo“ Cosentino (v. l.) besuchen den Heidesportplatz, auf dem der FC Ital. Bünde bis 1989 seine Heimspiele austrug.

Bünde. Der Friedrich-Langewiesche-Sportplatz in Bünde, besser als Heidesportplatz bekannt, gehört bei den Fußballern zu den eher unbeliebteren Sportstätten der Elsestadt. „Der Platz dient dem SV Ahle und dem Bünder SV bei schlechter Witterung als Ausweichplatz“, sagt Marcel Ta vom Sportamt der Stadt Bünde. Dass es auf diesen Aschenplatz sogar einmal ein südeuropäisches Flair gab, ist heute kaum mehr zu glauben.

Im Jahre 1975 hatte der inzwischen verstorbene Cosimo Serrone den Verein FC Ital. Bünde als ersten Migranten-Fußballverein in Bünde gegründet. Die italienischen „Gastarbeiter“, wie man sie in der damaligen Zeit nannte, bildeten in Bünde eine große Kolonie. „Mein Vater hat den Verein gegründet, damit ich später dort Fußball spielen konnte“, erinnert sich Massimiliano Serrone, der damals fünf Jahre alt war. Massimiliano Serrone hat später nie für den FC Ital. Bünde gespielt, sondern wurde in höherklassigen Vereinen wie dem Bünder SV und Arminia Bielefeld aktiv.
Der FC Ital. Bünde hatte keinen ersten Vorsitzenden, sondern immer einen Präsidenten, auf italienisch Il Presidente. Den Club führten nur drei Präsidenten. Zunächst steuerte der Gründer, Cosimo Serrone, den Verein, ihm folgte Salvatore Camarda, ehe 1986 Giuseppe Cosentino Vereinspräsident wurde. Am 20. Januar 1989 erfolgte die Löschung des FC Ital. Bünde aus dem Vereinsregister beim Amtsgericht Bünde.
„Wenn wir ein Heimspiel hatten, waren zwischen 250 und 500 Zuschauer am Heidesportplatz. Jedes Spiel war immer ein großes Familienfest“, sagt Giuseppe Pierri (63), den sie Capitano nannten. Sein Sohn Manuel ist heute Spieler der ersten Mannschaft beim Bünder SV und dem Verein seit der F-Jugend treu.


Betonpiste an der Heide: Ein Spiel war zu Ende und man verabschiedete sich fair voneinander.


Jeden Sommer feierte der FC Ital. Bünde auf dem teilweise betonharten Heidesportplatz eine Woche lang sein Sportfest mit Bier, Bratwurst und Rotwein. „Wir hatten immer eine große Tombola. Die Bünder Geschäftsleute zeigten stets großzügig gegenüber unserem Verein“, sagt Salvatore D’Abundo (77), dessen Gesicht viele Bünder aus seinem Pizzastand bei den Stadtfesten kennen. Salvatore D’Abundo bekleidete von der Gründung des Vereins bis zur Auflösung das Amt des Geschäftsführers.
„Wir waren wie Vize-Kusen. Wir hatten häufig eine gute Mannschaft und am Ende der Saison waren wir wieder nur Zweiter. Trotz großer Anstrengungen sind wir nie aus der Kreisliga B herausgekommen“, sagt Giuseppe Cosentino, den alle nur „Pippo“ nennen. Er ist der Vater von Sascha Cosentino, dem heutigen Trainer des SC Herford. In den besten Jahren hatte der FC Ital. Bünde sogar eine A-Jugend.
Die drei etwas in die Jahre gekommenen Herren blicken mit Wehmut auf ihren FC Ital. Bünde zurück. Der Verein hatte sein Vereinslokal „Zum Humpen“ in Ennigloh an der Hauptstraße. Sie erzählen von erfolgreichen Turnieren mit Azzurri Paderborn, Akrakas Köln oder Juventus Bielefeld. Höhepunkt der Vereinsgeschichte war ein Pokalspiel gegen den damals übermächtigen Bünder SV. „Ich glaube, wir haben 2:1 gewonnen“, meint Dieter Hauptmann, langjähriger Akteur im Trikot des BSV. An das gleiche Ergebnis erinnert sich Giuseppe Pierri, aber auch er ist sich nicht ganz sicher. „Als ich 1986 Präsident wurde, kam der schleichende Untergang. Ich hatte nur zwei Jahre später die Aufgabe, den Verein aufzulösen. Wir hatten leider keine Leute mehr, da viele Landsleute nach Italien zurückkehrten“, sagt Cosentino nüchtern.


Juve-Look um 1984: Die erste Mannschaft des FC Ital. Bünde präsentierte sich mit dem Sponsor von der Pizzeria Via Veneto (stehend v. l.), „Pippo“ Cosentino, Carmelo Nicolosi, Luis Sanchez, Maurizio Serrone, Salvatore Marroro, Vito Nicolosi, Cosimo Scurti, Angelo Morraro, Trainer Dieter Büchel; Giuseppe Pierri (knieend v. l.), Antonino Marino, Salvatore Cutraro, Vito Cosua, Ignazio und Pino Serrone. In der Lederhose und mit Ball ist der jetzige SC-Herford-Trainer Sascha Cosentino unten links zu sehen.


Die drei Italiener betonen, dass ihr alter Verein immer ein gutes Verhältnis den anderen Nachbarvereinen hatte und mit offenen Türen begrüßt wurde. „Nur beim TuS FA Dünne war da mal etwas“, so Pierri schmunzelnd, ohne sich näher zu äußern. Letzter Trainer des Vereins war Dieter Büchel.
„Wenn ich Rentner bin, organisiere ich ein großes Treffen“, kündigt der 60-jährige Cosentino an. Irgendwo wird es dann in Bünde zumindest punktuell wieder ein südeuropäisches Flair geben mit viel „Dolce Vita“ und einer Menge Fußballgeschichten.

Die Serie

Warum wird man Fan einer Amateur-Mannschaft? In unserer Serie Generation Ascheplatz stellen wir Fans des Amateur-Fußballs vor. Sie haben eine besonders innige Bindung zu ihrem Klub, erinnern sich an Spiele auf Ascheplätzen oder haben Auf- und Abstiege erlebt und sind ihrer Mannschaft immer treu geblieben.
Berichten auch Sie uns davon, was Sie mit ihrem Herzensverein verbindet oder von den Erlebnissen zahlreicher Sonntagnachmittage, die Sie am Rand der Fußballplätze in der Region erlebt haben. Melden Sie sich bei der NW Bünde unter Tel. (0 52 23) 9 24-60 oder -58 oder per Mail an
â‹Œlokalsport.buende@nw.de

Aufrufe: 04.9.2015, 15:04 Uhr
Thorsten MailänderAutor