2024-05-10T08:19:16.237Z

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HFV-Präsident Stefan Reuß hat bis zum virtuellen Verbandstag noch einige Schreibtischarbeit zu erledigen.	Foto: Alexander Fischer
HFV-Präsident Stefan Reuß hat bis zum virtuellen Verbandstag noch einige Schreibtischarbeit zu erledigen. Foto: Alexander Fischer

Es ist Erleichterung zu spüren

INTERVIEW: +++ HFV-Präsident Stefan Reuß über Entscheidungen und offene Fragen +++

Dillenburg . Nach der wegweisenden Vorstandssitzung des Hessischen Fußball-Verbandes (HFV) mit der einstimmigen Empfehlung des Saisonendes in den hessischen Amateurligen haben sich noch offene Fragen ergeben, die sich vor allem um die Aufstiegschance der Mannschaften auf dem Relegationsrang und um den Pokalwettbewerb drehen. HFV-Präsident Stefan Reuß hat nun dazu Stellung genommen.

Herr Reuß, was genau hat der Verbandsvorstand am vorvergangenen Samstag im Rahmen seiner Sitzung beschlossen?

Nachdem in den letzten Wochen in allen 32 hessischen Fußballkreisen virtuelle Konferenzen veranstaltet worden waren, hat der Verbandsvorstand nach Sammlung aller Ergebnisse ein Saisonende zum 30. Juni 2020 ohne weiteren Spielbetrieb als wünschenswerteste Lösung auserkoren. Dabei soll es Aufsteiger, aber keine Absteiger geben. Die Tabelle wird nach der Quotienten-Regelung ermittelt. Doch um diese Empfehlung zu beschließen, ist ein außerordentlicher Verbandstag notwendig.

Was bedeutet Quotienten-Regelung?

Da nicht alle Mannschaften in ihren jeweiligen Ligen gleich viele Spiele absolviert haben, wird zur Ermittlung eines gerechten Punktewerts die Anzahl der Punkte durch die Anzahl der Spiele geteilt. Das Ergebnis dient zur Ermittlung des Tabellenstandes.

Ist das eine faire Lösung?

Es wird bei jeder Lösung Mannschaften geben, die die Entscheidung als unfair ansehen. Wir haben die Entscheidung getroffen, die dem sportlichen Gedanken am nächsten kommt, die die meisten Vereine favorisieren, und sind dabei auch vielen Vereinen entgegen gekommen, indem es keine Absteiger geben wird.

Was passiert mit den potenziellen Relegationsteilnehmern?

Das ist eine Frage, die wir juristisch noch einmal prüfen lassen. Dafür benötigen wir einige Tage. Wenn wir alle potenziellen Relegationsteilnehmer ebenfalls aufsteigen ließen, ergäbe dies noch größere Klassen im oberen Bereich auf Kosten der Basis, die gegebenenfalls zu wenige Mannschaften hätte. Umgekehrt wird argumentiert, dass man die potenziellen Aufsteiger nicht schlechter behandeln dürfe als potenzielle Absteiger. Die Organisation des Spielbetriebs mit den erhöhten Klassenstärken durch den Wegfall der Absteiger ist aber jetzt schon eine Herausforderung.

Ist die Saison jetzt für alle beendet?

Die Saison kann erst durch den Beschluss des außerordentlichen Verbandstages beendet werden. Der Verbandsvorstand hat dieses Vorgehen einstimmig empfohlen.

Was passiert mit den Pokalspielen?

Das ist eine Frage, die ebenfalls noch final geklärt werden muss. Im Hessenpokal verbleiben noch der Finalist FSV Frankfurt sowie die beiden Halbfinalisten FC Gießen und der TSV Steinbach Haiger. Dieser Wettbewerb hängt mit dem Finaltag der Amateure zusammen, daher wäre auch die Abstimmung unter allen Landesverbänden sinnvoll. In den Kreispokalwettbewerben sieht es in Hessen völlig unterschiedlich aus, was eine einheitliche Regelung ebenfalls nicht vereinfacht.

Wann werden die offenen Punkte geklärt?

Natürlich möchten wir die Punkte so schnell wie möglich klären. Wir haben bisher nach dem Grundsatz gehandelt, dass eine richtige, sinnvolle und durchdachte Entscheidung wichtiger ist als eine schnelle Entscheidung. Spätestens am außerordentlichen Verbandstag müssen die Entscheidungen fallen. Wir gehen davon aus, dass der Verbandstag am 13. oder 20. Juni stattfinden wird. Wir können aber nicht einfach ein Datum festlegen, sondern sind von der Bestätigung des Vereinsregisters abhängig, um die verkürzte Ladungsfrist anerkennen zu lassen.

Und wenn das vorzeitige Saisonende abgesegnet ist: Wann geht die neue Saison 2020/2021 los?

Das ist eine Frage, die auch bei sämtlichen Szenarien der aktuellen Saison mitschwang, denn das weiß natürlich niemand. Wir hoffen, dass wir im gewohnten Zeitraum mit der nächsten Saison starten können. Aber das kann zum jetzigen Zeitpunkt niemand vorhersagen, ob es so zutrifft.

Wird die nächste Saison im gewohnten Modus gespielt?

Nach jetzigem Stand schon. Aber wer weiß schon in der aktuellen Situation, wie es im September, im Oktober oder im kommenden März aussieht? Es könnte auch sein, dass wir die Saison beginnen und dass diese aufgrund einer weiteren Covid19-Welle erneut unterbrochen werden muss. Wir müssen über alternative Modelle nachdenken.

Können Sie die Stimmung unter den Fußballern einschätzen?

Ich habe viele Rückmeldungen bekommen und daher einen Eindruck, wie Hessens Fußballfamilie denkt. Viele Spielende, Vereinsvertretende und Fans hat die Unsicherheit am meisten belastet. Da nun der Weg für die Gewissheit bereitet ist und dabei der Wunsch der meisten in die Spielzeit Involvierte berücksichtigt ist, ist eine große Erleichterung zu spüren. Natürlich gibt es Personen, die sich eine andere Lösung wünschen, aber die Mehrheit begrüßt unseren vorgeschlagenen Weg.



Zwischen Erleichterung und Verunsicherung

Mit den Ergebnissen der Videokonferenz vom vergangenen Wochenende ist selbst innerhalb des HFV-Präsidiums nicht jeder zufrieden- So stellte Vizepräsident Torsten Becker in einem Interview mit dem Hanauer Anzeiger (Online-Veröffentlichung am 18. Mai) fest, dass die „Hängepartie“ bis zum Verbandstag für Verunsicherung unter den Vereinen sorge. Deswegen könne er mit dem Ergebnis der Videokonferenz nicht zufrieden sein. Offene Fragen wie der Umgang mit den Teams auf den Relegationsplätzen würden verhindern, dass es eine „Entscheidung in Gänze“ oder eine Beschlussvorlage gibt. Viele Vereine hätten aber eine Entscheidung erwartet und seien nun enttäuscht. Auf die Frage „Was sagen Sie über Vereine, die schon die Korken knallen lassen?“ antwortete Becker: „Das ist mutig, weil letztendlich der außerordentliche Verbandstag das letzte und entscheidende Wort hat.“ (jes)

Aufrufe: 022.5.2020, 08:00 Uhr
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