2024-05-02T16:12:49.858Z

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Erst Manchester, dann Altlüdersdorf

Für Schiedsrichter-Assistent Jan Seidel ging es nach der Euro-League in die Oberliga Nord

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Welcher Fan nicht genau wusste, wer da beim Heimspiel des SV Altlüdersdorf an der Seitenlinie stand, kam spätestens dann ins Grübeln, als er das Fifa-Emblem auf dem Trikot erkannte. Jan Seidel, der sonst bei Fußballspielen auf ganz großer Bühne amtiert, war am Sonntag in der Oberliga im Einsatz.

Noch am vergangenen Donnerstag ging die Dienstreise für den 31-Jährigen zum FK Rostow. Gegner der russischen Mannschaft in der Europa-League: Das mit Stars gespickte Team von Manchester United. Seidel, der in Schwante wohnt, wurde als vierter Offizieller des Schiedsrichtergespannes eingesetzt. Zu seinen Aufgaben gehörte es da auch, sich um die Trainer zu kümmern. Und auf Seiten der Engländer ist das eben José Mourinho, der gerade für Unparteiische nicht immer einfach zu händeln ist. Er habe sich schon darauf vorbereitet, den United-Coach vielleicht das eine oder andere Mal zurechtweisen zu müssen. „Doch Mourinho war super entspannt“, berichtet Seidel.

Entspannt war es für den Assistenten aus Schwante am Sonntag auch in Altlüdersdorf. Das Schiedsrichter-Gespann brachte das Heimspiel des SVA (2:0) gegen den akut vom Abstieg bedrohten 1. FC Frankfurt ohne Aufreger über die Bühne. Eine solche Begegnung, nur weil es eben die Oberliga und nicht die Bundesliga ist, auf die leichte Schulter zu nehmen, kommt für Jan Seidel überhaupt nicht infrage. „Die Aufgabe ist ja keine andere. Der Druck ist vielleicht etwas geringer und die Rahmenbedingungen etwas einfacher. Man hört auch jedes Wort der Fans, aber letztlich ist es ein Job“, erklärt Jan Seidel. „Alle haben eine hohe Erwartungshaltung an dich. Ich nehme auch ein Oberliga-Spiel natürlich ernst.“

Dass es überhaupt zu einem Einsatz an der Seitenlinie in Altlüdersdorf kam, hängt mit Seidels Auftritt in der Europa-League zusammen. Um sich von den Reisestrapazen zu erholen, wurde er nicht für Partien der 1. und 2. Bundesliga sowie für die 3. Liga nominiert. Trotzdem signalisierte er seine Bereitschaft, in der Regional- sowie Oberliga amtieren zu wollen – „dass es nun Altlüdersdorf wurde, ist natürlich optimal.“

Im Leben von Jan Seidel ist in den vergangenen Monaten einiges passiert. Der fest im Fußball-Oberhaus etablierte Schiedsrichter-Assistent wurde 2016 das erste Mal für das internationale Geschäft nominiert. „Ein Highlight jagt das nächste“, freut er sich. Denn neben Einsätzen in der Euro-League durfte der Oberhaveler auch schon große Fußballabende in der Champions-League – wie beispielsweise in der Gruppenphase bei der Begegnung FC Arsenal gegen Paris St. Germain – als vierter Offizieller erleben.

In diesem Jahr folgt nun der nächste Schritt auf der Karriere-Leiter des Jan Seidel. Wenn am 16. Juni in Polen die Europameisterschaft der U 21 angepfiffen wird, ist auch der Mann aus Schwante dabei. Sein Team setzt sich wie folgt zusammen. Schiedsrichter Tobias Stieler; Assistenten Rafael Foltyn und Jan Seidel; Torrichter Daniel Siebert und Benjamin Brand. „Wir haben bei diesem Turnier Verantwortung für das Land und vertreten den Deutschen Fußballbund“, sagt Seidel.

Um als eines von insgesamt acht internationalen Gespannen bestmöglich vorbereitet die Europameisterschaft anzutreten, geht es für den 31-Jährigen nach der Bundesliga-Saison nahtlos mit Lauf- und Fitnesstests weiter. „Wir absolvieren auch noch Videoschulungen und müssen als Team noch ein, zwei Spiele gemeinsam leiten.“

Viel Spielraum, einmal die Füße hochzulegen, hat Jan Seidel 2017 also nicht. „Zeitlich ist das sehr anspruchsvoll“, sagt er. Auf beruflicher Ebene habe er als Angestellter bei der Investitionsbank Berlin noch einmal die Arbeitsstunden reduzieren können, um den Job und das Schiedsrichter-Wesen unter einen Hut bringen zu können. „Das klappt richtig gut. Zu Hause ist es natürlich nicht immer einfach“, gesteht er. „Doch ich versuche mit der Familie das Beste aus der Zeit zu machen, die wir haben.“

Die Familie ist es, die Jan Seidel bei allem unterstützt und ihm genau den Raum gibt, den er zur optimalen Entfaltung seiner sportlichen Ambitionen braucht. Denn Jan Seidel hat in den kommenden Jahren noch einiges vor. „In der Champions-League war ich als vierter Offizieller schon einige Male dabei. Als nächstes möchte ich als Assistent nominiert werden. Wenn ich weiter meine Leistung bringe, wird das über kurz oder lang kommen. Das große Karriere-Ziel ist die Teilnahme an einer Europa- oder Weltmeisterschaft der Männer.“ Zunächst einmal geht es aber für Seidel in der Bundesliga weiter. Im nächsten Spiel wird er wieder in der Bundesliga amtieren.

Aufrufe: 014.3.2017, 14:30 Uhr
MOZ.de / Steffen KretschmerAutor