2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
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"Das Schlimmste am Sonntagmorgen ist immer der Blick aufs Handy"

Auch sie sind sind rein punktemäßig noch nicht so richtig in der Liga angekommen, können aber trotzdem durchaus zufrieden mit den bisherigen Leistungen sein: Der FC Spraitbach II mit seinem Trainer Tim Jakob zwischen der Weiterentwicklung junger Spieler und Absagen in letzter Minute.

Auch beim FC Spraitbach spürt man den harten Ligaalltag in der Kreisligs B. Die Umstellung von der Reserveliga auf Kreisliga ist dann doch enorm, das weiß auch Tim Jakob (29), der gar nicht groß gefragt wurde und deshalb auch nicht lange zögern konnte, ob er sich für die Belange der Zweiten des FC verantwortlich zeigt. Im Interview erzählt er, worauf er sich sonntags am meisten freut und ob er in dieser Saison auch selbst nochmal auf dem Rasen stehen wird.

Wie ist so im Allgemeinen die Stimmung bei euch beim FC Spritbach und in der Mannschaft?

Natürlich ist die aktuelle Situation Corona-bedingt nicht ganz einfach. Ich denke, jeder würde sich wieder mehr Normalität wünschen, egal ob auf dem Fußballplatz oder aber auch generell im Alltag. Trotzdem, muss ich sagen, ist die Stimmung bei uns sehr gut.

Da sind wir aber natürlich auch geprägt von den Erfolgen der letzten Jahre und den zwei damit verbundenen Meisterschaften und direkten Aufstiegen von der Kreisliga B bis hin in die Bezirksliga. Wir haben hier mit einer geilen Truppe, die größtenteils aus Spraitbachern besteht, wirklich Vereinsgeschichte schreiben können. Und wir haben dadurch nun zwei Mannschaften im aktiven Spielbetrieb, was es so im Verein auch noch nicht gab. Und das schweißt unheimlich zusammen.

Aktuell läuft die Saison bei uns und der ersten Mannschaft nicht ganz so gut, wie wir es uns vorgestellt haben. Aber für beide Mannschaften ist dies eine neue und große Herausforderung, der wir uns stellen möchten. Und von ein paar Niederlagen lassen wir uns die Stimmung nicht vermiesen!

Wir halten sehr viel Kontakt zueinander – natürlich immer im Rahmen des Erlaubten. Man merkt aber schon der Mannschaft an, dass der Fußball fehlt und auch das einer oder andere Kabinenfest nach dem Training am Freitag. Deshalb hoffen wir einfach, dass der Ball schnellstmöglich wieder rollt.

Wie kam es eigentlich dazu, dass du die Zweite in dieser Saison übernommen hast?

Ich muss ehrlicherweise zugeben ich wurde eigentlich gar nicht groß gefragt lacht.

Ich manage jetzt schon seit gut fünf Jahren die Reservemannschaft bei uns. Und eigentlich war die größere Frage, ob wir als Verein es bewerkstelligen und Stämmen können, eine zweite Mannschaft im aktiven Spielbetrieb zu melden. Als wir uns dann nach den Gesprächen mit den Jungs und den Verantwortlichen des Vereins dazu entscheiden haben, gab der Verein dies bekannt und nannte mich als Trainer.

Für mich war das aber gar kein Problem, da ich selber großen Bock darauf hatte – und natürlich immer noch habe – und vom Verein und der Mannschaft großen Zuspruch erhalte.

Was bist du für ein Typ an der Seitenlinie? Und auf dem Platz?

Schwer zu sagen. Ich bin nicht der Typ Trainer, der die Linie rauf und runter rennt und dauerhaft reinschreit. Ich bin zu 100% immer beim Spiel und versuche natürlich, so gut es geht ins Spielgeschehen einzugreifen und dann zu reagieren, wenn es nötig ist. Laut werde ich eigentlich nur, wenn sich jemand unfair meinen Spielern gegenüber verhält. Ansonsten würde ich schon sagen, dass ich ein sehr ehrgeiziger Trainer bin. Ich hasse es unheimlich, zu verlieren und freue mich mit am meisten, wenn wir gewinnen. Ansonsten bin ich auch ein sehr gelassenere Typ, der eigentlich mit jedem sehr gut auskommt. Es muss schon einiges passieren, damit ich mit einem Spieler nicht klarkomme.

Ich lasse auch nach dem Spiel gerne eine Kiste Bier springen, manchmal auch zwei lacht.

Als Spieler war ich oder bin ich … naja … ich sag mal so: Nicht der Spieler, der am meisten läuft. Ich habe immer versucht, alles zu geben, aber meine Stärke war definitiv noch nie das Laufspiel.

Worauf kommt es in dieser Liga am meisten an? Was braucht ein Team, um zu bestehen?

Die größte Herausforderung für uns war erst einmal den Sprung von der Reservemannschaft in eine aktive Zweite. Man spürt sofort den Klassenunterschied. Ich denke, in dieser Liga kommt es – vor allem für die zweiten Mannschaften – auf die Breite des ganzen Kaders an. Man ist oftmals sehr stark davon abhängig, wie gut die erste Mannschaft besetzt ist und wen wir für den Kader der zweiten Mannschaft haben. Deshalb ist ein breiter Kader sehr wichtig in dieser Liga, denke ich.

Außerdem ist es sehr wichtig, eine gute Mischung zwischen jungen und erfahrenen Spielern im Kader zu haben. Es ist sehr von Vorteil, wenn man Spieler in der Mannschaft hat, die schon einige Saisons in der Klasse gespielt haben und auch die anderen Mannschaften kennen.

Ein Team braucht vor allem den Zusammenhalt. Auch und vor allem dann, wenn es mal nicht so gut läuft und man mehrere Spiele verliert. Es gibt in dieser Liga viele Vereine aus kleineren Dörfern, wo man nicht unbedingt einen sehr großen Kader hat und gerade hier ist der Zusammenhalt unheimlich wichtig. Dies ist auch bei uns der Fall. Und hier kann ich wirklich sagen, bin ich sehr stolz auf meine Jungs, dass alle so mitziehen, Bock haben und dabeibleiben.

Natürlich schadet es aber auch nicht, wenn man Spieler im Kader hat, die gut kicken können lacht.

– Foto: Thomas Nast

Wie lief die erste Hälfte der Saison bei euch? Wie würdest du die Leistung und Entwicklung deiner Mannschaft bewerten?

Wie schon vorhin erwähnt, war es eine sehr große Umstellung für uns von der Reservemannschaft zu einer aktiven Mannschaft. Wenn man auf die Tabelle schaut, sieht es alles andere als gut aus. Wir stehen auf dem vorletzten Tabellenplatz und mussten schon 29 Gegentore hinnehmen.

Jedoch muss ich sagen, bin ich alles in allem sehr zufrieden mit meiner Mannschaft.

Wir hatten leider auch kein einfaches Programm zum Start der Saison. Angefangen im Pokal mit dem A-Ligisten Herlikofen und sofort danach unser ersten Saisonspiel zu Gast beim Meisterschaftsfavoriten Pfahlbronn. Hier haben wir zwar zwei Mal verloren mit 1:4 und 4:0, haben es aber den beiden Mannschaften teilweise ziemlich schwer gemacht. Wir wollten sehr tief stehen und wenig zulassen und das ist uns, wie gesagt, teilweise gut gelungen. Ich denke, wir haben uns ganz ordentlich verkauft. Wir haben dann auch Spiele ärgerlich verloren. Gegen Lorch II gleich am zweiten Spieltag führten wir bis zur 71. Minute mit 2:0 und verloren noch 3:2. Man muss aber auch zugeben, dass es Spiele gab, in denen wir Lehrgeld zahlen mussten, wie bei dem 7:1 gegen Ermis.

– Foto: Thomas Nast

Aber es macht großen Spaß, der Mannschaft zuzuschauen, wie sich jeder reinhängt, kämpft und wirklich alles gibt, egal welcher Gegner kommt – sei es der Tabellenerste oder Tabellenletzte. Man merkt auch von Spiel zu Spiel mehr, wie die Abläufe und Abstimmungen besser funktionieren. Wir haben noch viel zu lernen, befinden uns aber auf einem guten Weg.

Wie funktioniert die Arbeitsteilung bei euch im Trainerteam und was sind konkret deine Aufgaben?

Generell handhaben wir es so, dass wir ein gemeinsames Training haben, erste und zweite Mannschaft. Das übernimmt dann auch eigentlich immer der Trainier der ersten Mannschaft oder in letzter Zeit die Trainer. Wir haben ja mit Kevin Daboci und Tobias Tangl zwei Interimstrainer gestellt, die in der letzten Zeit eingesprungen sind und das Training auch wirklich sehr gut geleitet haben. Und hier agiere ich dann eigentlich nur als Spieler und trainiere ganz normal mit. Das ein oder andere Training findet dann auch gezielt nur für die zweite Mannschaft statt, welches ich dann leite. Aber wie gesagt: Im Regelfall kümmert sich der Trainier der ersten Mannschaft um das Training. Aber im Wesentlichen konzentriere ich mich dann auf die Aufgaben am Freitagabend bei der Spielersitzung mit dem Ausblick auf den Gegner und der Zusammenstellung des Kaders.

Und dann natürlich der Spieltag am Sonntag. Eigentlich gehört der ganze Sonntag dem FC. Das findet meine Freundin meist nicht so berauschend, aber da hat sie sich mittlerweile dran gewöhnt.

Wenn wir ein Heimspiel haben, beginnt der Tag um 11 Uhr auf dem Sportgelände und endet am Abend um circa 19 Uhr. Bei Siegen kann es auch noch später werden. Ich bereite dann gern schon früh alles vor: Trikots, Mannschaftsmeldung, Aufstellung etc. und dann gehts meist auch schon los mit unserem Spiel. Und sobald wir unser Spiel dann beendet haben, geht dann das Spiel der Ersten los und auch hier schaue ich natürlich, wo ich helfen und unterstützen kann. Freue mich dann aber auch, wenn alles soweit läuft und ich das Spiel gemütlich mit einem Bier anschauen kann.

Siehst du dich eigentlich selbst noch immer mehr als Spieler oder als Trainer?

Ich würde ganz klar sagen mehr in der Rolle als Trainer. Die Jungs fragen immer: „Warum spielst du heute nicht?“ oder „Warum wechselst du dich denn nicht ein?“ Ich sage dann immer, wenn es eng geworden wäre, dann wäre ich schon rein lacht. Aber nein, ich weiß selber, dass ich der Mannschaft von außen mehr bringe als auf dem Spielfeld. Und außerdem haben wir vorne im Sturm zwei richtig gute Spieler mit Anton Regel und Yannik Wengert. Aber mit Sicherheit werde ich auch noch die ein oder andere Minute spielen, dafür macht es mir aktuell noch zu viel Spaß und ich weiß selber, wie dünn unser Kader oft besetzt ist. Deshalb sind die Kickschuhe grundsätzlich mit dabei.

– Foto: Thomas Nast

Was ist das Tollste am Trainerjob?

Für mich ist es einfach das gesamt Paket, was mir großen Spaß macht. Ich habe, wie gesagt, in der Reserve angefangen, weil es keiner mehr machen wollte und es hat sich dann so entwickelt. Auch für mich ist es eine neue und große Herausforderung jetzt in der Kreisliga B. Aber ich merke jetzt schon, wie mir auch diese Herausforderung einfach mehr und mehr Spaß macht. Das Arbeiten mit den Jungs, zu versuchen, jungen Spielern was mit auf den Weg zu geben und ihre Entwicklung zu begleiten. Wenn man merkt, wie sie immer besser werden, finde ich das richtig gut. Nehmen wir bei uns das Beispiel von meinem Spieler Felix Waibel: Ein junger Spieler, der nach der A-Jugend nichts mehr gemacht hat und diese Saison wieder angefangen hat, schießt in den ersten zwei Spielen zwei Eigentore und ist jetzt aber fast schon ein Kandidat für die erste Mannschaft.

Gibt es auch etwas, was dich an deinen Jungs ärgert?

Es gibt sicherlich ein paar Dinge, die mich ärgern, die aber alle halb so schlimm sind. Am allermeisten ärgert mich, dass wir oftmals noch denken wie eine Reservemannschaft und mir Spieler dann samstagabends oder samstagnachts noch schreiben, sie könnten morgen nicht spielen, da sie verletzt sind. Das Schlimmste am Sonntagmorgen ist immer der Blick aufs Handy. Es gibt wenige Sonntage, an denen keine Nachricht von Spielern drauf sind. Aber auch das wird weniger und irgendwie gehört es fast auch schon dazu lacht.

– Foto: Thomas Nast

Habt ihr ein Saisonziel, wenn es wieder losgeht? Wo soll die Reise auch langfristig noch hingehen?

Ja, diese Ziele haben wir. Für diese Saison ist unser Minimalziel, mehr Punkte zu holen als in der Hinrunde. Es wäre sehr schön, noch ein, zwei Plätze in der Tabelle nach oben zu klettern. Und natürlich wollen wir den Derbysieg zuhause. Wir haben leider das erste Derby gegen unseren Nachbarn in Durlangen verloren und wollen deshalb umso mehr zuhause den Derbysieg.

Langfristig betrachtet wäre es natürlich richtig stark, wenn wir es schaffen würden, dauerhaft zwei Mannschaften im aktiven Spielbetrieb zu haben. Ich denke, das wäre durchaus möglich, da sich der Verein gerade generell in die richtige Richtung entwickelt. Wir haben mit Ralf Lackner, einem ehemaligen Spieler des FC, einen wirklich sehr guten Vereinsvorstand, der sehr engagiert ist, viel macht und versucht, den Verein nach vorne zu treiben. Auch mit meinem Bruder Michael Jakob haben wir jemanden, der unheimlich viel für den Verein und die Mannschaft macht und bewirkt. Und genau mit solchen Leuten, noch ergänzt durch unserem Abteilungsleiter Michael Joos, den man an dieser Stelle nicht vergessen darf, spürt man einfach, dass gerade Vieles möglich ist und in die richtige Richtung läuft.

Aufrufe: 020.12.2020, 11:32 Uhr
Michael FeindertAutor