2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines

Arne Ruff über Futsal und die Hallenstadtmeisterschaft

"Jeder der Fußball spielt und liebt, wird auch Futsal lieben. Im Futsal werden viele taktisch und technische Fähigkeiten gefördert, die im modernen Fußball benötigt werden."

In der Winterpause spaltet sich schnell die Meinung der aktiven Amateurfußballer. Nicht viele befürworten, dass die Hallenstadtmeisterschaft in Futsal ausgetragen wird. Dazu werden die meisten eigenen Vereinsturniere mit den klassischen Regeln aus der Vergangenheit ausgetragen und nicht mit Futsal. Wir sprachen mit Eintrachts Arne Ruff, der den Futsal in Braunschweig erst so richtig bekannt gemacht hat.

Arne Ruff gründete 2013 den "Beachsoccer & Futsal Club Braunschweig". Vier Jahre später entsteht daraus das Futsal-Team in der Amateurabteilung des Traditionsclubs Eintracht Braunschweig, für das Ruff in der Regionalliga Nord zuständig ist. Im Interview spricht er mit uns darüber, was Futsal auszeichnet, seine Einstellung zum Sport, die Hallenstadtmeisterschaft als Futsal sowie die Kleinfeld-WM.

Du hast jahrelang unter anderem in der Oberliga bei Freie Turner und BSV Ölper Fußball gespielt, bevor du dich vor einigen Jahren für Futsal entschieden hast. Wie kam es zu diesem Schritt?
Man muss wissen, dass mein Antrieb im Fußball immer war Profi zu werden. Ich habe mein letztes Hemd für den Sport gegeben und bereue es nicht, weil ich unfassbar viele Erinnerungen mit dem Fußball verbinde und viel über das Leben gelernt habe, was mir heute weiterhilft. Als Kind und Jugendlicher habe ich in Hannover täglich auf kleinen Bolzplätzen aus Asche gespielt bis die Lunge immer abends vom Staub gebrannt hat. Schon damals hat mich das Fußballspielen auf kleinem Raum und Futsal auf Eurosport fasziniert. Wenn andere feiern waren bin ich mit Bolzplatzkollegen Samstagnachts immer zum Mitternachtssport gegangen und wir haben dort in der Halle gezockt. Im Fußball-Herrenbereich hatte ich nach einigen Jahren allerdings bei so vielen Vereinen in Norddeutschland gespielt, dass die Namen nicht mehr auf ein Blatt Papier passten. Anspruch und Wirklichkeit lagen irgendwann zu weit auseinander, dass ich die Motivation verlor. Ich brauchte ein neues Projekt. Nach jahrelangem Oberligafußball, habe ich dann 2013 zusammen mit meinem langjährigen Fußballwegbegleiter und einem meiner besten Freunde Ole Wegener beschlossen, etwas Neues mit einem professionellen Anstrich zu starten und den BFC Braunschweig zu gründen. Der Beachsoccer & Futsal Club Braunschweig war der erste Futsalclub in der Region.

Es ging sehr schnell steil nach oben und aus eurem eigenen Projekt "BFC" wurde nun eine Sparte bei Eintracht Braunschweig. Hättest du vor ein paar Jahren damit gerechnet?
"Sehr schnell steil nach oben" mag die Außenwahrnehmung sein. Das Projekt BFC Braunschweig hat unglaublich viel Zeit und Körner in Anspruch genommen und es war ein sehr steiniger Weg, weil niemand Futsal kannte und die Sportart eher für ein Sprachfehler gehalten wurde. Daher ist es schon eine erstaunliche Geschichte, dass wir nun bei der Eintracht sind, weil wir bei der Gründung des BFC natürlich nicht an Blau-Gelben gedacht haben. Allerdings ist der Gedanke mit zunehmenden Erfolg gewachsen. Im Sinne der Nachhaltigkeit und Weiterentwicklung musste der BFC irgendwann bei den Löwen angegliedert werden. Eintracht Braunschweig ist einfach der Traditionsverein unserer Region mit unglaublichen Fans. Damit verknüpft sind natürlich auch große Chancen für den Futsal. Die Angliederung ging allerdings erst, als der BFC in seinen Strukturen gefestigt war. Mitte 2016 war dann der richtige Moment den Kontakt zur Eintracht aufzunehmen.

Was zeichnet Futsal aus?
Futsal ist ein unglaublich schneller, spektakulärer, körperlicher Sport. Im Futsal ist zum Beispiel ein mannschaftlich geschlossenes Pressing in der Verteidigung oder Angriffsvariationen über zwei bis drei Spieler elementar. Jeder Spieler sollte zum Beispiel über ein Grundpotential im 1 gegen 1, offensiv wie defensiv, verfügen und am besten mit beiden Beinen schießen können. Dies sind übrigens Fähigkeiten, die Jogi Löw erst kürzlich in der Sportschau im deutschen Fußball als vermisst gemeldet hat.

Du hast an etlichen Hallenturnieren und Hallenstadtmeisterschaften in deiner Zeit als Fußballer teilgenommen. Wo unterscheidet sich Fußball und Futsal?
9 der letzten 10 Weltfußballer haben ihre Karriere mit Futsal begonnen. Ronaldo, Messi, Ronaldinho, Maradona, alle haben sie Futsal gespielt. Futsal ist die einzige von der FIFA anerkannte Hallenfußballvariante, die dem Fußball aus den oben genannten Gründen extrem nahekommt und überall auf der Welt mit Begeisterung gespielt wird. In Südamerika und Asien zum Beispiel spielen mehr Menschen Futsal als Fußball. So immitiert zum Beispiel der sprungreduzierte Futsal-Ball das Sprungverhalten des Fußballs auf dem Rasen oder es gibt Außenlinien wie im Feldfußball auch. Wir sollten aufhören uns auf die Unterschiede zu fokussieren und Futsal als Chance für den deutschen Fußball begreifen. Wir haben fast fünf Monate Winter in denen wir unseren Fußball weiterentwickeln können.

Es ist Jahr für Jahr eine große Diskussion, dass sich der Niedersächsische Fußballverband für Futsal und gegen den bisher klassischen Hallenfußball ausgesprochen hat. Wieso sind deiner Meinung nach so viele gegen die neuen Regeln?
Die Gründe sind sicherlich vielschichtig und ich kann die Diskussion vorallem bei den aktiven Spieler durchaus nachvollziehen. Erst einmal gilt es festzuhalten, dass der Niedersächsische Fußballverband sich nicht für Futsal entschieden hat, sondern sich den Vorgaben des DFB zur Förderung des Futsals beugen musste. Darin liegt schon eins der Hauptprobleme. Viele Verbandsoffizielle, Ehrenamtliche und Trainer stehen nicht hinter Futsal. Das Thema "Futsal" ist für viele nur eine lästige Arbeitsbaustelle, die in Deutschland keine Tradition hat und für die auch nur die wenigsten Kompetenz besitzen. Es ist ein menschlicher gedanklicher Prozess. Fehlende Kompetenz in einem Bereich führt in aller erster zu Ablehnung. Hinzu kommt, dass die Regeln teilweise unsinnig angepasst oder ständig wieder verändert werden. Wenn ich zum Beispiel höre, dass in einigen Kreisen der Ball vom Torwart in der Spieleröffnung nicht über die Mittellinie geworfen werden darf, schlage ich die Hände über dem Kopf zusammen. Ist die Spieleröffnung über den Torwart nicht ein Bestandteil des modernen Fußballs? Muss eine angreifende Mannschaft nicht Tiefe im Spiel haben und eine verteidigende Mannschaft schnell von Angriff auf Abwehr umschalten können? Teilweise habe ich das Gefühl, dass der Futsal-Verdruss vorallem auch auf Regeln zurückzuführen sind, die gar nichts mit Futsal zu tun haben, sondern von den Organisatoren eingebracht werden. Hinzu kommt, dass den Schiedsrichtern, die nicht in einem Futsal-Ligabetrieb pfeifen, die Wettkampfpraxis fehlt, um mit der besonderen Situation sensibel genug umzugehen.

In den letzten Monaten gab es einen großen Hype bei den Fußballern bezüglich der Kleinfeld-Weltmeisterschaft mit unter anderem vier Spielern aus der Region. Welche parallelen kann man dort zum Futsal bzw. Hallenfußball ziehen?
Eine starke Leistung der Jungs! Toll dass Deutschland und unsere Region dort so stark repräsentiert wurde. Zwischen Kleinfeld-Fußball und Futsal liegen allerdings technisch und taktisch Welten. Das liegt alleine schon daran, dass im Kleinfeldfußball der Torwart beliebig oft angespielt werden darf und bei Aus der Ball eingeworfen wird. Im Futsal darf der Torwart nur einmal pro Ballbesitz in den Spielaufbau einbezogen werden und alle Standards werden mit dem Fuß ausgeführt. Es scheinen kleine Unterschiede zu sein, die aber riesige Auswirkungen auf Taktik und Technik haben. Im Kleinfeldfußball sind wir Weltmeister, obwohl die Kleinfeldnationalmannschaft von einem kleinen Verband organisiert wird. Natürlich trotzdem eine unglaubliche Leistung. Im Futsal wäre die Qualifikation der DFB-Fünf zur Weltmeisterschaft eine kleine Sensation. Das sagt im Prinzip schon alles aus.

(Foto: Martin Ehlert)

Aufrufe: 013.12.2018, 15:32 Uhr
Jens GrotheAutor