2024-05-10T08:19:16.237Z

FuPa Portrait
Zweikämpfe ausschließlich in der Halle: Die Kicker des SC Aachen (oben) bilden Aachens erstes reines Futsalteam, das Thorsten Amberger (unten links) trainiert. Armin Motakef (unten rechts) ist der sportliche Leiter. Bei Alemannia Aachen kümmern sich Abteilungsleiter Olcay Togan (Mitte, links) und Trainer Daniel Peters (Mitte, rechts) um die Hallenfußballer. Fotos: Andreas Steindl (4), Carsten Rose
Zweikämpfe ausschließlich in der Halle: Die Kicker des SC Aachen (oben) bilden Aachens erstes reines Futsalteam, das Thorsten Amberger (unten links) trainiert. Armin Motakef (unten rechts) ist der sportliche Leiter. Bei Alemannia Aachen kümmern sich Abteilungsleiter Olcay Togan (Mitte, links) und Trainer Daniel Peters (Mitte, rechts) um die Hallenfußballer. Fotos: Andreas Steindl (4), Carsten Rose

Eine Sportart, die so klein ist wie ihr Ball

Futsal ist Hallenfußball, aber keine Schönspielerei, finden die Experten. In Aachen und Umgebung gibt es bislang zwei Vereine.

Der Sportclub Aachen ist vergangene Saison in die WFLV- beziehungsweise in die NRW-Liga aufgestiegen. Standesgemäß hat der Fußballkreis Aachen den Kickern neben einer Urkunde auch einen Fußball überreicht. „Daran sieht man mal, wie klein und unbekannt die Sportart noch ist“, sagt Armin Motakef, der sportliche Leiter des SC Aachen. Er sagt das mit einem breiten Grinsen, weil die SC-Kicker keine Fußballer, sondern Futsaler sind. Sie spielen die von der Fifa anerkannte Variante des Hallenfußballs.

Der Sportclub ist der erste reine Futsalclub in Aachen, der im April 2014 gegründet wurde, nachdem sich Motakef und Co. ab Ende 2011 das Know how erst bei Schwarz-Rot Aachen angeeignet und nur in der Halle Fußball gespielt haben. „Wir legen viel Wert darauf, dass unsere Spieler reine Futsaler sind“, sagt Motakef, „weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass sich manche doch für den Fußball sonntags statt Futsal samstags entschieden haben.“ Ein Doppelspielrecht des DFB für beide Fußballvarianten ist nämlich möglich.

Kein „Rumgedribbel“

Der Hallenfußball sei aber kein reines „Rumgedribbel“ wie viele denken würden, sagt Motakef. „Man muss als Mannschaft auftreten. Das ist genau das Gegenteil von dem, was sich viele vorstellen.“ Aufgrund der Geschwindigkeit auf dem kleinen Hallenspielfeld muss jeder Spieler jede Position spielen können. Diese heißen Fixo, Ala und Pivot. Im 1-2-1-Spielsystem ist der Fixo der defensivste Akteur, der eine gute Übersicht haben muss und Regie führt. In der Raute bekleiden zwei Alas die Außenpositionen; sie müssen wendig und lauffreudig sein, um Räume für die Angriffe zu schaffen. Im Sturm steht der Pivot, ein kräftiger Spieler, der die Bälle behaupten muss und in der Defensive der erste Verteidiger ist.

Selbst der Torwart muss Technik und Spielverständnis aufbringen, da es beim Futsal die „Flying Goalkeeper“-Regelung gibt. Das heißt, dass er als fünfter Feldspieler gilt und in der gegnerischen Hälfte so oft wie möglich angespielt werden darf. In der eigenen Hälfte ist das nur einmal erlaubt.

„Ein guter Fußballer ist zwangsläufig kein guter Futsaler und andersherum“, sagt Thorsten Amberger, Trainer des SC. Eine eigene Futsal-Lizenz gibt es nicht, es gibt beim üblichen Bogen für den Fußballtrainerschein lediglich ein Extrafeld zum Ankreuzen. Abgesehen von den Lehrgängen hat Amberger nie etwas mit Fußball am Hut gehabt: Er kommt vom Handball. „Für mich ist Futsal als Hallensport und wegen des kleineren Feldes dem Handball oder Basketball näher als dem Rasenfußball“, sagt Amberger, denn wie bei den beiden Wurfsportarten wechseln die Spieler ständig von Offen- auf Defensive. Verschnaufpausen gibt es im Prinzip nicht.

In der NRW-Liga spielt der SC gegen neun weitere Teams und steht nach zwölf von 18 Spielen, zwei Siegen und einem Remis mit dem Bonner SC und dem PSV Wesel am Ende des Tableaus. Vom Niveau her liege zwischen der NRW-Liga und der Mittelrheinliga ein beachtlicher Unterschied, sagt Motakef, weil schlicht und einfach mehr Futsal gespielt werde. „In der Mittelrheinliga spielen alle viel mehr Eins-gegen-Eins und dribbeln wie Messi, weil sie denken, dass das Futsal ist.“ Man muss bei der Einordnung der Ligen indes bedenken, dass es in Nordrhein-Westfalen neben der NRW-Liga nur je eine Liga im Verband Mittelrhein und Niederrhein und drei in Westfalen gibt. Keine Kreisligen. Den Traum von der Bundesliga kann sich (noch) niemand erfüllen – auch die gibt es nicht. Indes gibt es eine Mittelrheinauswahl, für die mit dem Spanier Carlos Blasco und Keeper Alexander Esper zwei SC-Akteure auflaufen.

In der Mittelrheinliga spielen in dieser Saison erstmals acht Mannschaften, darunter die SC-Reserve und eine dritte offizielle Mannschaft, die jedoch aus Spielern des TSV Kempten besteht. „Der Verein hatte noch keine eigene Abteilung und hat daher bei uns angefragt“, erklärt Motakef. Diese Absprache kann man lückenlos zu der Kategorie „Wachstumsschmerzen“ zählen, die der sportliche Leiter hinsichtlich der Entwicklung seines Hallensports anspricht. „Hallenzeiten zu bekommen, ist manchmal chaotisch, da müssen wir improvisieren“, sagt Motakef. Der SC trainiert in Vaals und muss dafür auch bezahlen. Aber alle Wachstumsschmerzen, sagt Motakef, nehme er persönlich gerne in Kauf, so lange sich die Mittelrheinliga mit acht Mannschaften etabliere.

Ligakonkurrent Alemannia

Den zweiten Platz in der Liga belegt aktuell Alemannia Aachen (sieben Spiele, fünf Siege), die in ihrer zweiten Saison ist. Ein Unterschied zum SC: Einige Alemannen nutzen das Doppelspielrecht. „Etwa 90 Prozent der Spieler sind aktuelle oder ehemalige Fußballer“, sagt Abteilungsleiter Olcay Togan, der selbst ein Kreisliga-Kicker war, jedoch kein aktiver Futsaler.

Ein Spieler, der – solange es die Zeit erlaubt – beide Arten spielt ist Onur Alagöz, der beim bayrischen Regionalligisten SV Schalding-Heining unter Vertrag steht und früher auch für die Alemannia gekickt hat. „Es ist eine gute Ablenkung in der Winterpause und nicht so monoton wie laufen oder schwimmen“, sagt Alagöz, der in der Taktik den größten Unterschied zum Fußball sieht: „Wenn einer schläft, kann man das bei vier Leuten schlecht kompensieren.“

Stolz zeigt sich Olcay Togan, dass im Team nicht nur Fußballer aus der Region stehen, sondern immer mehr Portugiesen, Spanier oder Niederländer, die gezielt bei der Alemannia anfragen würden – in erster Linie Studenten, die Futsal aus ihrer Heimat kennen. Denn in vielen Ländern ist Futsal die einzige Variante des Hallenfußballs, besonders in den Nachbarländern. „Futsal hat eine längere Tradition als der Hallenfußball, der in den deutschsprachigen Ländern gespielt wird“,sagt Trainer Daniel Peters, „deswegen sind die Niederländer und Belgier auch viel weiter als wir.“ Daraus folgt für Togan die logische Frage: „Wenn es dort klappt, wieso sollte das bei uns nicht auch funktionieren?“

Fast 30 Spieler zählt das Alemannia-Team, aber eine Jugend gibt es wie beim SC Aachen nicht. Für junge Fußballer sei gerade Futsal ein geeignetes Training, sagt Togan: „Spieler aus der B- und A-Jugend können sich technisch weiterentwickeln. Weil der Ball nicht so hoch titscht, müssen die Fertigkeiten deutlich höher sein.“

Unabhängig von der fehlenden Jugendabteilung hofft Togan auf eine Frauenmannschaft. „Wir brauchen mindestens zehn Spielerinnen, es haben sich aber erst sieben gemeldet.“ Zum ersten gemischten Training kamen fünf Spielerinnen, unter ihnen die 25-jährige Studentin Birte Anhenn. Sie spielt mit Freizeitteams für gewöhnlich draußen in Fußballkäfigen auf noch kleineren Feldern. „Futsal macht mir mehr Spaß als Fußball wegen des kleineren Spielfeldes“, sagt sie, „durch meine Größe bin ich hier viel besser aufgehoben.“

Ein Unterschied zum Fußball ist der kleiner Ball. Ein weiterer ist eine Schusstechnik, die bei Fußballern verpönt ist: der Pikenschuss. Beim Futsal eine Finesse, weil man damit auf engstem Raum schneller, härter und ansatzlos abschließen kann. SC-Manager Motakef erklärt lachend : „Die Spieler dürfen nicht nur mit der Pike schießen, sie sollen es sogar.“

Die Vereine und mehr über die Sportart im Netz:

www.facebook.com/FutsalAachen

www.alemannia-aachen-futsal.de
www.wflv.de

Die Merkmale: Ein Futsal-Ball hat weniger Druck

Das Spielfeld in der Halle ist 38 bis 42 mal 20 bis 25 Meter groß, und es wird auf Handballtore gespielt. Banden gibt es nicht. Ist der Ball im Aus, muss der Spieler den Ball „einkicken“.

Ein Spiel dauert zwei Mal 20 Minuten, die Zeit wird bei Unterbrechungen angehalten.

Ein herkömmlicher Fußball für Senioren (Größe 5) hat einen Umfang von 68 bis 70 Zentimetern, der Futsal-Ball hingegen misst 62 bis 64 Zentimeter und hat weniger bar Überdruck, so dass er nicht hoch springt.

Wichtige Regeln: Nach dem sechsten Mannschaftsfoul bekommt der Gegner einen Strafstoß; die Fouls werden zur Halbzeit gelöscht. Jedes Team darf eine Minute Auszeit pro Halbzeit nehmen. Anders als beim bekannten Hallenfußball darf der Torwart den Ball über die Mittellinie werfen.

Aufrufe: 031.1.2016, 11:00 Uhr
Carsten Rose I AZ/ANAutor