2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
F: Thomas Rinke
F: Thomas Rinke

Ein Schiedsrichter, wie er leibt und lebt

Philipp Stroetmann ist seit vier Jahren Schiedsrichter. Neben wenigen schlechten gab es für ihn viele positive Erfahrungen.

Wie kommt man darauf, Schiedsrichter zu werden?", wird man von vielen Leuten gefragt. Na ja, ich habe mit meinem Bruder zusammen gegen Ende der Hinrunde 2011/2012 im Fernsehen die Bundesliga-Konferenz geguckt, als ich mich über eine Schiedsrichter-Entscheidung ärgerte. Hendrik sah mich von der Seite an und meinte: "Warum machst du das nicht selber?" Das gab mir zu denken. Ein paar Tage später meinte mein Bruder dann: "Bald sind wieder Lehrgänge, lass uns mal da hingehen." Und so gingen wir im Januar und Februar 2012 an drei Samstagen hintereinander in die Sportschule Wedau und machten den Schiedsrichter-Lehrgang mit ungefähr 80 weiteren so genannten "Anwärtern".

Man fängt um 9 Uhr an, bekommt sehr viele Informationen über den Tag verteilt, geht mittags in der Mensa der Sportschule zusammen essen und fährt gegen 16 Uhr nach Hause. Beim zweiten Treffen macht man eine "Generalprobe" der Theorieprüfung, die man im Ernstfall problemlos bestehen sollte. Beim dritten Treffen steht dann die Theorieprüfung sowie ein Coopertest an. Besteht man beides, händigt der zuständige Obmann einen Ausweis aus und man ist offiziell Schiedsrichter.

Mein erstes Spiel war im Februar 2012 ein D-Jugend-Spiel in Oberlohberg. Es war eisig kalt und hatte den ganzen Tag über geschneit, nicht die besten Bedingungen, aber die Asche auf der Anlage der SGP war bespielbar und so pfiff ich an. Das Spiel war einfach zu leiten und machte trotz der Witterungsverhältnisse durchaus Spaß. Bei den ersten Spielen beobachtet ein erfahrener Schiedsrichterkollege das Geschehen, der Tipps gibt, was man verbessern kann und was man vermeiden sollte. Nach einer Weile hat man aber im Normalfall seinen "Stil" gefunden, ein Fußballspiel zu leiten. Ich war froh, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, Schiedsrichter zu werden, und pfiff noch eine ganze Weile Jugendspiele an Samstagen. Sonntags war ich meist selber aktiv, in der Anfangszeit meiner Schiedsrichtertätigkeit spielte ich noch Handball beim TV Bruckhausen. Zeitgleich mit dem Lehrgang begann ich aber beim SuS 09 Dinslaken wieder Fußball zu spielen, und als sich beim Handball die Mannschaft nach und nach auflöste, verlegte ich mich aufs Fußballspielen.

Der Dinslakener Obmann Karl-Heinz Ginz redete meinem Bruder und mir aber immer wieder ins Gewissen, ob wir nicht auch Seniorenspiele pfeifen wollen. Mein Bruder blieb dabei, sonntags lieber selber mit seiner Mannschaft spielen zu wollen, aber mich hatte Karl-Heinz nach einem etwa viertelstündigen Gespräch mit ihm und seinem Ausschuss davon überzeugt, sonntags zu pfeifen.

So bekam ich am 21. September 2014 mein erstes Seniorenspiel: Wacker Walsum II gegen SV Walsum II in der Kreisliga C. Ein sehr kampfbetontes Spiel mit wenigen Höhepunkten und ohne Tore, aber sehr gut geeignet, um mir als Schiedsrichter ein Bild zu machen, was mich bei den Senioren ungefähr erwarten würde. Nach dem Spiel gab es noch ein paar "Hahnenkämpfe" auf dem Platz, aber nichts, was gesondert im Spielbericht hätte erwähnt werden müssen. Der Trainer des SV Walsum sah das anders und stand, während ich den Spielbericht anfertigte, hinter mir. Als ich mich umdrehte und fragte: "Wollen Sie jetzt sehen, was ich hier eintrage?", und auf sein Nicken hin meinte: "Dann können sie lange warten." grummelte er nur vor sich hin und verließ die Kabine. Mittlerweile begrüßen wir uns meist mit Handschlag, wenn wir uns auf irgendeiner Platzanlage sehen. Viele Menschen lernt man über die Zeit kennen und schätzen, auch wenn nicht jede Begegnung glücklich ist.

Auf den meisten Plätzen werde ich freundlich begrüßt und habe mit der Zeit natürlich auch hier und da einige "Pappenheimer" kennen gelernt, mit denen ich mich bei Gelegenheit gerne unterhalte. Die meisten der Spiele kriege ich ohne große Probleme über die Bühne und es ist eine schöne Sache, wenn die Kommunikation während des Spiels mit allen Beteiligten klappt und nachher alle möglichst zufrieden vom Platz gehen. Dass man es nicht allen recht machen kann, ist dabei auch klar.

Es gibt natürlich leider auch Spiele, die für Schiedsrichter nicht so schön sind. Diese Spiele sind zwar auf einer Seite reizvoll, weil sie eine besondere Herausforderung darstellen, der man sich als Spielleiter stellen muss und auch irgendwo möchte. Auf der anderen Seite geht der Spaß aber verloren, wenn man ständig angemeckert und von manchen sogar beleidigt oder angegangen wird. Besonders schlimm sind Mannschaften, die sich ungerecht behandelt fühlen und dann ihr fußballerisches Unvermögen permanent auf den Schiedsrichter schieben, bei jeder Freistoßentscheidung gegen sie einen Fehler des Unparteiischen sehen und immer noch weiter meckern, wenn ich schon "Gelb" gezogen habe. Wenn diese Mannschaften sich dann beim Abpfiff damit abfinden, dass sie verloren haben und mich in Ruhe lassen, ist das in Ordnung. Aber ein paar wenige Mannschaften beleidigten mich dann noch beim Verlassen des Platzes. Einmal habe ich sogar erlebt, dass mich eine Mannschaft beschimpfte, als ich schon geduscht und umgezogen die Anlage verließ. Mich trifft das nicht und es sollte auch keinen Kollegen treffen, wenn er solche Spiele erlebt, weil man sonst nicht Schiedsrichter sein sollte. Aber es zeigt, wie unfassbar wenig Respekt manche Mannschaften vor Schiedsrichtern haben, die im Endeffekt auch nur Menschen sind und Fehler machen. Dieses Verhalten macht deutlich, dass einige Spieler Perfektion von Schiedsrichtern erwarten, was schlichtweg nicht möglich ist. Gerade die, die am meisten meckern, sind selber oft am weitesten von Perfektion entfernt.

Aber glücklicherweise habe ich überwiegend mit Spielern zu tun, deren Horizont weit genug ist, um zu begreifen, dass auch ein Schiedsrichter nicht perfekt sein kann. Und weil ich den Fußballsport liebe und mich auch in die Spielersituation versetzen kann, macht es Spaß, Fußballspiele zu pfeifen, und dieses Hobby zu betreiben

Aufrufe: 05.1.2016, 16:48 Uhr
RP / Philipp StroetmannAutor