2024-04-25T14:35:39.956Z

Allgemeines
Ein FuPa-Kameramann filmt bei einem Amateurfußballspiel. Foto: lst
Ein FuPa-Kameramann filmt bei einem Amateurfußballspiel. Foto: lst

Ein Fußballspiel als Druckmittel

Der Bayerische Fußball-Verband liegt mit Medien im Clinch +++ Sogar das Oberpfalzderby in der Bayernliga wird dabei benutzt

Es war das Schlagerspiel der Bayernliga: SpVgg SV Weiden gegen FC Amberg. 2100 Zuschauer kamen am vergangenen Samstag ins Stadion am Weidener Wasserwerk, um diesen Fußball-Klassiker der Oberpfalz zu verfolgen. Dass ihr Weg beinahe ganz umsonst gewesen wäre, werden sie nicht geahnt haben. In den Katakomben des Stadions drohte Josef Janker, Funktionär des Bayerischen Fußball-Verbands (BFV), kurz vor Spielbeginn unverhohlen damit, den Anpfiff verhindern zu lassen, wenn die SpVgg SV Weiden sich nicht an die Vorgaben des Verbands hält. Und die besagen: Filmen darf nur, wer mit dem BFV zusammenarbeitet.

Es gibt immer wieder Fußballspiele, die nicht angepfiffen oder abgebrochen werden, etwa wegen Unwettern oder randalierenden Fans. Dass eine Partie wegen eines Kamerateams nicht stattfindet, wäre ein Novum gewesen. Auf MZ-Nachfrage bestätigt Janker, der beim BFV Vorsitzender des Verbandspielausschusses ist, dass er in einer Unterhaltung mit Weidener Funktionären davon sprach: ,,Ja, ich habe gesagt, dass es sein kann, dass das Spiel nicht angepfiffen wird, wenn es keine Einigung gibt."

Videos stehen kostenlos im Netz

Mit Einigung meint Janker, dass die SpVgg SV Weiden dem Druck des BFV nachgibt und kein Videoteam des Amateurfußball-Internetportals www.fupa.net ins Stadion lässt. Mit diesem Portal, das in der Oberpfalz von der Mittelbayerischen Zeitung angeboten wird, liegt der Verband im Clinch. FuPa fertigt Video-Berichte vom Amateurfußball an und stellt diese im Internet zur Verfügung, so wie es in ganz Deutschland regionale Medienhäuser machen. Bewegte Bilder von Amateurfußballspielen einzufangen, war für Medien bislang auch kein Problem. Ganz im Gegenteil freuten sich die Vereine zumeist über das Interesse und die damit verbundene Werbung für ihren Klub.

Nun ist zumindest in Bayern alles anders. Der BFV beschloss, die Berichterstattung über Spiele der drei höchsten Amateur-Ligen (Regional-, Bayern- und Landesliga) zu kontrollieren und Lizenzen zu verteilen. Medien dürfen hier weiter filmen, aber nur, wenn sie dafür zahlen oder den Beitrag dem BFV kostenlos und ohne Quellenangabe zur Verfügung stellen. Wer nicht kooperiert, landet auf der schwarzen Liste.

"Das ist purer Machtmissbrauch"

Der BFV, der jährlich knapp eine halbe Million Euro an Fördermitteln des Freistaats Bayern erhält, peilt hier offensichtlich neue Erlösmodelle an und geht bei der Durchsetzung seiner wirtschaftlichen Interessen rigoros vor. Ein Kamerateam des Nordbayerischen Kuriers, das ebenfalls mit FuPa zusammenarbeitet, wurde im Herbst 2014 beim Eröffnungsspiel der Regionalliga-Saison von einem BFV-Beauftragten der Zutritt zum Stadion der SpVgg Bayreuth untersagt. ,,Ich halte das für puren Machtmissbrauch. Der Verband knebelt die Vereine", sagt Kurier-Chefredakteur Joachim Braun. Auf die Klubs werde dabei keine Rücksicht genommen. Die SpVgg Bayreuth werde nun nicht mehr von seinem Haus mit Videos versorgt, erzählt Braun: ,,Und sie ist darüber nicht gerade glücklich."

Ohnehin hatte der BFV nicht mit dem Widerstand einzelner Klubs gerechnet. Die braucht der Verband nämlich unbedingt. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs besagt, dass nur die Klubs wegen ihres Hausrechts Videoaufnahmen verbieten könnten. Einer, der das bislang aber nicht tat, ist Kurt Haas, der Vorsitzende der SpVgg SV Weiden. Bereits im vergangenen Jahr wurde er angerufen - vom BFV-Präsidenten Dr. Rainer Koch. In einem harschen Ton, wie Haas erzählt, habe dieser wissen wollen, ob die Weidener in Sachen Videoteams nun für oder gegen den Verband seien. ,,Gegen den BFV an sich habe ich ja gar nichts", sagt Haas. Ihm habe aber die Art und Weise, mit dem der Verband in dieser Angelegenheit mit den Vereinen umgehe, nicht gefallen. ,,Ich bin kein Vasall des BFV. Als Verein sehe ich mich da mehr als Partner. Und da erwarte ich, dass man auf Augenhöhe miteinander umgeht."

Da Haas nicht sofort auf Kurs gebracht werden konnte, erhielt er weitere Anrufe. Vergangene Woche meldete sich BFV-Funktionär Janker bei ihm und wollte wissen, welche Medien über das Derby gegen Amberg berichten werden. Am Spieltag kam Janker dann ins Stadion und begleitete Haas zum Kassenhäuschen. Dort musste sich der SpVgg-Präsident erkundigen, welche Videoteams das Stadion bislang betreten haben.

Haas hat lange dagegengehalten und sich stets ein ,,Miteinander im Gespräch statt irgendwelche Anschreiben" gewünscht. Weil ,,viele andere Vereine überhaupt nichts sagen und alles mitmachen", wie er glaubt, stand die SpVgg im Zentrum des BFV-Drucks. Dabei sieht Haas seinen Klub als ,,ganz kleines Rädchen in diesem Geschäft". Er wolle nicht von einer Auseinandersetzung zwischen Verband und Medien zermahlen werden. Mehrmals habe er vom BFV eine stichhaltige juristische Begründung für die Vorgaben gefordert und nicht erhalten. Nun wird er aber wohl dennoch einknicken und die Anforderungen erfüllen. ,,Was soll ich denn sonst machen? Mich mit dem Verband anlegen?", meint er und klingt resigniert. Und wie ernst es der BFV meint, wird an einer Einladung deutlich, die am vergangenen Mittwoch verschickt wurde. Sieben Vereine, darunter Weiden, Amberg, Kötzting und Burglengenfeld, wurden für kommende Woche zu einer Gesprächsrunde zum Thema ,,Regionale Videoberichterstattung", zu der auch Präsident Koch kommen wird, bestellt.

Erfolg ein Dorn im Auge

Wie aggressiv der BFV vorgeht, zeigt sich auch an einer anderen Front: den Live-Tickern. Auch hier war FuPa der Vorreiter. Vereinsmitarbeiter berichten auf FuPa freiwillig von den Spielern ihrer Klubs. Zigtausendfach werden die Ticker Woche für Woche geklickt. Dieser Erfolg schien dem BFV ein Dorn im Auge. Um seine eigene Internetseite und die damit verbundenen wirtschaftlichen Interessen zu stärken, beschloss der Verband kurzerhand eine Live-Ticker-Pflicht für die Klubs. Von der Regional- bis zur Bezirksliga muss jeder Verein von seinen Heimspielen aktuell im Internet berichten. Wer es nicht tut, müsse mit einer Strafe rechnen, hieß es. Das Echo auf diese Ankündigung war gewaltig. ,,Da wird einfach nach Gutsherrenart von oben herab bestimmt", kommentierte Hans Kuchler, Vorstand des Bayernligisten 1. FC Bad Kötzting, die Neuerungen: ,,Es wird dabei vergessen, dass die eigentlich für uns da sind und nicht wir für sie."

Nun gibt es ein Belohnungssystem

Mit seiner Zwangsmaßnahme kam der Verband aber nicht durch. Bei der Wintertagung der Bezirksliga Nord ermahnte BFV-Bezirksspielleiter Thomas Graml die Vereine, dass in Sachen Live-Ticker deutlich nachgelegt werden müsse. Statt auf Peitsche setzt der BFV nun aufs Zuckerbrot. Er sei nicht für Strafen, so der Spielleiter, er favorisiere ein Belohnungssystem - und kündigt ganz offen an, dass der Verband, nicht vergesse, wer für ihn sei. Klubs, die sich entsprechend engagieren, könne der BFV etwa bei Terminwünschen entgegenkommen.

Aufrufe: 027.3.2015, 16:36 Uhr
Jürgen Scharf, MZAutor