2024-06-04T08:56:08.599Z

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Eschach Pokalsieger
Eschach Pokalsieger – Foto: Foto: Josef Kopf

Ein einzigartiges Sportjahr

Das Sportjahr 2020 wird in die Geschichte eingehen. Die Sportredaktion der "Schwäbischen Zeitung" hat einige Beispiele in einem kleinen Jahresrückblick zusammengefasst.

Ravensburg / sz - Das Sportjahr 2020 wird als eines in die Geschichte eingehen, das Sportler, Funktionäre und Fans vor ungeahnte Probleme gestellt hat. Erst kam im März der gesamte Amateursport wegen der Corona-Pandemie zum Stillstand, dann folgte eine lange Pause, die erst mit viel Aufwand und ausgefeilten Hygienevorschriften beendet werden durfte. Trotz aller Umstände und leerer Zuschauerränge bleiben auch von 2020 die Geschichten von Siegern und Verlierern, von Titel, Tränen und Triumphen. Die Sportredaktion der "Schwäbischen Zeitung" hat einige Beispiele in einem kleinen Jahresrückblick zusammengefasst.

Volleyball: Ein Jahr mit vielen Rückschlägen aber auch überraschenden Erfolgen erlebten die Bundesliga-Volleyballer des VfB Friedrichshafen. Erst wurde die Saison 2019/20 im März vorzeitig abgebrochen, als die Mannschaft von Michael Warm gerade in Form zu kommen schien. Dann gab es im Sommer einen großen personellen Wechsel – sowohl in der Geschäftsführung, als auch in der Mannschaft. Im September folgte die große Hiobsbotschaft: Die ZF-Arena muss wegen Baufälligkeit sofort geschlossen werden. Dank der finanziellen Unterstützung der Stadt finden die Volleyballer ein neues Zuhause in der Messe – und schlagen dort im ersten Spiel gleich Meister Berlin, verlieren aber auch das Pokalhalbfinale gegen Frankfurt. Immerhin: Im Gegensatz zu den Amateurmannschaften darf der VfB auch im Herbst weiterspielen.

Anna-Maria Wagner: Judoka Anna-Maria Wagner vom KJC Ravensburg blickt auf ein turbulentes Jahr zurück. Zwar darf sie sich im Februar über ihren dritten Platz beim Grand Slam in Düsseldorf – unter anderem schlägt sie ihre Erzrivalin Luise Malzahn – freuen, der am Ende einer langen Liste von guten Leistungen steht und das letzte Argument für ihre bald darauf erfolgende Olympia-Nominierung ist. Dann aber muss sie die Absage des Karrierehöhepunkts in Tokio und eine lange, ungewisse Sommerpause verkraften. Im Herbst tritt Wagner nur bei der EM in Prag an – und scheidet dort nach dem ersten Kampf aus. Der 24-Jährigen bleibt in ihrer Enttäuschung die Vorfreude auf Olympia 2021.

Fußball: Die Fußballer müssen gleich zwei Saisonabbrüche hinnehmen. Die lange Pause nach dem ersten im Frühjahr ist begleitet von Diskussionen, wie ein geordnetes Ende aussehen könnte. Die Entscheidung sieht keine Absteiger vor, dafür gibt es Härtefälle beim Aufstieg. Während der VfB Friedrichshafen wegen der besseren Tordifferenz in die Verbandsliga darf, verpasst der SV Beuren die Landesliga nur knapp und muss dem TSV Eschach den Vortritt lassen.

Die Eschacher dürfen sich im Sommer zudem über den Gewinn des Bezirkspokals durch einen Sieg gegen den SC Unterzeil-Reichenhofen freuen. Auch der Verbandspokal wird anders als die Liga zu Ende gespielt. Für den FV Ravensburg ist dort jedoch früh Schluss. Im Viertelfinale – das dank eines aufwändigen Hygienekonzepts sogar vor Zuschauern stattfinden darf – unterliegt der Oberligist dem Regionalligisten und späteren Pokalsieger SSV Ulm mit 1:5. Im Herbst sind dann wieder alle Verlierer, weil auch die neue Saison unterbrochen werden muss.

Handball: Die Handballer müssen nach dem Saisonabbruch den Rechenschieber rausholen. Denn wer aufsteigt, entscheidet ein Quotient. Schlechte Nachrichten gibt es für Württembergligist MTG Wangen, der ganz knapp in die neu geschaffene Verbandsliga absteigen muss. Zudem verlieren die Wangener ihren Ausnahmespieler Aaron Mayer an die TSG Söflingen. Als sich der Verband auf einen Starttermin für die neue Saison im Herbst festlegt, steigt die Zahl der Corona-Fälle wieder. So reicht es schließlich nur zu zwei, drei Spieltagen, bis wieder abgebrochen werden muss. Hinter einem Wiederbeginn im neuen Jahr steht ein riesiges Fragezeichen.

Friedrich Moch: Zu den großen Gewinnern des Jahres zählt Langläufer Friedrich Moch vom WSV Isny. Zwar muss auch der im April 20 Jahre alt gewordene Moch seine Saison im Frühjahr coronabedingt abbrechen, die wichtigsten Rennen sind da aber schon gelaufen. Bei der Junioren-WM in Oberwiesenthal holt Moch mit couragierten Leistungen zweimal Einzelsilber, dazu kommen ein Deutscher Meistertitel und sein Weltcupdebüt in Oberstdorf. Im Herbst bestätigt er seine gute Form bei vier weiteren Einsätzen im Weltcup. Als Sahnehäubchen darf gelten, dass Moch in Davos über 15 Kilometer in der freien Technik auf Platz 22 läuft und damit seine ersten Weltcuppunkte holt.

Emanuel Buchmann: Das Ziel war groß: Nach Platz vier im Vorjahr wollte Emanuel Buchmann bei der Tour de France 2020 unbedingt auf das Podest fahren. Nach langen Diskussionen, ob die bedeutendste Rundfahrt der Welt überhaupt stattfinden kann, reiste der Ravensburger Anfang August nach Frankreich, um sich bei der Dauphiné-Rundfahrt den letzten Schliff für die Große Schleife zu holen. Doch der Plan misslingt: Statt in Topform zu kommen, stürzt Buchmann auf einer gefährlichen Abfahrt zieht sich schwere Prellungen zu und muss sogar um seine Tour-Teilnahme zittern. Zwar quälte er sich zwei Wochen später an den Start, konnte unter Schmerzen aber nicht seine Topleistung abrufen und beendete die Tour in Paris letztlich nicht auf dem Podium sondern auf Rang 38.

Chantal Laboureur: Jubel und Ärger lagen bei Chantal Laboureur in diesem Jahr eng beieinander. Zunächst musste die Friedrichshafener Beachvolleyballerin die Verschiebung der Olympischen Spiele hinnehmen, auf die sie sich durchaus Hoffnungen gemacht hatte. Dann meldete sie sich Anfang September mit dem überraschenden Gewinn der Deutschen Meisterschaft aus der langen Lockdown-Pause zurück. Doch im November der Schock: Ihre Teampartnerin Sandra Ittlinger trennt sich von Laboureur, die die Spiele in Tokio 2021 dadurch sicher verpassen wird. Immerhin: Bei Olympia wird aller Voraussicht nach mit Julia Sude eine andere Häfler Ausnahmespielerin aufschlagen.

Eishockey: Die Corona-Pandemie im März trifft die Eishockeyspieler zum ungünstigsten Zeitpunkt. Kurz vor den beliebten und lukrativen Play-offs wird die Saison abgebrochen. Erst im November starten DEL2 und Oberliga Süd wieder – allerdings vor leeren Rängen. In der Vorbereitung wurden Zuschauer zwar kurzzeitig zugelassen, doch mit Saisonbeginn herrscht in den Stadien wieder gespenstische Stille. Immerhin wird gespielt. Zumindest so lange, bis sich in diversen Mannschaften das Virus ausbreitet und reihenweise Partien abgesagt werden müssen. Besonders hart trifft es die EV Lindau Islanders mit ihrem neuen Trainer Gerhard Puschnik; dort infiziert sich nahezu der komplette Kader. Die Ravensburg Towerstars kommen mit Coach Rich Chernomaz bis zum Jahresende ohne Fall durch. Auch sportlich läuft es hervorragend, rund um Weihnachten setzt es aber Niederlagen. Bei Lindau ist es genau umgekehrt.

Liane Lippert: Während 2020 für viele Sportlerinnen und Sportler als Seuchenjahr in Erinnerung bleiben wird, war es für Liane Lippert das Jahr des großen Durchbruchs. Der Friedrichshafener Radrennfahrerin ist endgültig der Sprung in die Weltspitze des Frauenradsports gelungen. Gleich im Januar gewann sie das erste World-Tour-Rennen ihrer Karriere und trug bis Ende August – auch bedingt durch die lange Pause im Frühjahr – das Lila Trikot der Gesamtführenden in der höchsten Kategorie des Radsports. Nach weiteren starken Leistungen unter anderem beim Giro d’Italia und Platz fünf bei der Weltmeisterschaft in Imola beendete die 22-Jährige die Saison als beste Nachwuchsfahrerin der Welt und gilt nun als größte deutsche Hoffnungsträgerin für die Olympischen Spiele 2021 in Tokio.

Aufrufe: 030.12.2020, 18:59 Uhr
Schwäbische Zeitung / Martin DeckAutor