2024-04-25T14:35:39.956Z

FuPa Portrait
Kurt Grill zeigt es. Sein Verein, seine Heimat. Foto: Kampa
Kurt Grill zeigt es. Sein Verein, seine Heimat. Foto: Kampa

Ein bodenständiger Typ

Vereinstreue ein Fremdwort, oder gibt es sie noch? Kurt Grill hat seinen Heimatverein nie verlassen und bereut es keine Sekunde

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Jahrgang 1966: Für diese Generation war das noch normal, dass man den Verein nicht einfach so wechselt. Zusammenhalt in schlechten, wie auch guten sportlichen Zeiten, war oberste Priorität. Heute muss ein Fußballverband in der Wechselperiode zusätzliches Personal einstellen, um die Vereinswechsel über die Bühne zu bringen. Für Spieler, deren Einträge im Spielerpass länger sind, als im Reisepass.

Kurt Grill, ist einer von diesen Jahrgängen. Er war dem FV Hansa Neuhausen im Jahre 1973 beigetreten und ist bis heute noch aktiv für seinen Verein tätig. Er gehört zu den Typen, für die Vereinstreue groß geschrieben wird. 43 Jahre als Spieler und Trainer in einem Verein, das ist schon mal eine Marke. Es fällt ihm daher schwer, über die Wechselwütigen Fußballer zu sprechen. Kurt Grill winkt ab: „ Die meisten überschätzen sich doch maßlos. Ich habe ja Verständnis, wenn ein guter Kicker ein besseres Angebot hat und sich einen Wechsel überlegt. Aber wenn einer zu mir kommt und sagt, dass er höherklassiger gehen will, trotzdem er es in unserer Liga schon schwer hat zu spielen, dann nervt mich das schon“. Grill selber hatte in seiner Zeit, wo er am besten im Saft stand, genügend Anfragen. Er hatte das Zeug dazu, in einer höheren Liga zu spielen. Flinke Beine, gutes Stellungsspiel, eine gute Spieltaktische Auffassung, dass alles zählt zu seinen stärken. Der Ball gehorchte ihm. Er erzählt: „ Ein bisschen Glück hatte ich schon, dass mir ein gewisses Talent in die Wiege gelegt wurde. Letztendlich hat mir aber mein damaliger Trainer in der D-Jugend - Erwin Voglsang - am meisten beigebracht, um einen guten Ball zu spielen."



Hansa Neuhausen gegründet 1946, verfügt momentan über eine erste Mannschaft, 5 Junioren Mannschaften und eine Senioren A (über 32). Der Sportplatz am Kapuzinerhölzl ist über die Menzingerstrasse erreichbar. Die Zahl der Mitglieder, beläuft sich zur Zeit auf 150.

Kurt Grill vor dem Pokalschrank im VereinsheimDer nächst anliegende Verein ist Moosach Hartmannshofen. Ein Verein, der den sportlichen Werdegang von Kurt Grill beinahe geändert hätte. Grinsend erzählt er: „Die hätten es fast geschafft, mich hier weg zu lotsen. Die Verantwortlichen und ihr damaliger Trainer, Anton Hoffmann, hatten sich sehr um mich bemüht und ich muss auch gleich zugeben, dass ich dort schon unterschrieben hatte. Es fiel mir sehr schwer, dies dem Vorstand von Hansa Neuhausen mitzuteilen. Meinen Spezl'n wollte das nicht in den Kopf gehen. Alle redeten auf mich ein. Das kannst du nicht machen und ausgerechnet zum Nachbarverein.“ Ein Derby gegen Moosach Hartmannshofen heißt: Viele Zuschauer, Emotionen und eine gesunde Rivalität, oder? „Absolut - und ich mit dem grünen Trikot auf dem Hansa- Platz, das würde zu weit gehen“, meinten seine Freunde. Kurt Grill sagte bei Moosach wieder ab und blieb. Kurz darauf kam noch eine Anfrage, dieses Mal von einem Landesligisten. Kurt Grill fuhr zu einem Treffen mit deren Trainer und hörte sich das an. „Mich hatte es interessiert, wie es im oberen Bereich abläuft. Mir wurde aber schon bei der Unterhaltung klar, dass ich den Aufwand nicht bewältigen konnte, da ich auch noch in diesem Jahr zur Bundeswehr einberufen wurde. Der Trainer meinte, das bringen wir schon auf die Reihe. Trainieren kannst du ja dort und zum Spielen kommst halt am Wochenende. Für mich war das kein Thema. Wenn ich es richtig machen will, dann muss ich bei der Mannschaft sein, anders geht es bei mir nicht.“ Kurt Grill weiß was er leisten kann und was nicht. Er betreibt viele sportliche Aktivitäten, lässt es aber zum Ausgleich auch mal richtig krachen. Das war der Deal mit seinem Körper.


Hätte er sich nicht von seinen Freunden überzeugen lassen, oder auf seinen Verstand gehört, er hätte viele Situationen in seinem Heimatverein nicht erlebt. Nicht den Aufstieg, den er als Spieler-Trainer mit seiner Mannschaft feiern durfte und auch nicht den „puren Wahnsinn“, wie er es bezeichnet. „Wenn du als Trainer keinen Aufstieg erlebst, ist das nicht schlimm. Bei einem Abstieg sieht das anders aus.“ Aufsteigen ist geil! Absteigen der blanke Horror. Beinahe wäre ihm letzteres zum zweiten mal passiert, hätte er nicht einen Ausnahmestürmer wie den Christian Blechinger gehabt. „Du arbeitest eine ganze Saison hin und dann entscheiden die letztem Spielminuten, im allerletzten Saisonspiel.“ Gegner: Academi Afrika, eine undisziplinierte Mannschaft, gespickt mit starken Individuallisten. Kurt Grill erinnert sich: „Wir führen und warten auf den Abpfiff. Der kam nicht, dafür der Ausgleich kurz vor Ende des Spieles. Ich war leer, das darf doch nicht war sein. Mir war zum Heulen, ich höre auf, waren meine Gedanken.“ Aufhören musste er nicht. Wahrscheinlich hätte er es auch nicht, wenn der „pure Wahnsinn“ nicht gewesen wäre. Christian Blechinger machte in der Nachspielzeit (93.) doch noch den Siegtreffer und die Klasse war gehalten. „ Was danach im Vereinsheim los war, brauche ich nicht zu erzählen, da ist eine Aufstiegsfeier ein Kindergeburtstag“, meint Kurt Grill mit einem lächeln.

"Nach dieser Saison bräuchte ich eine Pause"

Es muss nicht immer die sportliche Herausforderung sein. Auch in den unteren Ligen hat man solche Erlebnisse, die einen Prägen können und deshalb ist Grill rückblickend auch froh, dass er nie von Hansa weggegangen ist. In der laufenden Saison hat er noch eine schwere Aufgabe vor sich. „Momentan sieht es mit dem Ligaerhalt nicht so gut aus. Einige Stammspieler fielen oder fallen verletzt noch aus, aber wir werden alles versuchen, um in der Liga zu bleiben.“ In der Vorrunde hat er sich selber noch einmal eingewechselt, was er aber in Zukunft nicht mehr machen will. Durchatmend meint er: "Irgendwann ist Schluss in der Ersten. Bei den Senioren A spiele ich noch so lange die Beine mitmachen.“ Auf seine über 1500 Spiele für den FVHN, kommen dort noch einige dazu. Spieler seiner Klasse werden nicht älter, nur reifer. Nach der Saison soll dann als Trainer eine Pause eingelegt werden. Er muss lachen und in seinem Gesichtsausdruck kommt zum ersten Mal Unglaubwürdigkeit zum Vorschein. „Nein, in der Tat. Nach so langer Zeit sollte es mal einen anderen Trainer geben. Einen jüngeren, mit neuen Ideen.“ Seine Vorstellung hört sich irgendwie logisch an, ob seine Freunde das genauso sehen, bleibt abzuwarten.

Aufrufe: 020.2.2017, 16:22 Uhr
Helmut KampaAutor