2024-04-25T14:35:39.956Z

Querpass
F:Bertke
F:Bertke

``Egal ob van Gaal oder Himsl´´

Der Otterskirchener Mario Himsl erzählt im Querpass von seinen Erlebnissen mit Babbel, Ziege und Co.

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Er steckte sie alle in die Tasche. Mario Himsl war der Jahrgangsbeste beim Trainerlehrgang in Köln. Im Interview mit Querpass berichtet der gebürtige Otterskirchener von seinen Erlebnissen mit Christian Ziege, Markus Babbel und Co.

Sie haben vor wenigen Wochen den Fußball-Lehrer in Köln absolviert. Das war wahrscheinlich Lernstress pur in den letzten Wochen?
Mario Himsl (37): Das kann man mit der Vorbereitung für eine Abschlussprüfung in der Schule vergleichen, das ist bei mir aber auch schon wieder 15 Jahre her. Bei mir kam noch die Doppelbelastung mit meinem Beruf dazu. In Sachen Freizeit war da nicht mehr viel geboten.


Sie sprechen Ihren Job als Stützpunktkoordinator im Verband Mittelrhein an, den sie seit Anfang des Jahres ausüben. Wie viel Zeit blieb dafür in den letzten Wochen?
Diese Arbeiten musste ich zwangsläufig auf die Wochenenden oder Abendstunden verlegen. Unter der Woche waren wir mit dem regulären Unterricht ziemlich ausgebucht. Dazu kamen ein 14-tägiges Vollzeitpraktikum beim Verband und ein dreiwöchiges Praktikum bei einem Lizenzverein, das ich beim Zweitligisten TuS Koblenz absolvierte.

Wie war die Stimmung beim Lehrgang intern?
Die Stimmung war überragend, das fehlt mir jetzt schon. Der Unterricht, der in der Regel von 8 bis 19 Uhr dauerte, war sehr gut strukturiert. So wie man sich eine Ausbildung vorstellt. Wir haben uns immer gegenseitig motiviert. Bei sportlichen Niederlagen haben wir die aktiven Trainer wieder aufgebaut. Mein persönliches Highlight des Lehrgangs war gleich zu Beginn der zehntägige Trip nach Schweden zur U-21 EM. Hier konnten wir uns sehr gut kennen lernen. Das war eine super Basis für das ganze Jahr.

Sie haben als Jahrgangsbester abgeschlossen. Hand aufs Herz, haben Sie damit gerechnet?
Natürlich nicht. Ich habe mir vorgenommen, die Zeit intensiv zu nutzen, weil ich ja anfangs nicht unter beruflicher Doppelbelastung gestanden bin und auch keine Vereinsmannschaft trainiert habe. Ich habe mich durch mein sportwissenschaftliches Studium im Vergleich zu den anderen Teilnehmern in vielen Bereichen leichter getan. Viele Inhalte, die mit Trainingslehre oder Sportmedizin zusammenhängen, habe ich schon im Studium behandelt. Beim Abhalten und Analysieren von Trainingseinheiten habe ich immer ein gutes Feedback bekommen. Daher habe ich schon gewusst, wo ich ungefähr stehe. Dass es so gut läuft, damit konnte ich nicht rechnen.

Haben Sie schon lukrative Jobangebote aus dem Profibereich bekommen?
Lukrativ dahingehend, weil ich durch meine Anstellung beim DFB mein Hobby zum Beruf machen konnte. Das ist für mich erstmal lukrativ genug. Ich habe voll auf diese Karte gesetzt und die ist mir schon mal erfüllt worden. Was später kommt, wird man sehen. Aber es ist nicht so, dass die Vereine jetzt danach lechzen würden, den jahrgangsbesten Fußball-Lehrer zu verpflichten. Ich muss mich jetzt erstmal in meinem Beruf beweisen.


Unter anderem war ja auch Christian Ziege beim Lehrgang mit dabei. Er hat ja auch ein paar Jahre lang in Ruderting (Anm. d. Red.: Nähe Passau) gewohnt. Habt ihr das thematisiert?
Natürlich. Ich habe ihn gleich mal zum Seidl nach Otterskirchen zum Essen geschickt. Das Wirtshaus kannte er zu seiner Schande gar nicht. Zur EM in Schweden sind wir beispielsweise zusammen mit dem Auto gefahren. Wir haben das Auto voll beladen mit Getränken und sonstiger Ausrüstung für den ganzen Lehrgang. In den 13 Stunden Fahrt konnten wir uns natürlich sehr gut kennen lernen.

Ein weiterer Teilnehmer war Markus Babbel. Konnten Sie von ihm am meisten lernen? Oder anders gefragt, welcher Teilnehmer hat Sie in Sachen Fachwissen am stärksten beeindruckt?
Ich möchte mein Licht jetzt nicht unter den Scheffel stellen, aber jeder hat von den anderen gelernt. Der Lehrgang war ja mit EM-Teilnehmern außergewöhnlich stark besetzt. Es war eine Ehre für mich, mit dabei gewesen zu sein. Am meisten davon profitiert habe ich bei den Trainingseinheiten auf dem Platz. Wenn Christian Ziege erklärt, wie sie gewisse Probleme beim AC Mailand unter Trainer Fabio Capello, oder Markus Babbel bei den Bayern unter Giovanni Trapattoni gelöst haben. Das hat mich am meisten beeindruckt.


Gab’s irgendein besonders kurioses Vorkommnis im Bezug auf die große Erfahrung der beiden in diesem Bereich?
Ja, das gab’s. Einmal haben wir über die Länge von Trainingslagern diskutiert, ob es jetzt besser sei sieben oder zehn Tage am Stück intensiv zu trainieren. Dann meldete sich Christian zu Wort und hat erzählt, dass sie beim AC Mailand mal ein Trainingslager über 33 Tage nonstop durchgezogen haben. Das relativiert die ganze Diskussion natürlich. Klar ist: Jeder Trainer verfolgt seine eigene Philosophie. Jeder muss selbst seinen Stil finden.


Als Babbel noch mit dem VfB Stuttgart in der Champions-League aktiv war, wurde in den Medien viel über seine Fehlzeiten beim Lehrgang spekuliert. Fanden Sie die Diskussion überzogen, oder war er wirklich die meiste Zeit gar nicht vor Ort in Köln?
Die Diskussion war viel zu überzogen. Der Lehrgangsleiter Frank Wormuth ist Markus in vielen Dingen entgegen gekommen. Wir reden ja hier schließlich von der Champions-League. Nachher musste er die ganzen Fehlzeiten wieder nachholen. Er war dann Tag und Nacht in der Schule und hat Einzelunterricht bekommen. Und glauben Sie mir, da hat er aus dem letzten Loch gepfiffen.

Seit 2005 sind Sie zudem Trainer der deutschen Bundeswehrnationalmannschaft. Wie zeitaufwändig ist dieses Amt?
Das ist sehr unterschiedlich. Normalerweise bestreiten wir circa sechs Spiele im Jahr. Heuer steht aber mit der Bundeswehr-EM im Oktober wieder ein großes Turnier an. Darauf bereiten wir uns mit drei Trainingslagern und Spielen gegen die Profiteams VfB Stuttgart, Alemannia Aachen und den FC Ingolstadt vor.

In der BW-Nationalmannschaft betreuen Sie regelmäßig Profifußballer, die gerade ihren Wehrdienst ableisten. Wie leicht lassen sich Spieler wie Philipp Lahm oder Andreas Ottl trainieren?
Man könnte meinen, sie ließen sich schwer trainieren. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Profisportlern ist es egal, ob der der vorne steht van Gaal oder Himsl heißt. Genau das macht ja einen Profi aus. Meine Aufgabe ist es, sie anzuleiten und das akzeptieren sie voll und ganz.

Für einen Abstecher in Ihre Heimat nach Otterskirchen bleibt da nur wenig Zeit. Wie oft trifft man Sie bei Spielen Ihres Heimatvereins Otterskirchen an?
Als ich an Ostern daheim war, hab ich mir das Derby gegen die Zweite von Schalding-Heining angeschaut. Aber das passiert leider nicht besonders oft.

Wie lange läuft Ihr Vertrag noch? Dann wäre ja eigentlich der Weg frei für ein Traineramt bei einem Profiverein!?
Mein Vertrag mit dem DFB läuft insgesamt über zwei Jahre. Aber ich kann mir gut vorstellen, meine derzeitige Aufgabe auch für längere Zeit zu machen. Andererseits bin ich natürlich ein Trainer, der auf dem Platz stehen will. Mal schauen wie sich das entwickelt. Es könnte ja auch sein, dass der DFB irgendwann andere Aufgaben für mich hat.

(Das Interview führte Sebastian Ziegert)

Link: Die Querpass-Highlights der Mai-Ausgabe

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Aufrufe: 012.5.2010, 10:20 Uhr
Sebastian ZiegertAutor