2024-05-02T16:12:49.858Z

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Zwei wuchtige und gewichtige Bände – aber dennoch lesenswert.	Foto: Rüdiger Dittrich
Zwei wuchtige und gewichtige Bände – aber dennoch lesenswert. Foto: Rüdiger Dittrich

Edle Bände der Schwergewichte

BUCHTIPP: +++ „Hall of Fame“ und ein „Dankeschön“an den FCB bringen monumental Fußball-Geschichte an den Fan +++

GIESSEN. Ken Follett schreibt sehr dicke Romane. „Winter der Welt“ bringt als Hardcover beispielsweise 1100 Gramm auf die Waage. Ein Brocken. Das vorab – nur als Vergleichsgröße. Denn zwei brandaktuelle und wuchtige Fußball-Bücher nehmen es mit den schwersten (vielleicht nicht schwierigsten) Werken Folletts locker auf: „Hall of Fame“, das es auf satte 1600 Gramm bringt und „Mythos FC Bayern“ mit respektablen 1400 Gramm.

Nun sollte man Bücher nicht nach Gewichtsklassen beurteilen, aber als Kriterium für das irgendwann sich durchbiegende Regalbrett darf man die Schwere des Werks durchaus zurate ziehen. Und als Einstimmung, was man sich da so bestellt und hinstellt.

„Hall of Fame“, erschienen im Delius-Klasing Verlag, ist das Werk des „Deutschen Fußball Museums“ über die Schwergewichte der Nationalmannschaft. Wer schon einmal das wunderbare (freilich nicht überkritisch kuratierte) Deutsche Fußball Museum in Dortmund besucht hat, der kennt die Hall of Fame zum Abschluss des zweistöckigen Rundgangs. In einem dunklen Raum sind hell unterlegt die Spielernamen in die verschachtelten Wände integriert, all jene, die sich in Schwarz und Weiß mit Adler auf die Brust einen Namen machten.

Weil wir aber immer alle auf der Suche nach den Besten der Besten sind, haben führende Sportjournalisten und Experten das Nonplusultra – die ultimative Elf Deutschlands erwählt, ausgesucht, zusammengestellt. Die da wäre: Sepp Maier, Franz Beckenbauer, Andreas Brehme, Paul Breitner, Günter Netzer, Lothar Matthäus, Matthias Sammer, Fritz Walter, Uwe Seeler, Gerd Müller, Helmut Rahn. Und als Trainer: Sepp Herberger.

Nun darf getrost über einzelne Positionen gestritten werden, denn auch in diesem Fall gibt es letztlich 80 Millionen Bundestrainer, ist jeder Sportschau-auf-der-Couch-Veteran sein eigener Experte, aber genau das macht den Fußball ja aus. So darf getrost debattiert werden, ob Matthias Sammer der Quoten-Ossi ist, ob Günther Netzer reingehört, oder nicht vielleicht doch lieber Wolfgang Overath, ob Miro Klose nicht nah dran ist an den drei erwählten Stürmern, oder was Philipp Lahm möglicherweise Andreas Brehme voraushat.

Aber, aber, aber … die „Hall of Fame“ ist ja auch eine, die man für sich erstellen kann – doch die Aufstellung in der „Museums-Hall of Fame“ und also dem wuchtigen Werk ist gleichwohl nah dran an dem, was man gemeinhin als größten gemeinsamen Nenner bezeichnet.

Das Werk selbst, in Schwarz gehalten, mit goldenen Lettern und goldenen Seitenkanten, ist ein Fan-Buch, journalistisch aber hochwertig gemacht, erdacht und geschrieben. Mit Bildern, die man nie vergisst – wie Müllers Drehschuss 1974 zum 2:1 im WM-Finale gegen die Niederlande – und einfühlsam geschrieben Porträts der Fußball-Größen. Auch manchem Detail, was man noch nicht kannte, zum Beispiel von Paul Breitner. „Hall of Fame“ ist ein wuchtiges Werk deutscher Fußballgeschichte, das bei jedem, der nicht nur als Eventfan alle vier Jahre mit Tröte in der Hand und aufgemalten Fähnchen auf den Wangen in Arenen hockt, prächtig ins Regal passt.

Ähnlich schwer, hardcoverig, aber in sattem Rot gehalten, kommt das im „Werkstatt-Verlag“ erschienene Dankeswerk des FC Bayern München daher. Es ist das ultimative „Bayern-Unser-Buch“, das, den Mitteln eines der größten Vereine der Welt entsprechend, prachtvoll dessen 120. Geburtstag feiert. In zwölf Kapiteln werden „Unsere Geschichte“, „Unsere schönsten Tore“ (legendär, der ansonsten unauffällige, aber großartige Georg Schwarzenbeck, der in den Siebzigern gegen Atletico Madrid das 1:1 erzwingt), „Unsere Farben“ und-und-und auf 240 Seiten präsentiert.

Man darf davon ausgehen, dass sich die selbst beweihräuchernde und gratulierende Bajuwaren-Literatur in Dortmund nicht ganz so oft verkaufen wird, aber für den „Mia-san-mia“-Fan ist der Dank für „120 Jahre voller Leidenschaft“ ein Muss. Freilich eines, das unter Kapitel 10 („Unsere Fans“) mittlerweile partiell von der Geschichte überholt wird. Denn auch im Land des Rekordmeisters und finanziellen Großmoguls ist nicht alles Gold, was glänzt. Aber kritische Töne am 120. Geburtstag? Nein, das wäre doch zuviel verlangt in einem offiziellen Werk, das von der FC Bayern München AG höchstselbst heraus gegeben wird und von den Sportbuchspezialisten des Werkstatt-Verlages prächtig umgesetzt ist. Kurzum: Die zwei Schinken zur deutschen Fußballkultur haben mehr als nur Masse. Beide Bände schmücken das Regal – insbesondere des Fans, der die kritischen Zwischentöne nicht erwartet.

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„Hall of Fame. Die größten deutschen Fußballspieler.“ Manuel Neukirchner (Herausgeber). Delius Klasing Verlag, Bielefeld, 220 Seiten, Hardcover. 49,90 Euro.

„Mythos FC Bayern. Danke für 120 Jahre voller Leidenschaft.“ FC Bayern München AG (Herausgeber). Verlag „Die Werkstatt“, Göttingen, 240 Seiten, Hardcover. 39,90 Euro.



Aufrufe: 018.3.2020, 18:30 Uhr
Rüdiger DittrichAutor