2024-03-18T14:48:53.228Z

Querpass

DSC-Trio auf Schnupperkurs

oder: ein polnischer Traum wird wahr. Für die drei Stammspielerinnen des Deutschen Sportclubs, Karolina Bochra, Kamila Kmiecik und Symela Ciesielska heißt es am spielfreien Wochenende statt regenieren, reagieren. Denn der neue polnische Nationalcoach hat die drei Damen zu einem Sichtungslehrgang nach Pozen eingeladen. Dort können sie sich binnen vier Tagen für die polnische Nationalmannschaft empfehlen

Als FußballspielerIn hat man viele Ziele. Für die meisten dürfte der Spaß an erster Stelle stehen, unabhängig davon, wie intensiv, ernst oder beiläufig man diesen Sport betreibt. Denn mit dem Spaß kommt meistens der Erfolg. Die Ziele können individueller oder kollektiver Natur sein. Individuell zum Beispiel, dass man sich in der neuen Saison verbessern will, sich einen Stammplatz erkämpfen will oder nach einem langen Leidensweg lediglich im Sinn hat, verletzungsfrei zu bleiben. In kollektiver Hinsicht sind die Vorgaben des Trainers entscheidend. Hat man als Team die Chance um die Meisterschaft mitzuspielen oder geht es doch nur um den Klassenerhalt? Dafür schuftet man 3,4 oder auch 5 mal in der Woche und versucht sein Bestes zu geben. Der größte Traum bzw. die schönste Auszeichnung für jede/n FußballerIn ist es aber wahrscheinlich, einmal für sein (Geburts-) Land zu spielen und eben jenes auf der internationalen Bühne repräsentieren zu dürfen.

Dieser Traum könnte für ein Trio vom DSC Arminia Bielefeld nun Wirklichkeit werden. Anscheinend blieb der furiose Doppel-Durch-Marsch im Nachbarland nicht unbemerkt, an dem Symela Ciesielska, Karolina Bochra und Kamila Kmiecik ihren redlichen Anteil hatten. Gäbe es Statistiken in der Westfalen- und Regionalliga hätte die schlaksige Verteidigerin wahrscheinlich eine Zweikampfquote von 85% vorzuweisen und eine Passgenauigkeit von 90 %. Dass sie ihre Karriere als Stürmerin angefangen hat, wird offensichtlich, wenn sie souverän und elegant einen ihrer gefürchteten Tempodribblings startet. Dann ist sie kaum vom Ball zu trennen. Kamila Kmiecik ist allein schon wegen ihrer 6er-Position auf dem Feld dem Tor lokal zugewandter, was sich auch in Zahlen bemerkbar macht. So bildete sie eigentlich mit Maxine Birker zu Regionalliga Zeiten ein kongeniales Sturm-Duo. Ihre beeindruckende Quote von 30 Treffern setzt sich wie folgt zusammen: Die kleine Muskelmaschine mit Oberschenkeln wie Gerd Müller zimmert in erschreckender Regelmäßigkeit Freistöße in den Giebel, eiskalt bleibt sie am Elfmeterpunkt. Das kleine Energiebündel scheut keinen Zweikampf und gibt immer 150%. Karolina Bochra stieß als letzte zum Trio. Die robuste Strafstürmerin erinnert Coach Markus Wuckel "an sich selbst". Will heißen; sie verfügt über den berühmt- berüchtigten Torriecher! Sie verfügt über die Kunst, zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle zu sein. Der Ball ist ihr Spielgefährte und es ist ein Genuss ihr zuzusehen, wie sie den Ball streichelt, ihn elegant über das Spielfeld spazieren führt. Unberechenbar macht sie ihre Fähigkeit, mit einer kurzen Finte oder Drehung den Ball aus allen Lagen platziert und hart aufs Tor schießen zu können. In der vergangenen Saison klingelte es 14(!?) mal im gegnerischen Gehäuse, in der bisherigen Saison war sie schon viermal erfolgreich.

Nun folgt die Belohnung. Vom 22.10.20.16 bis zum 25.10.2016 findet ein Sichtungslehrgang im polnischen Pozen statt. Anlass genug mal einen Einblick in das Gefühlsleben dieser drei jungen Damen zu gewinnen. (Wider-)willig haben sie sich den diversen und diffizilen Fragen gestellt- in bestem fließenden Deutsch mit komplizierten Nebensatz- und Partizipial-Konstruktionen :D Neben dieser sprachlichen Präzision bestechen die Auserwählten mit Bescheidenheit, Demut und ganz großer Dankbarkeit. Aber lest selbst:

1.Was war euer erster Gedanke, als ihr von der Nominierung erfahren habt?

Karolina Bochra (KB): Ich habe mich sehr gefreut, weil ich immer gehofft habe, dass es zu einer Nominierung kommt.

Kamila Kmiecik (KK): Die Nominierung war für mich eine große Überraschung, weil die letzte Jahren immer die gleichen Spielerinnen zur Nationalmannschaft gefahren sind. Es wurden nicht viele getestet. Es ist ein Leistungstest mit Trainingsspiel. Ich werde alles geben, ob es für den Trainer reicht , sehe ich später.

Symela Ciesielska (SC): Ich habe mit gemischten Gefühlen diese Neuigkeit aufgenommen. Freude, weil es eine Ehre ist, für das eigene Land zu spielen, aber auch Skepsis. Es bedeutet noch mehr Zeit in den Fußball zu investieren, wofür man extra Urlaub nehmen muss.

2. Was glaubt ihr, könnte Nationalcoach zur Nominierung bewogen haben?

KB (dankbar): Das polnische Team hat einen neuen National-Trainer, der eine neue Mannschaft aufbauen will. Und gerade auch die Spielerinnen berücksichtigt, die im Ausland spielen. Wir werden beim anstehenden Lehrgang versuchen, unser Bestes zu geben und ihn von unserem Können zu überzeugen.

KK (nachdenklich): Ich denke , dass der neue Trainer sich auch über die Spielerinnen außerhalb Polens informiert. Ich habe hart an mir gearbeitet und etwas mit aufgebaut. Wir sind zweimal nacheinander aufgestiegen.

Das passiert nicht irgendwie .

Ich lobe mich nicht gern selbst. Ich will nicht darüber nachdenken , aus welchem Grund er mich nominiert hat.

SC (lachend): Kurwa, was ist das für eine Frage- die Frage musst du dem National-Coach stellen...

3. Wie lang spielt ihr schon Fußball und seit wann auf welchem Leistungsniveau?

KB: Ich spiele seit 18 Jahren Fußball. Mit 16 Jahren habe ich zum ersten Mal in der zweiten Liga gespielt. Mit 18 ging es dann in die Extraliga nach Wrozlaw.

KK: Ich spiele seit 15 Jahren Fußball. Beim Herforder SV habe ich zum ersten Mal deutsche zweite Liga-Luft schnuppern dürfen.

SC: Also Hobbymäßig seit ich denken kann...Im Verein seit 2003 in Breslau... In der ersten polnischen Liga dann so seit 2005 oder 2006....

4.Wie schätzt ihr die polnische erste Liga ein? Ist es ein Vor- oder Nachteil „nur“ in der 2. Liga zu spielen?

KB: Ich kann das schlecht vergleichen, weil die Spielweise in Deutschland anders ist als in Polen. Für mich ist es kein Nachteil in Deutschland zu spielen, weil für mich viele neu und anders ist und ich mich persönlich weiter entwickeln kann.

KK: Mmhhh das ist einfach zu beschreiben. Die zweite polnische Liga ist wie die deutsche Westfalenliga. Die erste polnische Liga ist vergleichbar mit der Regionalliga West.. Und die polnische Extraliga entspricht dem Nivau der 2. Bundesliga . Ich würde sagen nur ein Verein könnte in der 1. deutschen Liga mitspielen (Medyk Konin). Wi

SC: Mmmhhhh die polnische Extraliga ist ähnlich aufgeteilt wie bei uns: Manche Vereine sind sehr stark. Die entscheiden den Kampf um den Titel. Andere Teams sind schwächer und spielen immer gegen den Abstieg.......! Je nachdem von welchem Team die anderen Spielerinnen kommen, sind wir im Vor- oder Nachteil....

5.Wie haben die Verantwortlichen von Arminia auf eure Nominierung reagiert?

KB: Sie haben sich natürlich sehr gefreut und sind sehr stolz, dass es gleich drei Spielerinnen von uns geschafft haben. Aber natürlich war Markus typischerweise auch nicht erfreut, weil wir zwei Training s Einheiten verpassen werden :D ...

KK: Es haben sich viele für uns gefreut und gratuliert.

Natürlich ist es für Markus nicht schön, wenn wir nicht beim Training sind . Aber ich denke, dass er sich genauso für uns freut und uns das Beste wünscht, es zeichnet ihn ja auch als Trainer aus, wenn wir alles im Verein geben und uns entwickeln. So gesehen haben alle was davon. Der Verein , die Nationalmannschaft und wir persönlich! Das ist doch super!

6. Nun findet ja der Lehrgang unterhalb der Woche statt: Welche Unterstützung erhaltet ihr von eurem Arbeitgeber?

KB: Bei meiner Arbeit war das kein Problem. Ich konnte mir für die Zeit Urlaub nehmen.

SC: Ich musste mir Urlaub nehmen....

7. Markus Wuckel hat ja zum Wohle der Mannschaft eine klare Regel festgelegt; Jedes polnische Wort kostet. Wie wird es sein, von eigenen Landsleuten umgeben zu sein? Bedeutet eine bessere Verständigung mehr Verständnis füreinander?

KB: Hier passe ich mich an und versuche , auch wenn es manchmal sehr schwer fällt, Deutsch zu sprechen. Es wird natürlich ein wunderschönes Gefühl sein, von seinen eigenen Landsleuten umgeben zu sein und etwas sagen zu können, ohne groß nachdenken zu müssen. Da fällt die Kommunikation auf dem Platz viel leichter. Trotzdem freue ich mich nach dem Lehrgang auch schon wieder auf unsere Mannschaft und das Training.

SC: Ich werde mich sehr wohl fühlen und kann endlich ohne ein schlechtes Gewissen zu haben polnisch reden :)

8. Was erwartet ihr persönlich von diesem Lehrgang...? Was sind eure Wünsche/ Ziele?

KB (optimistisch): ich hoffe natürlich, den Trainer von mir zu überzeugen und hoffe, dass ich während des Lehrgangs mein Können unter Beweis stellen kann. Ich denke wir drei werden während der Tage alles geben und wir freuen uns darauf.

KK (kämpferisch): Ich denke immer nach vorne, ich sehe es als Geschenk nach harter Arbeit an und möchte ihm jetzt zeigen , dass es sich gelohnt hat, mich einzuladen .

SC (dankbar): Ich besitze das große Privileg mich mit den besten Spielerinnen Polens messen zu können. Das wird eine wundervolle Erfahrung werden und mich in vielerlei Hinsicht voranbringen. Natürlich werde ich mein Bestes geben und versuchen zu zeigen, was ich in Deutschland gelernt habe. Wenn es dann nicht reichen sollte, muss ich es akzeptieren. Aber das polnische Trikot in einem Länderspiel zu tragen, wäre das Größte, was mir passieren könnte.

Aufrufe: 024.10.2016, 17:00 Uhr
Romina BurgheimAutor