2024-04-24T07:17:49.752Z

FuPa Portrait

Per Initiativ-Bewerbung zum DSC Arminia Bielefeld

Neuzugang Lisa Venrath kämpft ab dem 20. Juli um den Platz im Tor von Arminia Bielefelds Frauen. Ihre Vita sieht die 19-Jährige dabei nicht als Vorteil.

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Grundsätzliches vorweg: Zu ihrem neuen Engagement als Torhüterin des Zweitligisten Arminia Bielefeld sagt die bundesligaerprobte Lisa Venrath: „Wenn mir hier jemand einen Stammplatz versprochen hätte, wäre ich nicht gekommen.“ Es hätte ihrer Auffassung vom Sport widersprochen, sagt sie. „Jede Spielerin muss sich jede Minute auf dem Feld im Training erarbeiten.“ Und so steigt Lisa Venrath, 19 Jahre jung, zum Trainingsauftakt am 20. Juli ein in den Kampf mit Joyce Lee Braun, am 9. Juli ebenfalls 19 geworden.

Braun hatte in den DFB-Pokal-Spielen gegen die Erstligisten SC Sand – ein 3:2-Sieg – und beim 0:5 im Halbfinale gegen den übermächtigen Dauerdoublesieger VfL Wolfsburg restlos überzeugt. Die Arminia hat nun also ein ebenso junges wie engagiertes Torhüterinnen-Duo im Kader. Die Verpflichtung einer Torhüterin war nach dem Ausscheiden von Vivien Brandt notwendig geworden. Die Trainingsteilnahme der 22-Jährigen war beruflich bedingt zu unstet.

Das allerdings konnte Venrath nicht absehen, als sie eine ebenso ungewöhnliche wie beherzte Initiativ-Bewerbung abschickte: „Ich kannte niemanden von Arminia. Da habe ich eine Mail an Trainer Markus Wuckel geschickt. Den Kontakt hatte ich von Arminias Homepage.“ Einem langen Telefonat folgte ein Probetraining unter Corona-Bedingungen. Also geheim im kleinsten Kreis mit Wuckel, Co-Trainer Jan Reineke und Abstandsregeln. Das Ergebnis ist jetzt bekannt.

Freilich spielten der Arminia und Venrath der gegenseitige Standortvorteil in die gemeinsamen Karten. Die Linnicherin nimmt ab Oktober ihr Sportstudium an der Uni Paderborn auf. Das kurzfristige Ziel ist der Bachelor, das mittelfristige der Master, das langfristige die Arbeit als Sportpsychologin. In dieser Woche bezieht Venrath ihr WG-Zimmer in Paderborn – die 37 Kilometer über die A 33 sollten in knapp 30 Minuten gestürmt sein. Die EDImedien-Arena liegt direkt an der Ausfahrt. Win-win-Situation.

Wahrscheinlich hätte Venrath anderen, besseren, sportlichen Ambitionen folgen können. Bei Borussia Mönchengladbach hat sie sich in der Saison 2018/19 in der Bundesliga nach acht Spieltagen vorbei an Michelle Marie Wassenhoven gekämpft: Es folgten 14 Erstliga-Einsätze für Venrath, sie endeten mit dem Abstieg. Dann ging Venrath für ein Jahr in die USA, mit einem Vollstipendium an die University of Northwestern Ohio, zu den Unoh Racers. „Ich habe gehört, dass der Fußball da viel schneller ist und viel athletischer. Und das stimmt auch.“ „Oberes Drittel der 2. deutschen Liga“, ordnet Venrath das dortige Niveau im Frauenfußball-Land USA ein. Ein Jahr der Horizonterweiterung.

Jetzt Uni Paderborn, sportlich Arminia. „Ich hätte zurück nach Gladbach gehen können, wollte ich aber nicht. In Mönchengladbach sind die Verhältnisse nicht so, wie sie nach außen hin wirken. Ich bin der Meinung, dass man sich dort nicht so weiterentwickeln kann. Da ist der Männerfußball – und das war’s.“ Bei ihren Ex-Kolleginnen aus Mönchengladbach hat sie sich über das Bielefelder Team informiert. „Ich habe von Leuten aus Gladbach nur Schlechtes über Arminia gehört. Aber davon habe ich mich nicht leiten lassen. Die fanden das nicht so toll, dass ich zur Arminia wechsele“, sagt Venrath lachend.

Sehr aggressiv seien die Bielefelderinnen, sagen ihre Ex-Kolleginnen, immer an der Grenze. „Dass meine ehemaligen Mitspielerinnen schlecht über Arminia gesprochen haben, lag wohl auch an den zwei klaren Niederlagen.“ 4:0 zum Saisonauftakt und 3:0 im Rückspiel siegte Wuckels Team. Venrath: „Das negative Urteil über Bielefeld hat mir sehr gefallen, mich eher bestärkt. Ich mag es, wenn meine Mannschaft nicht zimperlich ist.“

Überhaupt sei sie eine Torhüterin, die „mitspielt und sehr lautstark auf dem Platz“ sei. Ohne eine Minute im Mannschaftstraining gewesen zu sei, hat sie jetzt schon Unterschiede ausgemacht: „Man merkt halt schon, dass der Frauenfußball in Bielefeld sehr gefördert wird. In Bielefeld gibt es eine ganz andere Wertschätzung. Da habe ich den Eindruck, dass viel mehr investiert wird.“ Die beiden letzten Spiele ihrer künftigen Kameradinnen hat Venrath live im Internet verfolgt – ihr Wechsel war im Juni schon beschlossen.

„Sehr gut“ haben ihr die Auftritte gegen Sand und Wolfsburg gefallen. „Die Entscheidung war gefallen, aber diese beiden Spiele haben den Eindruck verstärkt.“ Joyce Lee Braun habe „wirklich klasse“ gehalten. Und natürlich sei sie schon da für Arminia gewesen: „Das versteht sich von selbst.“ Ganz persönlich hält sie es – beim Männerfußball – mit einem anderen Dauerdoublesieger. Bis zum ersten Erstliga-Aufeinandertreffen mit den männlichen Vollprofis ihres neuen Vereins des FC Bayern seit April 2009 – einem schnöden 0:1 – können die Armininnen ihre neue Teamkollegin ja eines Besseren belehren.

Aufrufe: 013.7.2020, 08:00 Uhr
Uwe Kleinschmidt / FuPaAutor