2024-05-10T08:19:16.237Z

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Ließ die Kritiker verstummen: Katharina Reisch (rechts, im Duell mit Vanessa Bühler) erzielte den Wittlinger Siegtreffer. | Foto: Meinrad Schön
Ließ die Kritiker verstummen: Katharina Reisch (rechts, im Duell mit Vanessa Bühler) erzielte den Wittlinger Siegtreffer. | Foto: Meinrad Schön

Drama-Derby: Wittlingen-Wollbach gewinnt 2:1 beim FC Hausen

SG Wittlingen-Wollbach dreht Derby beim FC Hausen mit zwei Toren in der Nachspielzeit

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Wie einst Manchester United: Die SG Wittlingen-Wollbach hat im Verbandsliga-Derby beim FC Hausen einen duchaus legendären Sieg errungen. In der Nachspielzeit drehten die Gäste einen 0:1-Rückstand und gewannen tatsächlich noch mit 2:1.
„Das Spiel war an Dramatik nicht zu überbieten“, war Ralph Schmidt auch einen Tag nach dem 2:1-Derbysieg seiner SG Wittlingen-Wollbach noch immer elektrisiert. „Manchester gegen Bayern 1999 hatte eine ähnliche Dramaturgie.“ Auch sein Hausener Kollege Bernhard Zimmermann sprach von einer „Duplizität der Ereignisse“. Das Champions-League-Finale zwischen Manchester United und dem FC Bayern München, als die Engländer in der Nachspielzeit ein 0:1 noch in einen 2:1-Sieg umbogen, hatten beide Trainer auch nach dem Derby in der Frauen-Verbandsliga wieder vor Augen.



Das war vor 17 Jahren, im legendären Camp Nou in Barcelona. Das Hausener Stockmattstadion mag nicht ganz jenen weltweiten Ruhm versprühen, doch legendär war das Derby zwischen dem FCH und der SG Wittlingen-Wollbach allemal. In der Nachspielzeit drehten die Gäste einen 0:1-Rückstand in den 2:1-Sieg um. „Beide Gegentore fielen nach Standards“, nannte Zimmermann eine weitere Parallele zu Barcelona 1999.

In der 91. Minute hatte Lisa Kammerer eine Ecke vors Hausener Tor geschlagen, Lena Casar den Ball „mit dem Kopf in die Maschen gerammt“, sagte Schmidt beeindruckt von der Wucht des Ausgleichstreffers. Der SG-Coach wollte eigentlich das Remis sichern, seine Elf aber „voller Euphorie und Adrenalin das Unmögliche möglich machen.“

Und die Gäste trafen auf einen niedergeschlagenen Gegner. „Nach dem 1:1 waren wir nicht mehr konzentriert, nicht mehr auf dem Platz“, schilderte Zimmermann das nahende Unheil. Eine flache Hereingabe von Claudia Schmid bugsierte Katharina Reisch aus fünf Metern über die Torlinie – 2:1 für Wittlingen-Wollbach in der 92. Minute. Nicht Camp Nou, sondern Stockmattstadion. Ausgerechnet Reisch, die erst im Sommer aus Hausen zur SG gewechselt war. Für Schmidt auch ein bisschen Gerechtigkeit, denn seine Spielerin habe sich während der Partie einiges von den Zuschauern anhören müssen. Sie revanchierte sich mit dem Siegtreffer.

Hausener Führung als Weckruf für die Gäste

Hausen war dadurch der Heimerfolg noch aus den Händen gerissen worden. Nach einer Stunde hatte Alexandra Gäbler den FCH in Führung gebracht. Just für die Gäste war dies der Weckruf, für den Coach die Schlüsselszene der Partie. „Danach ging ein Ruck durch die Mannschaft“, sagte Schmidt. Seine Elf drängte auf den Ausgleich, während Zimmermann bemängelte, dass Hausen in den letzten zehn Minuten den Vorsprung nur verwaltet habe. Dabei wähnte er Hausen nach dem 1:0 auf der Siegerstraße.

"Eigentlich waren wir über 90 Minuten das bessere Team. Aber wir haben unsere Chancen in der ersten Halbzeit nicht genutzt“, haderte Zimmermann. Der Verwaltungsmodus in der Schlussphase war das zweite Hausener Manko. Doch unterm Strich war der FC-Trainer mit seiner Mannschaft sehr zufrieden. "Wir haben sehr aggressiv gespielt, mit einer guten Ordnung", lobte Zimmermann. Spiel und Gegner habe man kontrolliert, zügig nach vorne gespielt. Nur der Punktgewinn blieb am Ende aus.

So konnte Wittlingen-Wollbach seine Durststrecke beenden. Vier Spiele in Liga und Pokal war die SG ohne Sieg geblieben, nun gelang wieder ein dreifacher Punktgewinn. "Die Mannschaft hat Charakter bewiesen", war auch Schmidt mit dem Auftritt seines Teams rundum zufrieden. Seine Elf habe gezeigt, dass sie vernünftigen Verbandsliga-Fußball spielen kann. Nach dem Spielverlauf wäre er auch mit einem Remis zufrieden gewesen. Doch mit dem „Willen und Glauben an sich“ sei der Sieg nicht unverdient gewesen.

Uneinigkeit bei der Schiedsrichter-Bewertung

Gegensätzlich war derweil die Bewertung der Schiedsrichterleistung. Schmidt verteilte ein Sonderlob für Remigiusz Baran. Unaufgeregt, souverän habe der junge Unparteiische das Derby geleitet. "Er hat in jeder Phase, auch wenn es von außen hitzig wurde, immer die Übersicht behalten." Zimmermann war hingegen nicht unbedingt mit Barans Entscheidung einverstanden. Allen voran ein Handelfmeter sei dem FCH verweigert worden. Auch mit der Nachspielzeit haderte Hausens Trainer, "beim Ausgleich waren es schon vier, fünf Minuten", sagte Zimmermann mit Blick auf das 1:1, welches für die 91. Minute notiert worden war.

In der Verbandsliga-Tabelle zog die SG Wittlingen-Wollbach wieder an Hausen vorbei auf Rang drei. Wackelt womöglich die Vormachstellung der Wiesentälerinnen? Nicht nur Zimmermann zeigte sich bei dieser Frage tiefenentspannt. Auch Schmidt wiegelte umgehend ab, verwies auf die etlichen Jahre, welche Hausen bereits in der Verbandsliga spielt. "Sie waren auch nicht umsonst in der Oberliga", zollte er dem Hochrhein-Rivalen seinen Respekt - und ließ dann noch den Underdog in sich zu Wort kommen: "Zweimal den Oberliga-Absteiger zu schlagen, das spricht aber auch für sich."

Die zweite Derby-Niederlage ist für den FC Hausen nur schwer zu verdauen. Das dramatische Ende ließ zwei Lager mit konträren Gefühlswelten zurück. In Hausen ist erst einmal mentale Aufbauarbeit angesagt - die Niederlage aus den Köpfen rausbekommen. Wittlingen-Wollbach hingegen darf noch am süßen Nektar des emotionalen Sieges laben. Zwei Tore in der Nachspielzeit, „besser geht es nicht“, freute sich Schmidt. Für legendäre Spiele muss man nicht immer in die großen Stadien der Fußballwelt reisen.

FC Hausen – SG Wittlingen-Wollbach 1:2 (0:0)
Hausen: Minas, Tholen, Haselwander, Mößner (58. Walleser), Bühler, Gäbler (87. Günther), Wetzel, Pfeifer, Osswald, Schwald (74. Antonova), Fritschi.
Wittlingen-Wollbach: Fabienne Grauer, Rapp, Casar, Berger, Kammerer, Köpfer, Hallbaur, Jana Grauer, Keller (71. Schmid), Reisch, Vater.
Tore: 1:0 Gabler (60.), 1:1 Casar (90.+1), 1:2 Reisch (90.+2).
Schiedsrichter: Remigiusz Baran (Weil).
Zuschauer: 100.
Aufrufe: 025.4.2016, 23:00 Uhr
Matthias Konzok (BZ)Autor