2024-06-14T14:12:32.331Z

Allgemeines

Kaum Mädchenmannschaften im Landkreis: DJK Würmtal bisher alleine

TSV Neuried wirbt

Sie gingen an die Grundschule in Neuried und gaben den Kindern Briefe für ihre Eltern mit nach Hause. Im Gymnasium und an der Realschule von Gauting hängten sie ihre Plakate aus, auch im Feodor-Lynen-Gymnasium von Planegg.

Würmtal – Die Werbestrategen des TSV Neuried ließen nichts unversucht, um Mädchen ab acht Jahren für ihre Fußball-Abteilung zu gewinnen. „Ziel ist es, so viele Mädchen zu kriegen, dass wir Mannschaften bilden können“, erklärt Sprecher Peter Kellner den Sinn der Aktion.

Die Fußballer des TSV waren nicht alleine unterwegs. Der Deutsche Fußball-Bund und der Bayerische Fußball-Verband unterstützen die Maßnahme, auch das bayerische Kultusministerium sitzt mit im Boot, weshalb die Neurieder Kicker überhaupt Einlass an den Schulen fanden. „Nicht ohne meine Mädels“ nennt sich die Kampagne des DFB, mit der er laut eigener Homepage „eine große Offensive für den Frauen- und Mädchenfußball“ starten will. Das kommt für einen Verband, dessen Frauen schon zweimal Weltmeister geworden sind, reichlich spät. Denn Mädchen stehen in vielen Vereinen selten im Mittelpunkt des Geschehens, eher im Abseits.

„Es gibt einzelne Mädchen in der F-Jugend“, schildert Jens Rindermann die Situation beim Gautinger SC. Doch spätestens mit zwölf Jahren, wenn sie nicht mehr bei den Buben mitspielen dürfen, verliert sich für den Abteilungsleiter des Sportclubs sehr oft ihre Spur. 17 Mannschaften zählt der Nachwuchsbereich des GSC, ein reines Mädchen-Team befindet sich nicht darunter. „Bei uns gibt es keine Tradition dazu“, sagt Rindermann entschuldigend.

Woanders im Würmtal ist die Situation auch nicht viel besser. Beim SV Planegg ist Fußball bisher reine Männersache. Auch der TSV Pentenried weiß nichts von Frauen-Power. Der TV Stockdorf hat es immerhin probiert, eine Mädchen-Mannschaft aufzubauen. Richtig erfolgreich war das Vorhaben aber nie.

Allein die DJK Würmtal geht seit ungefähr fünf Jahren konsequent und erfolgreich diesen Weg. Nur mit fünf Mädchen fing der damalige Trainer Robert Tokic an. Inzwischen verweist die Deutsche Jugendkraft auf drei erfolgreiche Jahrgänge. Die D-Juniorinnen wurden in der abgelaufenen Saison ungeschlagen Meister, die U15 Vize-Meister und die B-Juniorinnen spielen in der Gruppe. Inzwischen kommen die Spielerinnen sogar aus Starnberg oder Fürstenried an die Georgenstraße in Planegg.

„Die DJK steht ohne Wenn und Aber zu ihren Mädchen-Mannschaften“, stellt Ramona Beiling klar. Die stellvertretende Jugendleiterin, die an der Grundschule von Lochham unterrichtet, ist mit ihren Mädchen durch dick und dünn gegangen. Weil sich in der näheren Umgebung keine Gegnerinnen fanden, spielten die Würmtalerinnen zunächst bei ganz normalen Turnieren mit. Die Buben machten sich einen Spaß daraus, die Mädchen richtig zu verdreschen, was jedoch zu scharfen Protesten auf den Rängen führte. „Alle Mütter standen auf unserer Seite und fanden uns echt toll“, erinnert sich Beiling. Dass der TSV Neuried am Samstag zwischen 13 und 16 Uhr auf seinem Sportgelände einen „Tag des Mädchenfußballs“ für Kinder ab acht Jahren abhält, hält sie für gut. „Wir freuen uns über jeden, der eine Mannschaft aufmacht, weil dann die Wege nicht mehr so weit werden“, sagt Beiling.

Tatsächlich fehlt es an den Strukturen. Das fängt bei den Trainern schon an. „Wir hätten überall auch gerne eine Frau dabei“, konstatiert Beiling, dass es speziell an Übungsleiterinnen fehlt. Eigene Väter genügen ab einem fortgeschrittenen Alter meist nicht mehr den Ansprüchen. „Bei den Pubertierenden haben wir Trainerverschleiß“, gibt sie zu.

„Ich glaube, beim Mädchen-Fußball muss das über die Schulen kommen“, sagt Rindermann. Dem Gautinger schwebt ein ähnliches Konzept vor wie in den USA, wo der Sport vor allem an den Highschools und den Colleges beliebt ist und gefördert wird. Diese Idee hält für Beiling der Realität nicht stand. Die Pädagogin spricht aus langjähriger Erfahrung: „Das geht leider nicht ohne Geld.“

Wie viel davon ausgerechnet für den Mädchen-Fußball vorhanden ist, wird sich weisen. Der DFB jedenfalls unterstützt den Girls Day beim TSV Neuried mit Werbegeschenken und netten Videos in seinen sozialen Netzwerken. Die eigentliche Arbeit müssen die Vereine leisten. Beim TSV Neuried, der unbedingt Nachwuchsspielerinnen für seine Damen-Mannschaft benötigt, schreckt man davor nicht zurück.

Aufrufe: 012.7.2019, 21:53 Uhr
Münchner Merkur (Würmtal) / Christian HeinrichAutor