2024-04-15T13:50:30.002Z

Ligabericht
Michael Jonczy ist zurück auf der Fußballbühne - im Trikot der DJK Gebenbach. Und der 33-Jährige trifft - wie immer eigentlich.
Michael Jonczy ist zurück auf der Fußballbühne - im Trikot der DJK Gebenbach. Und der 33-Jährige trifft - wie immer eigentlich. – Foto: Rudi Stauber

Der faulste Stürmer der Bayernliga

Michael Jonczy hatte seine Karriere eigentlich bereits beendet. Doch jetzt ist er, im Trikot von Gebenbach, zurück - und wie. Der 33-Jährige überzeugt mit Toren, nicht mit Laufkilometern, eigentlich wie schon immer.

Gerade war er mit dem SC Eltersdorf von der Landes- in die Regionalliga durchmarschiert. Knapp 40 Tore in zwei Spielzeiten steuerte er dazu bei. Und dennoch war sein damaliges Trainerteam mit ihm nicht komplett zufrieden - allen voran wegen seines körperlichen Zustandes. "Ich wurde dazu verdonnert, abzunehmen", erinnert sich Michael Jonczy heute hörbar amüsiert an damals. In der Folge spulte der inzwischen 33-Jährige deutlich mehr Laufkilometer ab, das Tor traf er allerdings nicht mehr in der gewohnten Regelmäßigkeit. "Nach einiger Zeit haben mich dann alle angefleht, ich solle bitter wieder zunehmen."

Ähnliches berichtete sein früherer Mitspieler Tom Abadjiew im Rahmen seiner Top-Elf, in der Jonczy auf keinen Fall fehlen durfte. "Er hat schon vielen Trainern bewiesen, dass er sein Kampfgewicht braucht, um zu treffen", begründete der Ansbacher die Nominierung seines Kumpels. Es wird deutlich: Der gebürtige Nürnberger ist eine Ausnahmeerscheinung, ein Ausnahmesportler - auch wenn viele Sportwissenschaftler bei diesen Worten die Hände über den Kopf zusammenschlagen werden.

Jonczy ist - das wird beim Blick auf sein nicht wegen Muskeln spannendes Trikot deutlich - nicht das große Konditionswunder, insgesamt nicht der komplett durchtrainierte Athlet, der mittlerweile selbst auf Amateurniveau allgegenwärtig ist. Der Franke ist vielmehr ein Instinktfußballer, einer, der ganz genau weiß, was er wie macht und einer, der einfach richtig steht und scheinbar das Toreschießen im Blut hat. Und er lieferte, als sei es das Selbstverständlichste in ganz Franken bzw. der Oberpfalz.

Oliver Gorgiev - Überredungskünstler, Freund, Teamkamerad



Der Betreiber einer Sportsbar in Nürnberg hat aber nicht nur aufgrund seiner vielen Treffer auf all seinen Stationen Spuren hinterlassen - auch menschlich wusste er zu überzeugen. Für viele, viele ehemalige Mitspieler ist er der "geilste Typ überhaupt", und auch bei den Gegenspielern ist er gleichermaßen beliebt wie auch gefürchtet. Beliebt und gefürchtet deshalb, weil er sich trotz seiner Quote nicht zu wichtig nimmt. Weil er einstecken kann, aber auch austeilt - mit den Füßen und mit Worten. "Ich habe mir schon oft dumme Sprüche wegen meiner Körperfülle anhören müssen", erzählt er. "Darüber kann ich inzwischen selber schmunzeln - und am Schluss lache sowieso immer ich."

Nämlich dann, wenn der 33-Jährige wieder einmal sein Team zu einem Erfolg geschossen hat. So war es in Eltersdorf und in Neumarkt, in Neustadt und in Ammerthal - und so ist es nun auch in Gebenbach. Dass er bei der DJK landete, dass er nach seinem eigentlichen Karriereende überhaupt noch einmal Bayernliga spielt, ist zum einen Schicksal - und zum anderen Folge der Überredungskünste seines Freundes Oliver Gorgiev, Abwehrspieler beim Vizemeister der vergangenen Saison.



"Er hat mich mit diesem Thema so lange genervt, bis ich letztlich zugesagt habe, auszuhelfen, solange Marco Seifert verletzt ist", blickt Jonczy zurück und fügt hinzu: "Mindestens". Er war, so gibt er zu, eigentlich nur als Notnagel vorgesehen. Er sollte Bälle verteilen und somit der nach dem Erfolg des Vorjahres verunsicherten Mannschaft Sicherheit geben. Doch die Nummer 24 kam, und machte da weiter, wo sie zuvor in Ammerthal aufgehört hatte. In bisher drei Partien für die Maloku-Elf netzte er fünf Mal, drei weitere Tore bereitete er vor. Der 33-Jährige war plötzlich wieder da, wie Phönix aus der Asche, schneller als er jemals gelaufen ist. Und er hat eine neue, nicht mehr für möglich gehaltene Leidenschaft für das runde Leder entwickelt.

Noch beeindruckender wird seine jüngste Leistung, wenn man bedenkt, dass der Franke über ein Jahr praktisch nichts mehr gemacht hat, was in Verbindung mit aktiven Sport steht. Ab und an schaute er beim TSV Höchst zum trainieren vorbei, half nach Lust und Laune in der Kreisklasse aus - mehr aber auch schon nicht. "Es hat einfach von Beginn an in Gebenbach geklappt. Das wundert mich selbst ein bisschen - dann doch aber auch wieder nicht."

Klar, er sei ein Torjäger, das hätte sich inzwischen herumgesprochen. Doch er benötige auch starke Mitspieler um sich herum, die es im ermöglichen, seine Abschlussqualitäten überhaupt erst zur Geltung kommen - oder wie es der 33-Jährige ausdrückt: "Coole Typen". Wer Jonczy verpflichtet, weiß, was er bekommt. Ihm ist bewusst, dass seine Nebenleute praktisch für ihn mitlaufen müssen. Er ist ihnen dafür sehr dankbar, lobt beispielsweise die Gebenbacher Kollegen über den grünen Klee. Es ist aber insgesamt ein Geben und Nehmen. Denn der Goalgetter trifft regelmäßig, "und das, obwohl ich der faulste Stürmer der Bayernliga bin".

Nach zwei Aufstiegen spielte Jonczy mit dem SC Eltersdorf 2012/13 in der Regionalliga - sein größter Erfolg.
Nach zwei Aufstiegen spielte Jonczy mit dem SC Eltersdorf 2012/13 in der Regionalliga - sein größter Erfolg. – Foto: Sven Leifer


Hinter dem selbstbewussten Torschützen, der um keinen Spruch verlegen ist, steckt ein sensibler Charakter. Das wird im FuPa-Gespräch deutlich. Denn: Während er im fortgeschrittenen Fußballeralter mit sich im Reinen ist, haderte er in jungen Jahren oft mit seinem Körper. Obwohl "ich eigentlich noch nie laufen konnte", spielte er beim Club Junioren-Bundesliga, wurde zu Probetrainingseinheiten bei Bayern München und Wolfsburg eingeladen. "Ich bin aber immer an meiner Fitness gescheitert. Damals hatte ich auch nicht den Ansporn, das zu ändern. Das würde ich heute anders machen. Ich würde alles dafür geben, es nach ganz oben zu schaffen."

Ehrliche Worte, ein kurzer Moment, in dem sein positives Gemüt etwas in den Hintergrund rückt. Aber wirklich nur ein ganz kurzer. Denn insgesamt ist Michael Jonczy mit sich, seinem Leben und seiner Karriere zufrieden. Im Norden Bayern gehört er zu den besten Torjägern des gehobenen Amateurbereiches, er hat (wieder) Spaß am Fußball, er fühlt sich wohl in seinem Körper, er ist auch beruflich als Wirt seiner Sportsbar angekommen. Ob er auf seine Trefferquote wetten würde? "Nein, eher nicht", gibt er sich bescheiden, kann es aber dann doch nicht lassen: "15 Tore pro Saison sind schon noch drin - mindestens."

Aufrufe: 010.11.2020, 13:45 Uhr
RedaktionAutor