2024-04-19T07:32:36.736Z

Im Nachfassen

Die Unterschiede: Nicht groß, aber erkennbar

Holstein Kiel unterliegt Dynamo Dresdens "brutaler Effektivität"

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Zwei Aufstiegsanwärter waren es vor Saisonbeginn, Spitzenreiter Dynamo gegen abstiegsbedrohte ,,Störche" als Realität am 14. Spieltag. ,,Wir wollen zeigen, dass der Unterschied nicht so groß ist wie der Blick auf die Tabelle aussagt", hatte Holsteins Trainer Karsten Neitzel vor dem Spiel gefordert. Das setzte seine Mannschaft zwar in die Tat um. ,,Das war immerhin der Tabellenführer, gegen den wir gut mitgespielt haben", betonte Verteidiger Patrick Kohlmann. ,,Wir hätten auf jeden Fall ein Unentschieden verdient gehabt. In der zweiten Halbzeit waren wir ja richtig dominant", befand Torschütze Tim Siedschlag. ,,Wir haben gesehen, dass der Unterschied nicht allzu groß ist", stellte auch Neitzel nach dem 1:2 fest. Sie alle hatten Recht. Übers gesamte Spiel gesehen waren die Kieler einem Überraschungspunkt durchaus nah. Doch Unterschiede waren dennoch zu sehen. Und deshalb war der Dresdner Sieg alles in allem auch nicht unverdient.

Unterschied Nummer eins: ,,Die waren brutal effektiv", stellte Holsteins Innenverteidiger Rafael Czichos fest. Die ersten beiden Chancen nutzte Dynamo zu zwei Toren. Holstein kann ähnliches seit Monaten kaum einmal von sich behaupten. Ganze fünf Tore gelangen in den letzten acht Partien, darunter einige deutlich überlegen geführte Spiele wie in Aalen oder gegen Magdeburg (jeweils 0:0). ,,Wir haben das in der zweiten Halbzeit gut gemacht, hatten aber nicht allzu viele ganz große Chancen", analysierte Czichos nach dem Dresden-Spiel treffend. An der Chancenverwertung im eigentlichen Sinn lag es also nicht, dass trotz deutlicher Überlegenheit die durchaus mögliche Wende nicht mehr gelang. ,,Uns fehlt nicht die Qualität im Abschluss, sondern zu oft die Qualität, Situationen richtig zu lösen", kritisierte Neitzel. ,,Drei, vier Mal war es heute so, dass wir besser aufs Tor geschossen hätten statt noch einmal den Nebenmann zu suchen."

Unterschied Nummer zwei: Dynamo war in der Lage, auch unter Druck weitgehend frei von individuellen Fehlern zu agieren. ,,Wir wussten, dass uns enormer Druck erwartet und wir nicht viele Fehler machen dürfen", sagte Dresdens Trainer Uwe Neuhaus. ,,Das ist gut aufgegangen." Im Zweifel auch mal weg mit der Kugel, auf keinen Fall aber ein Ballverlust im Aufbau, gerade weil die Kieler hinten Mann gegen Mann verteidigen und eine Absicherung somit kaum vorhanden sein kann. Holstein, im Vorjahr auch ein Meister in dieser Disziplin, gelingt das nicht immer. Insbesondere Dominik Schmidt verlor mehrere Male leichtfertig den Ball, darunter auch vor dem 0:1. Oftmals bieten sich auch gar nicht genug Anspielstationen, weil nicht jeder Spieler auch unter Druck den Ball haben will. Auffällig war das am Sonnabend bei Denis-Danso Weidlich, der als Sechser ängstlich agierte, während Tim Siedschlag, Neuling auf dieser Position, in der zweiten Hälfte mutig die Bälle forderte.

Unterschied Nummer drei: Das Glück. ,,So ist das, wenn man im Negativtrend steckt", bemühte Czichos eine alte, aber zutreffende Floskel, warum trotz Übergewicht wenig Zählbares gelang. ,,Am Ende haben wir auch das nötige Quäntchen Glück gehabt, den Sieg über die Zeit zu bringen", gestand Dynamo-Coach Neuhaus. Dagegen konstatierte Kohlmann: ,,Wir haben derzeit nicht das Glück, dass mal der erste Schuss reingeht oder mal ein abgefälschter Ball reingeht." Für letzteres muss man vielleicht einfach nur ein bisschen mehr tun - nämlich den Ball auch bei nicht völlig freier Schussbahn aufs Tor zu bringen statt mehrfach quer zu spielen auf der Suche nach der tausendprozentigen Chance. Ohne Zweifel aber fehlt den Kielern derzeit das Quäntchen Fortune, das auch in der vergangenen Rückrunde immer mal auf ihrer Seite war. Die Schiedsrichter-Entscheidungen sind da auch ein Thema. ,,Ein klarer Handelfmeter", schimpfte Neitzel angesichts der Szene in der 58. Minute. ,,Absicht war es wohl nicht. Aber dreht sich weg und hat dabei den Arm in der Schussbahn, sonst wäre der Ball ins Tor gegangen", klagte Kapitän Maik Kegel. Zwingend war der Pfiff sicher nicht - dazu waren Distanz und Reaktionszeit nach der vorangegangenen Abwehraktion zu kurz -, möglich aber allemal. ,,Ich kann in so kurzer Zeit gar nicht reagieren", sagte ,,Übeltäter" Michael Hefele, gestand aber auch: ,,Wäre das für uns gewesen, hätte ich sicher auch auf Elfmeter reklamiert." Und mit einem Vergleich hatte Neitzel zweifellos recht: ,,Wenn man bedenkt, wofür wir letzte Woche für einen Elfmeter gegen uns bekommen, muss man den einfach geben." Der leichte Rempler mit verzögertem Faller des Gegenspielers in Wiesbaden war (noch) weniger elfmeterreif. ,,Wenn man die Schiedsrichter-Entscheidungen der letzten Wochen zusammen nimmt, haben wir da einfach auch kein Glück", brachte es Siedschlag auf den Punkt.
Aufrufe: 026.10.2015, 19:00 Uhr
SHZ / cjeAutor