2024-05-17T14:19:24.476Z

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Ob der Platz gesperrt ist oder nicht: Christian Kreller hat als Platzwart des TSV Grebenhain immer etwas zu tun. 	Foto: Michelmann
Ob der Platz gesperrt ist oder nicht: Christian Kreller hat als Platzwart des TSV Grebenhain immer etwas zu tun. Foto: Michelmann

Die stillen Helden der Sportvereine

Platzwarte der Region: +++ Die Pflege der heimischen Fußballplätze und Vereinsareale endet nicht mit dem Mähen des Spielfeldes +++

„Unsere drei neue Mäh-Roboter sind einfach spitze. Einer mäht etwa 6000 Quadratmeter. Die laufen 24 Stunden. Die sind so programmiert, dass sie nach vier Stunden automatisch in eine Lade-Garage einfahren und sich binnen einer Stunde wieder aufladen“, berichtet Kai-Uwe Geisel, der zweite Vorsitzende des SV Chattia Ulrichstein. „Wir haben extra für die Roboter die Tribüne umgebaut. Der Vorteil ist, dass diese Roboter mit ihren Rasierklingen die Grashalme sauber abschneiden. Die Geräte zu klauen ist zwecklos, denn der eingebaute GPS-Sender würde sofort eine Nachricht an die Firma und alle Vorstandsmitglieder aufs Handy schicken“, warnt der 27-Jährige „unlautere“ Interessenten.

Lauterbach. Ein traumhaftes und perfektes Schnittbild ist ein Blickfang für jeden Rasenplatz. Sind die Rasenmäher gut eingestellt und die Messer scharf, zeichnen sich die Platzwarte in der Region mit ihren großen Erfahrungswerten für fast perfekte Sportplätze verantwortlich.

Im zweiten Teil der Serie „Platzwarte der Region“ stellen wir den im Dienst ältesten Platzwart (KSG Radmühl), ein harmonisches Trio im Einklang (SG Freiensteinau), einen Youngster (TSV Grebenhain) und ein Duo vor, das unter anderem einen Recycle-Mäher im Einsatz hat (TSV Ilbeshausen). Auf dem höchstgelegenen Sportgelände, beim SV Ulrichstein (614 Meter), unterstützen drei Mäh-Roboter die Platzwarte. Platzwarte sind die stillen Helden der Sportvereine.

Christian Kreller hat bei der jüngsten Vorstandswahlen das Amt von Ewald Lutz übernommen. Seinem Vorgänger als Verantwortlicher beim TSV Grebenhain ist der 32-Jährige sehr dankbar: „Ewald nimmt mir immer noch viel Arbeit ab. Ich selbst mähe unsere beiden Plätze bis zu drei Mal die Woche.“

Es ist auch unglaublich viel Arbeit, um die Sportplätze herum zu verrichten, berichtet Kreller: „Wenn wir das komplette Gelände mähen und sauber machen, brauchen wir etwa sechs Stunden. Ich schätze mal, dass das ganze Gelände 30000 Quadratmeter umfasst. Auf dem A-Platz hatten wir es mit Maulwürfen zu tun. Allein an der Eckfahne mussten wir zwölf Stück beseitigen. Insgesamt sind aber unsere Plätze sehr pflegeleicht. Ein kleines Problem haben wir mit den Stellen an den Drainagen. Genau dort ist aufgrund des trockenen Sommers das Erdreich bis zu zehn Zentimetern abgesenkt. Wenn ich einen guten Mutterboden ohne Steine bekomme, geht es los.“ Wenn es mit dem Fußball weitergeht, soll alles beseitigt sein, geht es nach dem 32-Jährigen, der außerdem zuständig ist für das komplette Sportgelände. Auch für das Sportheim mit allen Reparaturarbeiten.

Harald Berting ist der im Dienst älteste Platzwart in der Region. „Bereits 1977 habe ich hier das erste Mal gemäht. Lediglich als ich vier Jahre beruflich unterwegs war, ging das nicht. Ansonsten war ich immer dabei. Im Winter fangen die Arbeiten an. Der Platz wird dann gewalzt und wenn er abgetrocknet ist, wird vertikutiert. Mein Bruder Michael und ich haben selbst einen Vertikutierer gebaut. Anschließend wird das Vertikutierte aufgesammelt und gemäht. Am Ende wird noch gedüngt. Zum jetzigen Zeitpunkt, wenn eine trockene Witterung herrscht, muss ich vier Mal die Woche die beiden Rasensprenger anstellen. Bei einem Wasserradius von 15 Metern, muss ich alle 45 Minuten die Position ändern. Für den ganzen Platz braucht man etwa fünf Stunden. Wenn ich nicht 15 Liter Wasser auf den Quadratmeter bringe, kommt das Wasser nicht bis zur Wurzel. Auch wenn nicht gespielt wird, ist das Wässern enorm wichtig. Passiert das nicht, verbrennt mir der Platz. Und wir hatten viele Trockenmonate.“

Damit das Spielfeld so gut aussieht wie jetzt, muss der 55-Jährige auch alle zwei Monate drei verschiedene Dünger zum richtigen Zeitpunkt einsetzen: „Die Gemeinde zahlt uns 20 Sack hochwertigen Rasenplatzdünger. Ich stecke viel Arbeit in die Platzpflege. Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, dass ich über das Jahr verteilt etwa 250 bis 300 Stunden investiere.“

Seine geballte Erfahrung ist unbezahlbar für die KSG. Harald Berting ist ein echter Profi seines Fachs. Trainer Sascha Wahl lobt ihn: „Er hat es geschafft, aus unserer Rumpelwiese einen Fußballrasen auf Gruppenliga-Niveau zu zaubern.“ Durch die Corona-Krise mit keinen Einnahmen, haben die Brüder Berting auf eigene Kosten einen Spindelmäher gekauft. „Wir haben vom Sportverein nur einen normalen Aufsitzmäher, aber wir wollen uns ja stetig weiterentwickeln. Dieser Spindelmäher ist sehr gut, denn er füllt alle Unebenheiten auf. Dann wird alle zwei Monate vertikutiert, um den Fils rauszubekommen und die Wurzel zu belüften“, sagt Harald Berting.

„Ich bin überwiegend mit Mäharbeiten beschäftigt. Dazu gehören auch die ganzen Hänge um den Platz herum. Weil man da nicht so gut hinkommt, ist das die meiste Arbeit“, berichtet Karlheinz Merz, der seit drei Jahren Platzwart bei der SG Freiensteinau ist: „Dafür nehme ich aber die Motorsense. Zwei Mal im Jahr sind wir mit dem Hang beschäftigt. Dabei helfen uns alle Spieler. Allein für den Platz brauche ich zweieinhalb Stunden. Was keiner direkt sieht, sind die Mäharbeiten hinter der Barriere.“ Der Platz in Freiensteinau sieht zurzeit aus wie ein Bundesliga-Rasen. Mit zwei kontrastreichen Linien im Rasen. Der Trick sei ganz einfach, meint der 66-Jährige: „Ich fange ganz außen an und fahre mit dem Rad an den Bordstein ran und dann ganz nach oben. Oben drehe ich – und dann geht es in die entgegengesetzte Richtung. Dann liegt das eine Gras nach rechts und das andere nach links. Durch diese Schnittrichtung entstehen zwei unterschiedliche Bilder. Das sieht dann aus, wie eine Bundesliga-Rasen.“

Den Job des Platzwarts macht Herbert Muth seit 23 Jahren: „Bevor Karlheinz Merz dazu kam, habe ich die kompletten Mäharbeiten ausgeführt. Zu einem guten Platz gehört auch das Düngen, vertikutieren und das Striegeln. Und wir haben jede Menge Sand verteilt. In Grünberg fand ein zweitägiger Lehrgang statt, an dem ich auch teilgenommen habe. Man muss sich fortbilden. Da erfährt man viel.“ Deshalb weiß der 58-Jährige auch, warum im Herbst vergangenen Jahres durch die Regenfälle kein Fußball auf dem Platz im „Blauen Eck“ möglich war: „Wir konnten ab September nicht mehr auf den Platz, weil sich nach zwei Trockenzeiten auf dem Platz eine so feste Oberschicht gebildet hat, dass das Wasser nicht mehr richtig abfließen konnte. Das hat sich angefühlt, wie eine Betonschicht. Eine Firma aus Neuberg hat uns dann im Dezember den Platz ‚geschlitzt‘. Erst dann wurde es besser. Der Greenkeeper der Firma sagte uns, wir können gar nichts für den schlechten Zustand es Platzes. Weil hier auch zu viele Spiele stattfanden, wurde der Platz überbelastet. Deshalb hat sich der schlechte Zustand beschleunigt.“

Manfred Neusinger hat mit dem Sportplatz direkt nicht so viel zu tun: „Ich bin aber zwei, drei oder vier Mal die Woche hier, um viele andere Arbeiten zu verrichten, damit die Sportanlage gut aussieht. Ich streiche mit Manfred Hofmann auch die Außenfassade des Sportheims. Ich mähe ganz oben die Ecken am Spielplatz oder sorge für Sauberkeit, damit die Kinder sich nicht verletzten.“ Kürzlich habe der 64-Jährige Glasscherben am Sportheim beseitigt: „Ich achte immer auf die Sauberkeit. Das ist wichtig. Es gibt immer etwas zu tun. Ich fege und kehre immer den Dreck weg. Auch bei den Pflasterarbeiten für den Parkplatz war ich dabei. Wenn ich hierherkomme, dann sehe ich die Arbeit schon.“ Solche Helfer sind für den Verein Gold wert.

„Früher haben wir einen Haufen Sprit verfahren, um das gemähte Gras wegzufahren. Das hat sehr viel Zeit gekostet“, erinnert sich Manfred Koch noch sehr genau an die Zeit, ehe man sich beim TSV Ilbeshausen für die Anschaffung eines Recycle-Mähers entschieden hatte. Wie der 73-Jährige erklärt, liegt dessen Vorteil darin, dass das Grün von diesem Schneidewerkzeug dermaßen zerkleinert wird, dass es nach getaner Arbeit liegen bleiben kann. „Da sind wir pro Spielfeld nach gut 45 Minuten fertig“, ergänzt Walter Bloß. Der 70-Jährige unterstützt Koch seit nunmehr vier Jahren in dessen Tätigkeit als Platzwart: „Zwei Mal pro Woche muss schon gemäht werden, im Sommer auch drei Mal.“ Besonders intensiv müssen die beiden im Mai ran, wenn das Grün so richtig sprießt.

Vor dem Einstieg seines „Co“ war Koch 14 Jahre allein federführend in Sachen Platzpflege auf dem knapp zwei Hektar großen Sportgelände. Und das zwischen 150 und 180 Stunden im Jahr. Ganz alleine gelassen wurde er dabei freilich nie. Aktuell wird Koch bei den zahlreich anfallenden Arbeiten rund um das Sportgelände neben Bloß auch von Gerhard Radmacher (69 Jahre) und Rolf Mönnig (64) sowie dem langjährigen Vereinsvorsitzenden Wilfried Ochs unterstützt. Der 64-Jährige sieht sich selbst eher als „Mann für die Feinarbeiten“ und weniger als derjenige, der sich auf den Mäher setzt. Allerdings war es Ochs, der maßgeblichen Anteil daran hatte, dass sein Verein zeitweise über einen „Profi-Mäher“ verfügen konnte. 2014 gewann der TSV bei einem Gewinnspiel von „Erdinger“ einen Mäher im Wert von 30000 Euro. Allerdings währte die Freude darüber vergleichsweise nur kurz. „Er ist uns gestohlen worden, was zu diesem Zeitpunkt nicht nur uns passiert ist“, bedauern Koch, Bloß und Ochs unisono. Immerhin war der Mäher so gut versichert, dass der TSV ohne Einsatz zusätzlicher Mittel schnell vernünftigen Ersatz hatte. Mittlerweile setzt man in Ilbeshausen für die beiden Spielflächen auf einen Recycle-Mäher. Für die anderen Arbeiten stehen ein Mäher mit Fangkorb und ein Mulcher zur Verfügung.

Die Anerkennung des Engagements von Manfred Koch, der bis 2013 zusätzlich noch 24 Jahre lang als Teambetreuer engagiert war, und Walter Bloß wird im Verein sehr geschätzt. Nicht umsonst sind die zwei „Unruheständler“ bereits ausgezeichnet: Beide wurden bei der „Aktion Ehrenamt“ des Deutschen Fußball-Verbands gewürdigt.

Platzwart ist einem Jahr Joachim Kraft. „Hier fällt schon einiges an. Meistens sind es auf beiden Plätzen die Mäharbeiten. Besonders die Mäharbeiten an den Umrandungen nehmen viel Zeit in Anspruch. Bevor wir den Mäh-Roboter gekauft haben, kamen locker zehn Stunden die Woche zusammen. Was uns auch hilft, ist die Drainage. Früher stand öfters das Wasser auf dem Platz. Hier gibt es aber immer etwas zu tun. Am Ende der Saison wird auch gedüngt und nachgesät. Unser Platz hat übrigens von der einen zur anderen Eckfahne ein Gefälle von etwa zwei Metern“, so der 41-Jährige.

Eigens für die Rasenpflege zeichnet seit 2002 Manfred Hotz verantwortlich. „Eigentlich bin ich immer noch im Amt. Weil wir Joachim Kraft gefunden haben, bin ich etwas in den Hintergrund gerückt. Früher hatten wir noch die alten Mäher, da brauchten wir allein drei Stunden, um den Platz zu mähen. Die Feinarbeiten nehmen heute noch viel Zeit in Anspruch. Wenn man die Ecken mit der Sense an den Umrandungen fein ausmäht, braucht man mindestens eine Stunde“, berichtet der 53-Jährige.



Aufrufe: 018.5.2020, 08:00 Uhr
Rainer Michelmann und Kai KopfAutor