2024-04-23T13:35:06.289Z

FuPa Portrait
Ein waschechter Berliner spielt nun für den Jahn: Marvin Knoll  Foto: Nickl
Ein waschechter Berliner spielt nun für den Jahn: Marvin Knoll Foto: Nickl

Die neue Bissigkeit im Mittelfeld

Marvin Knoll hat einen Karriereknick hinter sich +++ Beim SSV Jahn Regensburg wird er nun im Abstiegskampf wieder gebraucht

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Es gibt etwas, das Marvin Knoll auf die Palme bringt. Etwas, das ihm alleine beim Gedanken daran fast körperliche Schmerzen bereitet. Und dieses etwas ist: verlieren. ,,Ich kann das einfach nicht. Egal wann und egal bei welchem Spiel." In seiner - wenn auch bislang noch sehr kurzen - Zeit beim SSV Jahn lief es dahingehend für ihn fast optimal.

In der Winterpause wurde der Mittelfeldspieler verpflichtet. Seitdem trat der Regensburger Drittligist dreimal an - zweimal war der 24-Jährige dabei und der Jahn gewann. Als er wegen muskulärer Probleme im Spiel gegen Hansa Rostock fehlte, gab es nur ein Unentschieden. Knoll wird alles dafür tun, daran lässt er keinen Zweifel, dass die Erfolgsserie der Regensburger weiter anhält. Hart im Nehmen ist er ohnehin. Obwohl er am Dienstag wegen einer Kniestauchung noch humpelnd vom Feld geführt werden musste, stand er am Mittwoch schon wieder auf dem Trainingsplatz.

Im Fußball werden Spieler gerne in Künstler und Arbeiter unterteilt. In spielerische Feingeister auf der einen und kampfstarke Kilometerfresser auf der anderen Seite. Wenn er sich selbst in eines der beiden Lager einordnen müsste, würde Knoll sicher das der Arbeiter nehmen. ,,Ich komme auf dem Platz über den Kampf, über die Physis zu meinem Spiel", sagt er.

Unbarmherzig bearbeitet

Fürwahr rieben sich die Zuschauer beim ersten Auftritt des 24-Jährigen für den Jahn gegen Dortmund II verwundert die Augen. In einer Mannschaft, die während der Talfahrt in der Vorrunde als viel zu brave Bubi-Truppe verschrien war, spielte auf einmal einer so überhaupt nicht mehr bubihaft. Die Mittelfeldspieler der Borussia werden ein Lied davon singen können, wie unbarmherzig sie dieser Sechser des Jahn bearbeitet hat. Kurzum: Knoll hat die Bissigkeit ins Spiel der Regensburger zurückgebracht.

Doch von vorn. Beim großen Hauptstadtklub Hertha BSC gab es einst ein großes Talent: Marvin Knoll. Er durchlief die Jugendmannschaften der Berliner und galt als einer, der den Sprung ins Profiteam schaffen könnte. Und das heißt bei einem Klub wie Hertha über kurz oder lang: Bundesliga. Ein großer Traum für einen jungen Fußballer - an dem manche auch zerbrechen, wenn er dann nicht in Erfüllung geht. Deswegen ist es gut, dass Knoll nach eigener Aussage ,,immer sehr realistisch an die Sache rangegangen" ist. Von Anfang an habe er gewusst, dass alles stimmen müsse, wenn er es nach ganz oben schaffen will. Alles hat dann nicht gestimmt. Letztlich kam er auf ein paar Einsätze für die Berliner, als die in der 2. Liga spielten, mehr nicht. Ein Jahr lang wurde er an Dynamo Dresden ausgeliehen und spielte dort gut. Die Hertha holte ihn zurück, stieg auf und stellte für die Bundesliga dann einen neuen Kader zusammen - ohne Knoll. Der ging nach Sandhausen und traf auf einen Trainer, der nicht auf ihn setzte. Desillusioniert sah Knoll nur noch einen Ausweg: weg, selbst wenn es zum Tabellenletzten der 3. Liga geht.

Der große Hoffnungsträger

Wirklich gebraucht zu werden. Dieses Gefühl hat Knoll auf dem Fußballplatz lange Zeit nicht mehr erlebt. Beim SSV Jahn wird er damit nun quasi überschüttet. Acht Spieler hat der Klub in der Winterpause geholt, um unten rauszukommen, und Knoll ist der wohl größte Hoffnungsträger von allen. Dass sie einen echten Power-Fußballer mit erstklassiger Ausbildung bekommen, davon konnte die Regensburger Klubführung getrost ausgehen. Hoffen durfte sie zudem, dass Knoll nach seinem Karrierehänger absoluten Hunger nach Erfolg mitbringt. ,,Ich habe ein Tal hinter mir. Mit dem Jahn will ich jetzt unbedingt was erreichen", sagt er.

Knoll hat wieder Spaß auf dem Platz. Das Privatleben wurde ihm bereits vor acht Monaten versüßt. Da wurde Töchterchen Emilia geboren. Für ihn und seine Freundin Anna, mit der er seit vier Jahren zusammen ist, ist das natürlich das Größte. Deswegen kann Knoll die Frage nach Hobbys auch präzise beantworten. ,,Neben Fußball und Familie ist zurzeit eigentlich für nichts anderes mehr Platz." Selbst zum Play-Station-spielen mit den Teamkollegen kam er bislang noch nicht. Obwohl: ,,Ist vielleicht auch besser so, denn auch da kann ich überhaupt nicht verlieren", sagt er und schiebt ein breites Grinsen hinterher.

Ein bisschen Zeit muss Knoll zumindest morgens im Bad abzwacken. Schließlich braucht sein auffallender und millimetergenau gestutzter Bart gewissenhafte Pflege. ,,Nein, trage ich nicht immer, soll aber zurzeit in sein", erklärt er auf Nachfrage und zupft verschmitzt lächelnd an seinem Gesichtshaar herum. Knoll ist ein waschechter Berliner und kommt auch so rüber. Auf die Frage, was einen klassischen Hauptstädter ausmacht, trompetet er direkt los: ,,Berliner haben eine große Klappe. Das ist auch okay, aber nur, wenn was dahinter steckt." Zumindest bisher hat Knoll gezeigt, dass bei ihm einiges dahinter steckt.

Aufrufe: 019.2.2015, 09:00 Uhr
Jürgen ScharfAutor