2024-05-02T16:12:49.858Z

FuPa Portrait
Manfredas Ruzgis (rechts) laboriert derzeit an seinem dritten Kreuzbandriss.
Manfredas Ruzgis (rechts) laboriert derzeit an seinem dritten Kreuzbandriss. – Foto: klug

Die Leiden des jungen "Manni"

24-jähriger Ruzgis sehnt nach drittem Kreuzbandriss Comeback herbei

Wenn ein Sportler das erste Mal einen Kreuzbandriss erleidet, kämpft er sich in der Regel wieder heran. Nach dem zweiten Kreuzbandriss wird es da schon schwerer – und nach der dritten Verletzung dieser Art denkt der eine oder andere schon übers Karriereende nach. Nicht aber Manfredas Ruzgis: Der 24-jährige Fußballer aus Erndtebrück hat vor kurzem seine dritte Operation am linken Kreuzband überstanden – und kann es dennoch kaum erwarten, wieder auf dem Platz zu stehen.

„Alleine, wenn ich daran denke, mir die Schuhe zu schnüren, kribbelt es. Dann merke ich den Adrenalinkick und habe Bock, wieder auf dem Platz zu stehen, zu fighten und auch mal einen Gegner umzumähen. Das Kämpfen ist das, was mich auszeichnet. Auch jetzt in der Reha, denn ich muss immer wieder an meine Grenzen gehen. Ich will meinen Physiotrainer von Tag zu Tag verfluchen – und mich am Ende bei ihm bedanken“, sagte Ruzgis im Gespräch mit FuPa Südwestfalen. Fürs Erste muss er aber im wahrsten Sinne des Wortes den Ball flach halten. Eine Woche ist der Deutsch-Litauer noch auf Krücken unterwegs und mindestens vier Wochen lang muss die Belastung gering gehalten werden.

All das macht der 24-Jährige in seiner Heimat Erndtebrück, dort wohnt er aktuell wieder bei seinen Eltern. Doch für „Manni“ kommt es nicht infrage, nun auf der faulen Haut zu liegen: „Ich habe aktuell keine Schmerzen und versuche, fit zu bleiben, indem ich auf meine Ernährung achte und jeden zweiten Tag an meiner Muskulatur trainiere. Die nächsten sechs Monate werde ich durchziehen, ohne meinem Körper etwas Ungesundes anzutun.“

Das Ziel des bulligen Stürmers ist es, im Juni oder Juli wieder gegen den Ball treten zu können. Das wird nicht beim FC Una Strassen, dem Tabellenneunten der 1. Liga in Luxemburg, sein. Denn seinen Vertrag dort hat der 24-Jährige kürzlich aufgelöst. „Ich bereue die Zeit keinesfalls, es war richtig, im Sommer dorthin zu gehen. Die Anfangszeit lief gut, ich habe viel gespielt und hatte ein gutes Gefühl. Aber letztlich kam es dann doch irgendwie anders. Am Ende hat meine Leistung nicht gestimmt und ich habe mich – unabhängig von der Verletzung – nicht mehr wohlgefühlt“, begründet Ruzgis seine Entscheidung.

Im vergangenen Sommer verließ er seinen Heimatverein TuS Erndtebrück in Richtung Luxemburg. Jeden Tag pendelte er von seiner Wohnung in Trier über die Landesgrenze, wo er beim FC Strassen auf dem Platz trainierte und ansonsten seine Arbeit in einem Sportgeschäft verrichtete. Der Durchbruch in Luxemburg gelang letztlich nicht, auch wenn „Manni“ in vier Einsätzen für Strassen immerhin einen Treffer bejubelte.

Im Herbst folgte dann der bittere Tiefschlag: Bei einem Zweikampf im Training riss das Kreuzband. Zum dritten Mal in seiner Laufbahn – und abermals am linken Knie. „Das Kreuzband ist nicht von alleine gerissen. Das war wie bei den anderen Malen auch eine unglückliche Bewegung im Zweikampf mit einem anderen Spieler. Aber es kann sein, dass ich zu ungestüm war. Ich bin immer intensiver in die Zweikämpfe gegangen, weil ich das Ganze ein Stück weit erzwingen wollte“, gesteht Ruzgis rückblickend ein.

Die Erfahrungen nimmt der Angreifer gerne mit für die Zukunft, aber glücklich geworden ist er in Luxemburg nicht. Ein Faktor war auch die taktische Umstellung. Beim TuS Erndtebrück war Ruzgis als Zielspieler in der Spitze gefragt und hatte vornehmlich die Aufgabe, lange Bälle zu erobern, zu behaupten und dann weiter zu verteilen. In Luxemburg stand hingegen unter anderem mehr Defensivarbeit auf der Tagesordnung. „Der größte Unterschied zu Deutschland ist, dass weniger Taktik und mehr Kampf und Laufen gefragt ist. Das Kämpferische hat mich naturgemäß gereizt. Doch wo ich mich in Deutschland noch als einer der läuferisch Stärksten gesehen habe, war ich in Luxemburg nur noch Durchschnitt. Ich musste mich daran gewöhnen, auch mal unnötige Wege zu machen. In Luxemburg heißt es: Lauf überall hin, wo du kannst“, schildert Ruzgis.

Bis ihn die schwere Verletzung stoppte, nahm der 24-Jährige diese Umstellung freilich mit demselben Ehrgeiz an, der ihn auch in Deutschland ausgezeichnet hat. Bei seiner ersten Seniorenstation lief Ruzgis für die Reserve des 1. FC Köln in 24 Spielen in der Regionalliga auf, ehe er sich beim TuS Erndtebrück zu einem torgefährlichen Oberliga-Stürmer (15 Tore in 43 Spielen) entwickelte. Das größte Highlight in seiner Vita ist ein Einsatz für die Nationalmannschaft von Litauen im November 2016. Daran zurückzudenken, hilft „Manni“ durch die Verletzungszeit: „Ich weiß, was ich kann. Manchmal schaue ich mir Videos an, wie ich ein Tor geschossen habe – und dann weiß ich, dass ich wieder dahin zurück will. Ich bin sehr ehrgeizig. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich immer gewinnen will. Und ich höre nie auf, auch nicht bei Verletzungen.“

Der Erndtebrücker ist noch nicht am Ende seiner Fußball-Karriere und sucht für die nächste Saison eine neue Herausforderung: „Wo ich nach der Verletzung landen werde, steht noch in den Sternen. Ich lasse mir Zeit und dann entscheide ich aus dem Bauchgefühl heraus. Wichtig ist, dass ich mich bei der Entscheidung wohl fühle. Mein Ziel ist weiterhin das, was ich mir schon im Sommer vorgenommen habe. Nämlich weiter oben anzugreifen.“ Lang- und mittelfristig ist die Oberliga daher zu wenig für die Ansprüche des 24-Jährigen. Kurzfristig gesehen ist es jedoch eine Option, sich nach der Verletzungspause erstmal in der fünfthöchsten Liga Deutschlands zu beweisen, um sich für höhere Aufgaben zu empfehlen.

Steht also eine Rückkehr nach Erndtebrück an? Diese Tür ist für Ruzgis nicht kategorisch verschlossen: „Erndtebrück ist mein Herzensverein, das wird auch weiter so bleiben. Als kleines Kind habe ich schon dort gebolzt und zugeguckt, wie mein Vater in Erndtebrück gespielt hat. Das werde ich genauso wenig vergessen wie die letzten zwei Jahre beim TuS, in denen ich sehr viel spielen konnte. Ich fühle immer noch Dankbarkeit dafür, dass mir Erndtebrück das Vertrauen geschenkt hat. Eine Rückkehr kann und werde ich niemals ausschließen. Ich kann mir definitiv vorstellen, wieder in meiner Heimat zu spielen. Aber das muss nicht direkt im Sommer sein.“

Einige Vereine haben „Manni“ gewiss schon auf dem Zettel. Doch es wird dauern, bis sich der Deutsch-Litauer entschieden hat, wo er seine Schuhe nach der langen Verletzungspause schnüren will. Wo immer Ruzgis auch landet, die Gegner können sich auf einen ehrgeizigen, bulligen Stürmer einstellen, der sich für keinen Zweikampf zu schade ist, dahin geht, wo es weh tut – und den die Zeit in Luxemburg gewiss noch etwas weiter abgehärtet hat.
Aufrufe: 010.2.2021, 16:00 Uhr
Marc KlugAutor