Die Saison 2017/2018 ist ein für den Deutschen Fußball-Bund richtungsweisendes Jahr. Die Nationalmannschaft soll und will ihren Titel bei der Weltmeisterschaft in Russland verteidigen und die guten Eindrücke des Confed-Cup bestätigen. Dabei sitzen „Der Mannschaft“ etliche Konkurrenten im Nacken und könnten den Deutschen den Rang ablaufen – wie jüngste Entwicklungen zeigen.
Unabhängig vom Ausgang der Weltmeisterschaft kann schon jetzt konstatiert werden, dass Deutschlands jüngste Erfolge auf der starken Nachwuchsarbeit fußen. Jahr für Jahr drängen zahlreiche Spitzentalente nach und sorgen für Erfolge auf allen Ebenen. Das Zusammenspiel zwischen Vereinsförderung auf der einen sowie der Arbeit in den Verbänden auf der anderen Seite ist einzigartig. Neben den Profivereinen, deren Nachwuchsleistungszentren permanent modernisiert und ausgebaut werden, und den Amateurvereinen, die an der Basis eine außerordentlich wichtige Arbeit leisten, sind die deutschlandweit insgesamt 366 DFB-Stützpunkte von zentraler Bedeutung für die erfolgreiche Entwicklung im deutschen Fußball in den vergangenen Jahren.
Was soll da schon schief gehen in Russland? Und wer soll den Deutschen in den nächsten Jahren überhaupt das Wasser reichen? Auch beim mitgliederstärksten Fußballverband ist man sich bewusst, dass die Konkurrenz nicht schläft – und in den vergangenen Jahren deutlich aufgeholt hat. Auf Ebene der Jugendnationalmannschaften feierte Deutschland zwar auch gerade in der abgelaufenen Saison tolle Erfolge, konnte aber nicht mehr in allen Jahrgängen bis zur absoluten Spitze vorstoßen. Und auch im internationalen Vereinsfußball konnte kein deutsches Nachwuchsteam in der vor wenigen Jahren neugegründeten Youth-League, dem Äquivalent zur Champions-League im Bereich der U19, bislang Erfolge nachweisen. Andere Nationen, allen voran Frankreich und England, haben in der Spitze zu den führenden Nationen Deutschland und Spanien aufgeschlossen und machen auch mit Talenten wie Kilian Mbappé oder Ousmanè Dembele besonders auf sich aufmerksam.
Im Erfolg werden bekanntlich die größten Fehler gemacht, weshalb sich der DFB im Rahmen seiner Nachwuchsförderung seit Jahren immer wieder hinterfragt und Prozesse zu optimieren versucht. In Bayern ist exemplarisch das System der „BFV-Nachwuchsleistungszentren“ zu nennen, das eine weitere Förderebene für Spitzentalente der jeweiligen Region anbietet. Die Talent- und Sichtungskriterien werden immer wieder upgedatet und den neuesten Trends und Entwicklungen angepasst. Neues Wissen wird über verschiedenste Fortbildungsmaßnahmen an die Stützpunkte und damit auch an die Vereine an der Basis weitergegeben. Auch in der neuen Saison, die am kommenden Montag bayernweit wieder startet, finden zahlreiche Fortbildungsmaßnahmen statt.
Auch an den 15 ostbayerischen Stützpunkten rollt dann der Ball wieder. Die DFB-Stützpunkte dienen als „Mittelzentrum“ einer Region, an dem die talentiertesten und leistungsstärksten Spielern zusätzlich zu ihrem Vereinstraining unter Anleitung von hochqualifizierten Trainern eine kostenlose Fördereinheit erhalten. Immer montags werden die Spielerinnen und Spieler der D- und C-Junioren gefördert. Während die U12- und U13-Junioren von 17.00 – 18.30 Uhr an den Start gehen, zeigen die U14- und U15-Junioren im Anschluss von 18.30 – 20.00 Uhr ihr Können. Trainiert werden die zwischen 30-50 Spieler je Stützpunkt von den DFB-Stützpunkttrainern, die als Voraussetzung mindestens die DFB-Elite-Jugend-Lizenz vorweisen müssen. Nicht nur die Spieler profitieren von der hohen Trainingsarbeit, viel mehr profitieren auch die Vereine einer Region: Regelmäßige Fortbildungsangebote, Hospitationen sowie ein funktionierendes Informationsnetzwerk tragen die neuesten Entwicklungen und Trends des Spitzenfußballs weiter an die Basis.
Auf die abgelaufene Saison blickt der ostbayerische Stützpunktkoordinator Johannes Ederer stolz zurück. „An den Stützpunkten wird gute Arbeit geleistet. Wir konnten bei den Regionalvergleichen der Jungen und Mädchen positiv überraschen und viele Spielerinnen und Spieler für die bayerischen Auswahlteams präsentieren. 46 Vereinswechsel zu Profivereinen unterstreichen die gute Arbeit der Stützpunkte, der beteiligten Vereine und vor allem der Talente selbst.“, erklärte Ederer, der den Blick jedoch schon wieder nach vorne richtete: „An die neue Saison gehen wir alle gemeinsam mit großen Ambitionen und viel Ehrgeiz heran. Wir wollen es auch dann schaffen, den Talenten eine gute Plattform zur persönlichen Entwicklung zu geben.“
Um weiterhin eine große Zahl an Spitzentalenten herauszubilden, sei es laut Ederer nötig, dass „wir die Anforderungen kennen und diese entsprechend an allen Stellen einfordern. Im Zusammenspiel zwischen Spielern, deren Eltern, ihren Vereins- oder Stützpunkttrainern, der Schule oder überhaupt dem gesamten sozialen Umfeld gibt es zahlreiche Berührungspunkte, die für eine ideale Talententwicklung optimal ineinander greifen müssen.“ Wie schwierig es dennoch ist, den Sprung nach ganz oben zu den Profis zu schaffen, und wie wichtig besagtes Zusammenspiel der verschiedenen Stellen ist, erklärte Bundesliga-Trainer Andries Jonker im Sport-Bild-Interview:
„Zwei Prozent aller Spieler sind überragend, das sieht jeder. Da stimmt alles, die haben so viel Talent, die kannst du nicht stoppen. 15 Prozent sind richtig gut, aber nicht absolute Spitze. Die anderen 83 Prozent sind zur richtigen Zeit da, hatten die richtigen Trainer und haben sich eine Karriere erarbeitet. Dabei spielen auch andere Faktoren eine Rolle: Was mach die Pubertät mit dem Körper? Wie ist das Elternhaus? Wie reagieren sie auf die Annehmlichkeiten des Lebens? Und das Wichtigste: Wie stabil sind sie im Kopf, wollen sie es unbedingt? Die Besten haben auch den klarsten Kopf, wenn es wirklich drauf ankommt.“
„Auf die Spieler wirken Einflüsse wie das Elternhaus, Freunde, die Schule und viele andere Faktoren, die leistungsfördernd oder –limitierend sein können. Um die bestmögliche sportliche Leistungsfähigkeit aus den Spielern heraus zu kitzeln, müssen wir die Spieler auch in ihrem sozialen Kontext sehen und einordnen. Als Stützpunkttrainer können wir nicht auf alle diese Bereiche wirken, sondern müssen versuchen, unseren Kernbereich möglichst ideal auszugestalten“, so der 28-jährige Sportwissenschaftler. Der Fokus liege deshalb in der neuen Saison an den Stützpunkten auf einer möglichst hochwertigen Trainingsarbeit und im Besonderen in der weiteren Individualisierung des Trainings.
Interessierte und talentierte Spielerinnen und Spieler der Jahrgänge 2003-2006 können sich jederzeit um die Aufnahme an einem der 15 ostbayerischen Stützpunkte bewerben und ein Probetraining absolvieren. Wichtig ist dabei neben der Wohnortnähe auch der vorherige Kontakt zu den Stützpunkttrainern, deren Kontaktadressen sich auf der Homepage des BFV unter der Rubrik „Talente&Auswahlteams“ finden. Neben diesen Adressen finden sich dort zahlreiche weitere Informationen und aktuelle Berichte rund um die Talentförderung des DFB/BFV.