Einmal mehr ist vieles neu bei Dergahspor. Der Nürnberger Landesligist hat die Transferperiode wie so oft genutzt, um eine ganze Reihe von Spielern zu verpflichten. Auch der vakante Trainerposten wurde besetzt. Rainer Gerlitz kam vom Landesliga- Absteiger SV Buckenhofen und brachte gleich mehrere Akteure mit, darunter den neuen Stammtorhüter Jürgen Singer und das Sturmtalent Richard Vidal Camejo.
Was auch neu, oder zumindest sehr ungewohnt ist: dass Dergahspor das erste Heimspiel in Wendelstein austrägt. Da der reguläre Sportplatz an der Bertolt-Brecht-Schule an diesem Mittwochabend anderweitig vergeben war, ließ Dergahs sportlicher Leiter Thomas Ziemer seine Beziehungen spielen: Der TSV Kleinschwarzenlohe stellte seine Sportanlage zur Verfügung. „Ich habe hier mal mit der Traditionsmannschaft vom FCN gespielt, und so kam der Kontakt zustande. Super Ambiente, tolle Geschichte.“ Ein Ambiente, das beachtliche 420 Zuschauer zur „Heim“-Premiere der Gerlitz-Elf angelockt hat.
Auf dem Platz sieht das Publikum dann einen brandgefährlichen Angreifer, der bei besserer Chancenverwertung gut und gerne fünf Tore hätte erzielen können. Bitter nur, dass dieser für den Gast aus Feucht aufläuft, Sebastian Schulik heißt und ein alter Bekannter von Dergahs zweitem Vorstand und Geldgeber Dieter Rebel ist. „Den Schulik habe ich vor drei Jahren verkauft, damals noch beim SV 73 Süd. Der hat nie getroffen“, sagt Rebel nach 50. Spielminuten und nachdem Schulik gerade völlig unbedrängt das 0:2 für den Gegner erzielt hat; sein zweites Tor in dieser Partie und bereits das vierte in der neuen Saison.
Die Heimelf hilft dabei allerdings kräftig mit: Dergahs Hintermannschaft steht selten nah genug am Gegner, dafür viel zu oft neben sich. Eigentlich passsichere Akteure wie Soner Calisir leisten sich schlimme Abspielfehler, Innenverteidiger Michel Moungue hat zwar mit dem Spielgerät wenig Probleme, dafür umso mehr mit dem Stellungsspiel. Und die Feuchter Sturmspitze Sebastian Schulik hat die nötige Klasse, um diese Schwächen auszunützen. Das 0:1 nach 22 Spielminuten ist hochverdient, schon vorher hatte Schulik die Führung auf dem Fuß, später folgen ein Pfostentreffer und mehrere hochkarätige Konter.
Dergah fällt indes wenig ein, Chancen entstehen lange nur aus Einzelaktionen. „Wir haben eine relativ neue Mannschaft, einen neuen Trainer, die Vorbereitung war kurz. Unsere Mannschaft muss sich erst finden“, sagt Thomas Ziemer. Tatsächlich wirkt nicht nur die Mannschaft unsortiert, auch Trainer Rainer Gerlitz sucht noch nach dem richtigen Rezept. Drei Spieler wechselt er nach der Pause ein, mit ihnen auch gleich das System, und immerhin: die Anpassungen fruchten. Gegen Ende der Partie gelingt der Heimelf mehr, Stürmer Vidal erzielt den Anschlusstreffer. Zu einem Punkt reicht es aber nicht mehr, der Saisonstart ist verpatzt und nach dem Spiel wähnt man sich aufgrund der Aussagen der Verantwortlichen beinahe an der Säbener Straße.
„Druck ist bei Dergahspor immer“, sagt Trainer Gerlitz. „Wer bei Dergahspor als Trainer arbeitet, wird immer unter Druck sein“, sagt Dieter Rebel. Es ist das Selbstverständnis einer selbsternannten Spitzenmannschaft, eines Teams, das gefühlt die Ansprüche eines FC Bayern hat. Die Realität sieht nach zwei Spieltagen allerdings so aus, dass Feucht Tabellenführer ist, Dergah dagegen mit null Punkten und 1:4 Toren auf dem vorletzten Rang steht. Für die Verantwortlichen ist das freilich nur eine Momentaufnahme. „Ich wusste von vorn herein, dass es zumindest in den ersten Wochen ein schwerer Weg sein wird“, sagt Gerlitz, der auch auf die sehr kurze Vorbereitung zu sprechen kommt, aber klar stellt: „Wir machen Fortschritte, es war heute schon besser als im ersten Spiel.“
Bei Dergah rechnet man fest damit, bald in andere Tabellensphären vorzustoßen. „Wir wollen vorne mitspielen“, sagt der sportliche Leiter Thomas Ziemer voller Selbstvertrauen. „Wenn man vorne dabei bleibt und die letzten vier Saisonspiele gewinnt, ist man normalerweise aufgestiegen.“ Bis dahin müsste allerdings noch einiges passieren, und Dieter Rebel hat eine für ihn nicht ganz unübliche Idee, wie man die Mannschaft nach vorne bringen kann: „Es ist noch ein guter Stürmer auf den Markt.“ Engin Kalender soll auf dem Wunschzettel stehen. Während der letzten Saison zog es ihn von Dergah zu einem türkischen Zweitligisten, doch dort ist der Vertrag bereits wieder aufgelöst und eine Rückkehr nach Nürnberg denkbar. Es könnte also sein, dass bald ein anderer alter Bekannter von Dieter Rebel auch mal für positive Schlagzeilen bei Dergahspor sorgt.