2024-03-28T15:56:44.387Z

Interview
Volker Wedel war fast 12 Jahre lang Chef der schwäbischen Amateurfußballer. Gesundheitliche Probleme zwingen den 72-Jährigen jetzt zum Rücktritt.	  F.: Bernhard Weizenegger
Volker Wedel war fast 12 Jahre lang Chef der schwäbischen Amateurfußballer. Gesundheitliche Probleme zwingen den 72-Jährigen jetzt zum Rücktritt. F.: Bernhard Weizenegger

„Der Stress ist einfach zu groß“

Überraschend gab der schwäbische Bezirkschef Volker Wedel seinen Rücktritt zum 8. Mai bekannt +++ Jetzt spricht der Fußballfunktionär über die ernsten Hintergründe und die Herausforderungen für den Amateurfußball

Volker Wedel wurde am 30. August 1944 in Oldenburg/Holstein geboren. 1965 kam der Elektrikermeister nach Gundremmingen und arbeitete bis zu seinem Ruhestand im Atomkraftwerk. Als Fußballer war er beim FC Lauingen und der SpVgg Gundremmingen aktiv. 1972 wurde er zunächst Schiedsrichter. Seit 1982 ist er auf verschiedensten Funktionärsposten tätig, bis zum 8. Mai als BFV-Bezirksvorsitzender.

Herr Wedel, Sie haben völlig überraschend angekündigt, zum 8. Mai ihr Amt als Bezirksvorsitzender im Bayerischen Fußball-Verband niederzulegen. Wie kam es zu diesem plötzlichen Schritt?

Wedel: Ich war im vergangenen Jahr im Krankenhaus. Es war eine schwere Erkrankung, ich konnte wochenlang kaum etwas sehen. Mittlerweile geht es mir wieder gut. Aber die Krankheit kann jederzeit wiederkommen. Stress ist einer der Auslöser. Deshalb hat mir mein Arzt geraten, kürzerzutreten.

Sie haben mit dem plötzlichen Tod Ihrer Frau vor sechs Jahren einen schweren Schicksalsschlag erlitten. Welche Rolle spielt dieses Ereignis?

Wedel: Das hat mich komplett aus der Bahn geworfen. Zu der Zeit war ich noch BFV-Vizepräsident und hatte die Frauen-WM in Augsburg am Hals. Diese Aufgaben haben mich danach zwar abgelenkt, aber ich hatte sehr zu kämpfen. Ich vermute, dass das der Auslöser für meine Krankheit war.

Und diese Wunden sind bis heute nicht verheilt?

Wedel: Diese Wunden verheilen nie. Dieses Jahr hätten wir unseren 50. Hochzeitstag gehabt und ich vermisse meine Frau wahnsinnig. Das Amt gab mir Motivation, nicht alleine zu Hause zu sitzen und zu sinnieren. Aber mittlerweile ist der Stress einfach zu groß.

Bezirksspielleiter Johann Wagner wird ihr Amt kommissarisch übernehmen und sich auch im kommenden Jahr offiziell zur Wahl stellen. Der ein oder andere, so hört man, hätte sich aber schon früher einen Wechsel an der Spitze gewünscht.

Wedel: Da ist mir nichts zu Ohren gekommen. Wenn jemand ein Problem gehabt hätte, hätte er zu mir kommen können. Ich höre jetzt auf dem Höhepunkt auf. Der Bezirk ist in Ordnung, der Amateurfußball floriert bei uns in Schwaben.

Und wo steht Schwaben im Vergleich zu den anderen Bezirken?

Wedel: Wir stehen so gesund da, dass wir uns keine Sorgen zu machen brauchen. Klar ist es schade, dass wir niemanden mehr im Präsidium haben. Aber dass die Bezirke in einem Wettbewerb untereinander stehen, gehört dazu.

Was bleibt denn von Volker Wedel im schwäbischen Fußball?

Wedel: Ich habe 1986 als Bezirksspielleiter die Bezirksoberliga eingeführt. Außerdem habe ich die Einführung der Kreise begleitet. Das prägt den Bezirk noch heute.

Und vor welchen Herausforderungen steht ihr Nachfolger jetzt?

Wedel: Die größte wird sicher sein, genügend ehrenamtliche Mitarbeiter auf Bezirks- und Kreisebene zu finden. Es will sich niemand mehr lange binden, gerade junge Leute sind schwer zu bekommen. Wenn die irgendwo ein gutes Jobangebot bekommen, sind sie weg. Der Zusammenhalt ist weniger geworden. Und die Lobreden der Politik auf das Ehrenamt sind auch nichts wert.

Wo hat der Amateurfußball noch Probleme?

Wedel: Finanziell haben alle Schwierigkeiten. Es ist immer schwer, Sponsoren zu finden. Aber es braucht eben auch Engagement. Wir wollten vor der Bezirkstagswahl runde Tische mit den Entscheidern der Vereine in den drei Kreisen abhalten. Leider hat nur einer von den drei Kreisen stattgefunden. Klar dürfen wir die Vereine nicht überladen. Aber in gewissen Dingen erwarte ich Einsatz. Und auch bei den Spielern mangelt es da ja. Viele JFGs lösen sich auf, Vereine werden zusammengelegt, Mannschaften zurückgezogen. Es ist eine schwierige Situation.

Sie sind auch großer Freund des Hallenfußballs, in dem Schwaben einst eine Hochburg war. Können Sie mittlerweile mit den neuen Futsal-Regeln leben?

Wedel: Ich bin Demokrat und ein Demokrat unterwirft sich dem Mehrheitsbeschluss. Ich habe damals gekämpft und verloren. Wir werden sehen, wie es weitergeht. Die Zuschauerzahlen sind bei uns jedenfalls rückläufig.

Sie haben mal in einem Interview gesagt „Jeder Mensch hat seinen Tick. Der eine malt Bilder, der andere züchtet Blumen – ich organisiere gern“. Was organisieren sie im Ruhestand?

Wedel: (lacht) Das kommt darauf an, wie ich in den Ruhestand reinkomme. Ich habe dem Hans Wagner versprochen, ihn zu unterstützen. Und ich bin auch bereit, ein anderes Amt zu übernehmen. Aber nur, wenn der Bezirk mich braucht. Ich werde mich nicht selbst antragen.

Aufrufe: 02.5.2017, 15:40 Uhr
Günzburger Zeitung / Alexander Sing, Till HofmannAutor